Alles was es braucht, um ein künstliches Kniegelenk zu implantieren. Foto: Klinikum Stuttgart

Das Knie schmerzt, der Schmerz in der Hüfte nimmt kontinuierlich zu und selbst in der Nacht bringen einen die Gelenkschmerzen um den Schlaf? Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung in Deutschland. Wie man sie erkennt und wie man gegen die verschiedenen Arten von Arthrose vorgehen kann.

Unter Arthrose versteht man eine degenerative Gelenkerkrankung, bei der zunächst der Knorpel und schließlich der Knochen geschädigt wird. Vor allen Dingen die gewichtsbelasteten Gelenke unterliegen dem Verschleiß. Im Körper können verschiedene Gelenke betroffen sein. Die Arthrose im Knie, auch Gonarthrose genannt, ist hier die häufigste Form neben Arthrose in der Hüfte und den Schultergelenken.

 

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Was sind die Symptome von Arthrose? 

Zunächst bestehen initiale Bewegungsschmerzen oder Anlaufschmerzen, schließlich werden die Schmerzen bei Bewegung und Belastung verspürt, in einem Entzündungs- oder Spätstadium bestehen dann Dauerschmerzen, die auch in der Nacht vorhanden sind. Es kommt zu einer zunehmenden Bewegungs- und insbesondere Gangunsicherheit. Die Gelenke laufen unrund, sie krepitieren und bilden Knochenauftreibungen. Hierdurch entstehen Bewegungseinschränkungen, Fehlstellungen und Muskelminderungen.

Was kann man gegen Arthrose machen?

Patienten mit Arthrose werden im Klinikum Stuttgart von einem interdisziplinären Team behandelt. Dr. Patrik Reize ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Klinikum Stuttgart: „Therapieziele bei der Arthrose sind die Reduktion von Schmerzen, die Verbesserung der Belastbarkeit des Gelenks, der Erhalt der Gelenkbeweglichkeit und das Verzögern des Fortschreitens der Arthrose. Neben allgemeinen Maßnahmen kommen physikalische Therapiemöglichkeiten, Medikamente und Operationen zum Einsatz.“

Dabei sei die aufklärende Beratung der Patienten von besonderer Bedeutung. Die Patienten sollen das Wesen der Arthrose mitsamt der Symptome verstehen, so Dr. Reize. Durch Aufklärung und Information wird der Patient in die Lage versetzt, die Symptome zu verstehen, um sich so an der Behandlung beteiligen zu können. Verschiedene Studien konnten den positiven Effekt einer Gewichtsabnahme zeigen. Übergewicht führt zu einem um etwa 2,5-fach höheren Risiko Arthrose zu erleiden, umgekehrt führt eine Gewichtsreduktion zu einer klinischen Besserung.

Welcher Sport ist gut bei Arthrose?

Übungstherapien und physikalische Anwendungen zeigen eine hohe Evidenz in Bezug auf Schmerz- und Funktionsverbesserung. Insbesondere für Hüft- und Kniepatienten hat deshalb das Klinikum Stuttgart an seinen Standorten Krankenhaus Bad Cannstatt und Katharinenhospital Hüft- und Kniesportgruppen gegründet. Die regelmäßige Teilnahme führt in den meisten Fällen zu einer deutlichen Verbesserung der Schmerzen, von Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit. Die Rheuma-Liga Arbeitsgruppe Stuttgart, deren Vorsitzender Dr. Reize ebenfalls ist, bietet Bewegungstherapien im Wasser wie auch zu Lande an. Die während der physiotherapeutischen Einzelbehandlungen erlernten Übungen sollten konsequent von den betroffenen Patienten und Patientinnen fortgeführt werden.

Arthrose: Medikamente bringen Linderung der Symptome

Wenn die physikalischen Maßnahmen nicht ausreichend wirken, können Schmerzmedikamente, die auch entzündungshemmend wirken, wie die Nicht-Steroidalen Anti-Rheumatika (NSAR und selektive Cox-II-Hemmer) eingesetzt werden. Verschiedene Studien konnten eine gute Wirksamkeit bei gleichzeitiger Reduktion von systemischen Nebenwirkungen durch NSAR-Salben nachweisen. Erst wenn die topische Anwendung nicht die Symptome kontrollieren kann, sollte die orale Gabe von NSAR mittels Tablette erfolgen. Sollten im Einzelfall diese NSAR kontraindiziert sein, können ein Versuch mit Glucosamin bis zu einer Dauer von drei Monaten oder intraartikuläre Spritzen von Hyaluronsäure indiziert sein. Opioide sind nur die letzte Option vor einer anstehenden Operation oder werden bei nicht operationsfähigen Patienten eingesetzt.

Ein wichtiger Pfeiler in der Mitbehandlung der Patienten ist die Orthopädietechnik mit Einlagen, Schuhzurichtungen, Bandagen oder Orthesen.

