Die Kurse finden in der Volkshochschule am Treffpunkt Rotebühlplatz statt – hier sieht man die Zehn- bis 13-Jährigen, die eine Geschichte schreiben. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

In der Volkshochschule am Treffpunkt Rotebühlplatz verbessern geflüchtete Kinder und Jugendliche jeden Samstag ihre Deutschkenntnisse. Die Aktion Weihnachten unterstützt das Projekt der Kinderstiftung finanziell, damit möglichst viele profitieren.

Um kurz vor 10 Uhr am Samstagmorgen ist der zweite Stock des Treffpunkts Rotebühlplatz voller Leben. Jede Menge Jungen und Mädchen laufen die Treppe hoch. Die kleine Anastasia, acht Jahre alt, wirkt etwas schüchtern, als sie in den Lernraum für die Grundschüler kommt. Sie setzt sich neben Wlada und gegenüber von Barbara und Dima. Es ist Wochenende, die Mädchen und Jungen im Raum könnten diese Zeit auch gut auf dem Spielplatz verbringen. Aber sie sind hier – um zu lernen.

„Was habt ihr in der Woche erlebt, das schön war für euch“, fragt die Lehrerin Sandra Kaiser wenig später in die Runde. Schon gehen jede Menge Finger hoch. Viktoria hat „in der Schule mit Jungs gespielt“, Dima war mit seinem Freund Vladislaw, der auch jetzt neben ihm sitzt, „schwimmen unter Wasser“ und Wlada hat „in der Schule mit meinen Freunden bei Pause gespielt“.

Mit einem Sprachangebot an der Schleyerhalle fing es an

Die Lehrerin schreibt die Schlüsselworte an die Tafel: spielen, fangen, schwimmen, tauchen. Über das Erzählen wird der Wortschatz der Kinder erweitert. Die meisten stammen aus der Ukraine, ein Mädchen ist aus Indien. Sie ist noch nicht lange in Stuttgart, spricht fast nur Englisch. Damit alle dennoch etwas mitnehmen, setzt Sandra Kaiser auf spielerische Elemente. Die Kinder sollten ja schließlich Spaß haben, erklärt die Sprachlehrerin, die zudem an einer Privatschule Erdkunde und Gemeinschaftskunde unterrichtet. Sie hat schon Alphabetisierungskurse gegeben und ist so als Lehrerin zur Samstagsschule gestoßen.

Das Projekt der Stuttgarter Kinderstiftung, für das diese mit der Volkshochschule kooperiert, ist aus einem Sprachprogramm hervorgegangen, das die Kinderstiftung im Mai vergangenen Jahres in der Nähe der Notunterkunft Schleyerhalle eingerichtet hatte. „Wir wollten eine schöne Willkommenskultur schaffen“, sagt Stefanie Liebig, die Projektverantwortliche bei der Kinderstiftung.

Der zentrale Standort ist für alle gute erreichbar

Die Samstagsschule ist bewusst am Hauptstandort der Stuttgarter Volkshochschule am Treffpunkt Rotebühlplatz angesiedelt. Das erleichtere den Kindern, dabei zu bleiben, auch wenn sie die Unterkunft wechseln müssen. In der Schleyerhalle sei die Fluktuation groß gewesen, berichtet Liebig. Weiterhin stellten Kinder und Jugendliche aus der Ukraine die Mehrheit, aber die Samstagsschule stehe allen Schülerinnen und Schülern offen, die ihr Deutsch verbessern wollen. „Wer kommen will, kann kommen“, sagt die zuständige Abteilungsleiterin bei der Volkshochschule, Bettina Höfels.

Vor allem über Sozialarbeiter in den Unterkünften und über die Schulen hat die Kinderstiftung auf das Angebot aufmerksam gemacht. Bisher hätten zwischen 80 und 100 Kinder und Jugendliche davon profitiert. Es gibt einen Kurs für Sechs- bis Zehnjährige, zwei Kurse für Zehn- bis 13-Jährige und zwei für 13- bis 16-Jährige. Und dass diese in diesem Schuljahr weitergehen können, daran hat die Aktion Weihnachten einen wichtigen Anteil. Die Benefizaktion ermöglicht, dass die Sprachkurse auch in diesem Schuljahr kostenlos angeboten werden können.

Das motivierte und motivierende Umfeld gefällt der Mutter

Natalia, die Mutter von Anastasia, ist begeistert von dem Angebot: „Meine Kinder bekommen hier gute Kenntnisse“, sagt die Ukrainerin. Ihr Sohn und ihre Tochter hätten in der Samstagsschule Freunde gefunden. Ihr gefällt, dass auch die anderen Kinder sehr motiviert seien. Ihr Sohn lernt heute im Kurs der Zehn- bis 13-Jährigen den Unterschied zwischen Perfekt und Präteritum und schreibt dazu eine Geschichte.

Im Grundschulkurs seiner Schwester Anastasia wird vor der nächsten Pause gespielt: „Montagsmaler“ kommt bei den Kindern richtig gut an. Alle wollen an die Tafel, um die anderen herauszufordern. Ein Mädchen malt eine Wassermelone, die nächste eine Flasche. Schließlich kommt Anastasia dran. Sie malt ihr Wort, dreht sich erwartungsvoll um. Alle erkennen es – aber können sie es auf Deutsch benennen? Margo kommt nicht auf die Vokabel, dafür ihre Nachbarin Viktoria: „Das ist ein Herz“, ruft sie. Anastasia nickt und lächelt.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über Spenden. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Sachspenden können wir aus logistischen Gründen leider nicht annehmen.