Der Lesestift funktioniert erstaunlich gut – Paul ermöglicht er Teilhabe. Foto: Thomas Mörgenthaler

Paul ist wissbegierig und neugierig. Sein Problem: Er kann nicht lesen. Sein Gehirn kann die Buchstaben nicht zusammensetzen. Doch dann hatten seine Lehrkräfte eine Idee.

Paul (Name geändert) mag kognitiv eingeschränkt sein, aber er ist ein interessierter junger Mann. Er verfolgt die Nachrichten und liebt Hörspiele. Er habe sich überhaupt toll entwickelt, findet sein Pflegevater. Er war noch ein Kleinkind, als Paul zu ihnen kam, gerade mal eineinhalb Jahre alt. Eine gewisse Verwundung trage er mit sich, weil ihn seine leiblichen Eltern damals abgegeben haben. Doch in seiner Pflegefamilie fühlt er sich wohl. „Wir sind eine Patchworkfamilie – und alle fühlen sich als Familie“, sagt der Anfang 60-Jährige. Seine Frau und er haben neben Paul noch zwei Kinder adoptiert und ein weiteres Pflegekind aufgenommen. Paul sei ihre Nummer drei, sagt er verschmitzt.

Zu Beginn dieses Schuljahres sei dessen Laune jedoch ziemlich am Boden gewesen. Der 18-Jährige hat die sonderpädagogische Schule gewechselt. Er geht nun in eine sogenannte BVE-Klasse, die ihn auf einen Beruf vorbereiten soll. An der neuen Schule holte ihn ein altes Problem ein. Denn Paul kann nicht lesen und hat daher auch Schwierigkeiten mit dem Schreiben. Das liege an einer hirnorganischen Störung, erklärt der Pflegevater – er könne die einzelnen Buchstaben nicht zusammensetzen.

Für Paul bedeutet der Einsatz des Hilfsmittel die Wende

Schon in der ersten Klasse in der Grundschule sei schnell klar gewesen, dass Pauls Schwierigkeiten weitreichender sind als üblich. Natürlich hätten sie jegliche Fördermaßnahmen ausprobiert, so mühsam das auch gewesen sei. Geholfen habe es nicht. Paul war auch sonst nicht das einfachste Kind. Er wechselte aus der Grundschule auf ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum in der Region. Dort sei man schließlich auf „die geniale Idee“ gekommen, einen Lesestift einzusetzen, weil Paul vorgelesene Texte verstehen kann. Fährt Paul mit dem Stift über eine gedruckte Zeile, liest ihm der Stift vor, was dort steht. Sei es eine Geschichte in einem Buch oder eine Aufgabe in der Erdkundearbeit.

Für Paul sei das die Wende gewesen. Endlich konnte er mitmachen und zeigen, dass er etwas draufhat. Allerdings tut er sich auch mit dem Schreiben schwer. „Er kennt die Wörter zwar, aber weiß nicht, wie sie aussehen“, erklärt der Pflegevater. Die Lehrkräfte hätten ihm deshalb ermöglicht, die Antworten mündlich zu sagen – und sie schrieben diese für ihn auf. „Dadurch konnte er sein Wissen abrufen“, berichtet dessen Pflegevater. Er bedauert, dass Menschen wie Paul oft durchs Raster fallen. Menschen, die eine Einschränkung haben, aber keine schwere Behinderung. „Der Zwischenzustand ist schwierig“, hat er festgestellt.

Der junge Mann hat viele Ideen und möchte sich einbringen

Ihnen als Eltern sei es wichtig, dass Paul teilhaben kann am Leben, dass er die vielen Ideen, die er habe, einbringen könne. Zu seinen Stärken zählten sein Durchhaltevermögen und seine Pünktlichkeit. Der 18-Jährige sei auch bereit, an seine Leistungsgrenze zu gehen. „Der Stift war da genau das Richtige“, sagt der Pflegevater.

Allerdings war der zunächst genutzte Lesestift Eigentum der alten Schule. Paul durfte ihn nicht mitnehmen, als er wechselte. Der 18-Jährige gehe eigentlich „sehr gerne“ in die Schule, absolviert gerade verschiedene Praktika, zum Beispiel in der Landschaftspflege. Aber als Paul das mit dem Stift hörte, sei er sehr frustriert gewesen. Für ihn war das ein eindeutig ein Rückschritt.

Weil der Lesestift, den Paul kennt, auch nicht von der Krankenkasse als Hilfsmittel anerkannt wurde, hat sich ein Lehrer der Helene-Schoettle-Schule hilfesuchend an die Aktion Weihnachten unserer Zeitung gewandt. Er bat um Mittel für einen eigenen Lesestift für Paul, den dieser auch zu Hause nutzen könnte. Die Benefizaktion hat den Kauf des Stifts bereits ermöglicht. Paul nutzt seinen eigenen Stift nun auch in der Freizeit. Die ersten Bücher und Comics habe er schon begeistert gelesen. „Er ist total glücklich“, freut sich der Pflegevater.

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