Gonarthrose, Rizarthrose und Co: Operative Therapien

Sollten sich die Beschwerden durch konservative Maßnahmen nicht ausreichend positiv beeinflussen lassen, kommen unter Umständen operative Therapien in Betracht. Dr. Patrik Reize aus dem Klinikum Stuttgart betont: „Die Entscheidung zur Operation ist eine gemeinsame Entscheidung des Arztes mit dem Patienten unter Berücksichtigung aller Faktoren. Prinzipiell favorisiert werden dabei gelenkerhaltende Operationen wie bei symptomatischen Meniskusrissen oder Gelenkblockaden in Form einer Arthroskopie. Bei Achsfehlstellungen können umstellende Osteotomien diskutiert werden um die Last in einen weniger geschädigten Gelenkanteil umzuleiten.“

Gelenkschmerzen: Wann ist eine Prothese eine Option?

In fortgeschrittenen Fällen sind gelenkersetzende Teil- oder Vollprothesen nahezu an jedem Gelenk möglich. Der Zeitpunkt des Gelenkersatzes sollte weder zu früh noch zu spät sein. Wird zu lange gewartet, können sich die Gelenkkapseln, Bänder und Sehnen teilweise so verkürzt haben, dass auch nach einer Operation eine volle Beweglichkeit nur schlecht erreichbar ist. Durch den Nichtgebrauch verkümmert die Muskulatur und muss dann oft mühevoll wieder aktiviert werden. Die künstliche Gelenkersatzoperation (Endoprothetik) hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Es stehen heutzutage muskelschonende minimalinvasive Zugangswege zur Verfügung. Eine Bandbreite verschiedener Implantate hilft dabei das Gelenk knochenschonend zu ersetzen um für eventuell erforderliche Revisionsfälle besser gewappnet zu sein. Bei Implantation eines künstlichen Gelenks im Alter von 60 Jahren besteht meist nur ein Risiko von fünf bis zehn Prozent, dass im restlichen Leben noch einmal operativ revidiert werden muss. Insbesondere die Hüft- und Knieendoprothetik zeigen hohe Zufriedenheitsraten.

Individuelle Knieprothesen für mehr Lebensqualität

Gerade auf dem Gebiet der Knieendoprothetik ist in den letzten Jahren ein vielversprechendes neues Implantat entwickelt worden, nämlich die patientenindividuelle Knieendoprothese, die aufgrund ihrer Größe, Form und kinematischen Ausrichtung dazu beitragen soll, dass nach der Operation auch die Muskeln und Sehnen wieder schnellst-möglich ihre Funktion aufnehmen können und der Patient eine gute Lebensqualität hat. Das Klinikum Stuttgart verwendet in seinem zertifizierten Endoprothetikzentrum unter Leitung von Dr. Reize diese patientenindividuellen Knieendoprothesen seit drei Jahren mit überdurchschnittlich großen Zufriedenheitswerten bei den Patienten. Dabei werden präoperativ die Kniegelenke mittels spezieller Röntgenaufnahmen und einer CT-Untersuchung untersucht, in Abstimmung mit dem Chirurgen wird ein Implantat geplant und dann zusammen mit speziellen patientenindividuellen Instrumenten aus dem 3D-Drucker in den Operationssaal geliefert.

Hilfe bei Arthrose im Sprunggelenk

Obwohl die Sprunggelenksendoprothetik gegenüber der Hüft- und Knieendoprothetik zahlen-mäßig unterrepräsentiert ist, werden diese Endoprothesen im Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie des Klinikum Stuttgart zunehmend implantiert. Neue Implantate mit neuen Gleitpaarungen, die Möglichkeit auch allergiearm zu versorgen und auch aufwendige Revisionsoperationen durchführen zu können, lassen viele Patienten die Sprunggelenksendoprothese einer Versteifung (Arthrodese) vorziehen. Hierdurch sind eine schnellere Rehabilitation und ein harmonischeres Gangbild möglich, die Häufigkeit von Anschlussarthrosen in den angrenzenden Gelenken sinkt und die Lebensqualität steigt.

Bei allen Kunstgelenken schafft der Operateur mit der Endoprothese die Möglichkeit, das Gelenk wieder besser zu trainieren. Der Patient ist dann aufgefordert diese Situation zu nutzen. Physikalische Therapiemaßnahmen, Krankengymnastik und rehabilitative Maßnahmen sind wichtig, um die zuvor eingerosteten arthrotischen Gelenke wieder mobil zu machen.

Besondere Hilfe für Schmerz- und Rheumapatienten

Ein Schwerpunkt des Klinikums Stuttgart ist dabei insbesondere die Versorgung von Rheumapatienten und -patientinnen, bei denen nach einem operativen Eingriff die Schmerzen nicht adäquat zurückgebildet haben. Daneben hat sich das Endoprothetikzentrum auch auf Patienten spezialisiert, bei denen im Einzelfall die Endoprothese dann doch mal schmerzt und auf Patienten, bei denen sich die Schmerzen nach einem operativen Eingriff nicht adäquat zurückgebildet haben.

Es besteht diesbezüglich die Möglichkeit mit den neuesten Untersuchungsverfahren gezielt Ursachenforschung zu betreiben. In speziellen Endoprothetik-Sprechstunden besteht das Angebot für Zweitmeinungen.


Info: Weitere Informationen zur frühen Behandlung von Arthrose sowie Ansprechpartner und Sprechstundentermine finden Betroffene auf der Webseite des Klinikums Stuttgart.