Das Stützgerüst in der Bahnhofshalle verschwindet wieder. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Bonatzbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs verliert sein Stützgerüst: Die Sanierung schreitet voran, und der Neubau nimmt Formen an. Reisende bleiben allerdings weiter außen vor.

Der Bonatzbau, das historische Empfangsgebäude des Stuttgarter Hauptbahnhofs, braucht sein Stützkorsett nicht mehr. Im Inneren der großen Wandelhalle, von der aus man früher zu den 16 Gleisen gelangte, sind derzeit Bauarbeiter damit beschäftigt, das große, Stabilität verleihende Gerüst – im Fachjargon Raumfachwerk – abzubauen. Und auch an anderer Stelle geht die Sanierung und der Wiederaufbau des Bahnhofsgebäudes voran. Reisende aber müssen noch eine ganze Weile draußen bleiben.

 

Sanierung des Bonatzbaus: historischer Bahnhof im Wandel

Parallel zum Bau des Durchgangsbahnhofs von Stuttgart 21 saniert die Bahn den historischen Bonatzbau – oder besser jene Teile, die nicht abgerissen wurden, um Platz für die neue unterirdische Bahnsteighalle zu schaffen. Dazu blieb von dem Gebäude des Architekten Paul Bonatz, das 1922 in Betrieb ging, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde, bei den aktuellen Umbauarbeiten nur die äußere Hülle stehen. Um der die nötige Stabilität zu verleihen, zogen und ziehen sich Gerüste vom Boden bis unter die Decke.

Die Arbeiten zumindest in der Wandelhalle sind nun so weit fortgeschritten, dass die Gerüste jetzt nach und nach abgebaut werden. Ein Drei-Mann-Team einer Fachfirma klettert dazu, stets gesichert, durch das Fachwerk und entfernt Strebe für Strebe. Etwa ein Drittel der Gerüste ist entfernt. Der Rest der Arbeiten soll bis August erledigt sein – so zumindest die Prognose von Sebastian Heer. Der Bauingenieur leitet für die Bahn den Umbau des Bonatzbaus.

Neubau und Sanierung: neue Ebenen für Stuttgarts Hauptbahnhof

Möglich wird das, weil in den vergangenen Wochen zwei neue Zwischenebenen in der Halle eingezogen wurden. Ganz unten ist ein Geschoss für die Haustechnik, darüber kommen die Bereiche, über die Reisende künftig zu den Verteilerstegen in der Bahnsteighalle kommen, und vom Nordeingang her wächst nun als Letztes noch eine Galerie, durch deren große Öffnungen der Blick auf die Verteilerebene fällt. Der Neubau gibt dem Altbau die notwendige Stabilität, damit der ohne das Raumfachwerk stehen bleibt.

Sebastian Heer leitet den Umbau des historischen Bahnhofsgebäudes. Hier zeigt er, wie das historische Mauerwerk aufgearbeitet wird. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Ebenfalls Halt gibt dem Altbau der hinter der Fassade zum Arnulf-Klett-Platz hin hochgezogene Hotelneubau, der die Ebenen zwei bis fünf in Beschlag nimmt. Auf dem Rundgang zeigt Sebastian Heer auch das künftige Restaurant, durch dessen Fenster der Blick in die Bahnhofshalle fällt. Hinter dem beim Bau beschädigten und mittlerweile wieder aufgebauten Fassadenstück zur Innenstadt hin sind auch die zwei zusätzlichen Etagen im Rohbau fertig. In dem aufgestockten Bereich sollen nun nach und nach die Hotelzimmer eingerichtet werden.

Der Denkmalschutz spricht ein Wort mit

Auf der ganzen Baustelle ist nun der Übergang vom Roh- zum Ausbau zu verfolgen. Der sanierte Alt- und der Neubau bekommen ihr endgültiges Aussehen. Und zumindest im Bereich der historischen Substanz redet auch der Denkmalschutz ein entscheidendes Wort mit. Heer zeigt das exemplarisch an einem Natursteinblock in der kleinen Schalterhalle. Dessen Schadstellen werden mit einem Mörtel ausgebessert, von dem es gleich mehrere Farbtöne gibt, der sowohl den Segen der Landesdenkmalpflege als auch den des Architekten, der den Umbau plant, bekommen muss.

Teile des Gebäudes bleiben auch nach der Eröffnung Baustelle

Von derartigen Feinheiten sind die Arbeiter in der großen Schalterhalle und den beiden Anbauten im Norden und im Süden, die einst das DB-Reisezentrum und das Intercity-Hotel beherbergten, noch weit entfernt. Die Schalterhalle, der kürzeste Weg zwischen der Stadtbahnstation Hauptbahnhof und dem Personentunnel zu den Gleisen, ist noch bis ins kommende Jahr hinein gesperrt. Die Anbauten sowie der Bahnhofsturm werden auch nach der Eröffnung des Bahnhofs noch Baustelle bleiben. Bis Ende 2026 will Sebastian Heer alle Verkaufsflächen fertig haben, das Hotel sowie die Teile des Bonatzbaus, die den Reisenden den Weg zu den Gleisen im neuen Durchgangsbahnhof ermöglichen.