Herr G. wäre fast an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. Foto: 7aktuell.de//Alexander Hald

Drei junge Männer klettern in ein Abbruchhaus. Weil es kalt ist, kommen sie auf eine leichtsinnige Idee. Nur einer überlebt: Herr G. Er ist bis heute traumatisiert. Die Aktion Weihnachten erfüllt ihm einen Wunsch.

Die besten Jahre, sagt Viktor G. (Name geändert), waren die bei seiner Oma in der alten Heimat, einer ehemaligen Sowjetrepublik. Sie hatte ihn aufgenommen, als er Waise wurde. Da war er vier Jahre alt. Seinen Vater sieht er noch vor sich, wie er hinterm Steuer eines Traktors sitzt. An seine Mutter erinnert er sich nicht. Der Großmutter half er im Garten, wo sie Kartoffeln, Tomaten, Gurken anbaute. „Ich war ihr Lieblingsenkel“, sagt Viktor G. Sie brachte ihm Deutsch bei und prägte sein Bedürfnis nach Sauberkeit und Ordnung. Doch sie war krank. Bevor sie starb, nahm sie einer ihrer Töchter das Versprechen ab, sich um Viktor zu kümmern. Da war er zehn.

Seine Tante nahm ihn mit nach Deutschland, wo sie mit ihrer Großfamilie ein neues Leben anfangen wollte. Für Viktor hatte sie keine Liebe übrig. „Sie hat mich immer anders als ihre Kinder behandelt“, sagt er. Sie hatten oft Konflikte. Als er 16 Jahre alt war, verließ er die Schule ohne Abschluss. Er wohnte noch bei der Tante, aber verdiente sein eigenes Geld. Er habe auf Montage gearbeitet und Maschinen auseinandergeschraubt. Da war das Leben noch in Ordnung, findet er rückblickend.

Traum und Realität vermischen sich in der Erinnerung

Doch dann änderte eine Winternacht vor rund elf Jahren alles. Mit einem Freund und einem entfernten Cousin wollte er sich einen schönen Abend machen. Sie stiegen – nicht zum ersten Mal – in ein Abbruchhaus ein, tranken Alkopops, rauchten. Es war kalt. Viktor G. weiß nicht mehr, wer auf die fatale Idee kam, Kohlen anzuzünden. „Wir haben nicht gewusst, dass das gefährlich ist.“

Sie verloren das Bewusstsein. Ab dann vermischen sich Traum und Realität. Als er zu sich kam, ohne wirklich zu sich zu kommen, fühlte er sich schwach. Da waren Kälte und Rauch. Er musste raus. Die Beine wollten nicht gehen. Er sei eine Treppe heruntergerollt über Glasscherben. Wie er es nach Hause geschafft hat, weiß er nicht mehr. Nur, dass er in der Badewanne lag in zu heißem Wasser, das ihn jedoch nicht wärmte. Ein Sohn der Tante kam rein: „Wo sind die anderen?“ Sie waren tot: erstickt und erfroren. Der Rettungsdienst konnte nichts mehr für sie tun. Es ist ein Wunder, dass Viktor G. überlebt hat – trotz Kohlenmonoxidvergiftung. „Ich denke manchmal, warum nicht ich auch. Vielleicht wäre es besser gewesen.“

Er riecht einen Gestank, den andere nicht riechen

Zuerst kamen die körperlichen Schmerzen. Er hatte Erfrierungen, musste operiert werden. Dann fingen die „Probleme“ an, wie G. es ausdrückt. Etwa einen Monat nach dem Unglück nahm er an sich starken Fäkaliengestank wahr. Das Seltsame: Niemand anderes roch, was er roch. Das ist bis heute so. Ein Psychologe hat bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt, die zu der falschen Wahrnehmung führt. G. selbst belastet das alles sehr. Er glaubt, dass es ein körperliches Problem ist, dass er meint zu stinken: „Mein Geruchssinn ist gestört.“

Der Anfang 30-Jährige hat sich komplett zurückgezogen. Mit dem in Deutschland lebenden Teil der Familie war es nach dem Unglück zum Bruch gekommen. „Sie geben mir die Schuld“ an dem Tod der anderen. Weil er überlebt hat. Er bekommt zweimal die Woche Besuch von einer Sozialpädagogin. Menschen zu empfangen ist eigentlich eine Belastung für ihn, dennoch hat er zum Gespräch eingewilligt. Fenster und Balkontür stehen die ganze Zeit weit offen. Die Wohnung ist penibel aufgeräumt.

Der Laptop ist kaputtgegangen

Viktor G. ist froh, alleine zu leben, nicht mehr in einer Wohngruppe wie zuvor, wo es ihm zu dreckig gewesen ist. Das Internet ist wichtig für ihn. Es ist seine Verbindung in die Welt. Er chattet viel mit Verwandten in seinem Geburtsland und mit einem Halbbruder in Norddeutschland, der ebenfalls zu ihm hält. Doch sein Laptop ist kaputtgegangen. Weil er sich keinen neuen leisten kann, hat die Sozialarbeiterin sich hilfesuchend an die Aktion Weihnachten gewandt. Wir ermöglichen den Kauf eines neuen Geräts.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Sachspenden können wir aus logistischen Gründen leider nicht annehmen.