Stuttgarts OB Nopper hat seinen Entwurf für den Doppelhaushalt 2026/2027 vorgestellt. Diese Maßnahmen sollen dabei helfen, den maroden Haushalt zu sanieren.
Die Landeshauptstadt wird als Reaktion auf deutlich zurückgehende Gewerbesteuereinnahmen in den nächsten beiden Jahren bei Investitionen bremsen und Gebühren und Steuern erhöhen. Für nicht begonnene Investitionsmaßnahmen werde ein Planungsstopp verhängt, sagte OB Frank Nopper (CDU) bei der Vorstellung seines Entwurfs für den Doppelhaushalt 2026/2027. Beim städtischen Personal soll eine freiwillige Leistung erheblich gekürzt werden, die Stellen seien aber sicher, so Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer. Zwei große Fraktionen im Rat stehen hinter Nopper, denn sie haben am Entwurf mitgeschrieben.
Man stehe vor einer „kontrollierten, aber für alle stark spürbaren Bremsung“, so der Verwaltungschef am Dienstag vor der Presse. Das Gesamtvolumen der Budgets soll zurückgehen, von 5,87 Milliarden Euro in diesem auf 5,26 im nächsten Jahr und 5,38 Milliarden im Jahr 2027. Die Schrumpfkur verhindert nicht, dass die Stadt erstmals seit 2018 wieder Kredite aufnehmen wird müssen. Aktuell müssen im Doppelhaushalt noch 424 Millionen eingespart werden.
Im Ergebnishaushalt 2026 steht ein Minus von 487 Millionen Euro und 2027 von 303 Millionen Euro. In diesem Jahr liegt der Fehlbetrag wohl bei 890 Millionen Euro. Das laufende Geschäft wirft also kein Geld für Investitionen ab. Für diese müssten bis zu 1,1 Milliarden Euro vom Kapitalmarkt geholt werden, was den Haushalt 2028 dann mit 55,3 Millionen Euro für die Tilgung belasten würde.
Erhalt der Infrastruktur im Fokus
Trotz der Bremsung werde die Kommune pro Jahr rund 600 Millionen Euro investieren. Im Fokus stehe, so Nopper, der Erhalt der Infrastruktur.
Für marode Brücken, Straßen, Rad- und Fußwege sollen 169 Millionen Euro ausgegeben werden, für das Geschwister-Scholl-Gymnasium 45 und für den Schulcampus Feuerbach 65,3 Millionen, für die Leitstelle der Branddirektion 74, für das Haus für Film und Medien 61, für neue Flüchtlingsunterkünfte rund 70 Millionen Euro.
Nahverkehr steht vor Kürzungen
Auch Beteiligungen wie das Klinikum, die Stadtwerke (50 Millionen Kapitaleinlage) und Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) brauchen Unterstützung. Für den Nahverkehr werde es zwar mehr Geld als bisher geben, aber 25 Millionen Euro weniger als geplant, so Nopper.
Sollten es für Bus und Bahn keine höheren Bundes- und Landesmittel geben, müsse man entweder das „Angebot zurückführen“ oder perspektivisch in die „Drittmittelfinanzierung“ einsteigen. Wie diese aussehen könnte, ließ Nopper offen, das Stichwort Nahverkehrsabgabe fiel nicht. Maßnahmen zur Energieeinsparung stehen mit 52 Millionen Euro, die Förderung energetischer Sanierung mit 45,5 und Radwege mit 15,6 Millionen Euro im Haushalt.
Die Bettensteuer kommt
Neue oder höhere Einnahmen sollen über die Bettensteuer (erwartet werden fünf, ab 2027 dann zehn Millionen Euro jährlich), eine höhere Hundesteuer (von 108 auf 144, bei jedem weiteren Hund von 216 auf 288 und bei sogenannten Kampfhunden von 612 auf 816 Euro), höhere Anwohnerparkgebühren (55 statt bisher 30,90 Euro), höhere Vergnügungssteuer, höhere Verwaltungs- und Kita-Gebühren hereinkommen.
Bei den Kita-Gebühren wurde auf Anfrage kein Prozentsatz genannt. Gespräche mit dem Jugendamt liefen, sagte Jürgen Vaas, der Leiter der Stadtkämmerei. Die Gebühren seien „im Vergleich mit der Region sehr günstig“. Eine neue Verpackungssteuer findet sich im Entwurf nicht. Dagegen verkündete Nopper einen deutlichen Einschnitt bei den freiwilligen Leistungen für die mehr als 16.000 Beschäftigten: Die Stuttgart-Zulage von bis zu 150 Euro im Monat so halbiert werden. Das Deutschlandticket will die Stadt dagegen weiter komplett bezuschussen.
Entwurf stammt auch von CDU und Grünen
Nopper, Mayer und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (alle CDU) dürfen annehmen, dass der Entwurf ohne grundlegende Änderungen die drei Lesungen – die dritte am 19. Dezember zur Verabschiedung des Haushalts ist öffentlich – passiert. Denn erstmals haben bereits am Entwurf zwei Fraktionen mitgeschrieben: CDU und Grüne mit jeweils 14 von 60 Stadträten haben sich in mehreren Runden seit Februar zur großen Haushaltskoalition verabredet; die Fraktionschefs Alexander Kotz (CDU) und Björn Peterhoff (Grüne) verfolgten die Pressekonferenz.
Man stimme „in zentralen Forderungen überein“, so Kotz, der dem Vernehmen nach im Hintergrund die Fäden zog. Peterhoff sagte, wohl mit Blick auf einen möglichen Eingriff des Regierungspräsidiums, man wolle „selbst steuern und nicht gesteuert werden“. Außerdem sollten nicht die „Fehler der 90er-Jahre mit der damaligen Vollbremsung wiederholt werden.“ Noppers Votum mitgezählt fehlen zur Mehrheit noch zwei Stimmen. Die könnten zum Beispiel Freie Wähler (fünf Sitze) und FDP (vier) beisteuern. Nopper hofft auf noch breitere Zustimmung: „Ich wünsche mir eine große Allianz der Vernunft für diesen Doppelhaushalt.“
Liegenschaften werden neu geordnet
Mit dem Doppeletat soll auch der Befreiungsschlag bei den städtischen Liegenschaften gelingen. Die Stadt verabschiedet sich von Plänen für ein ganz großes Verwaltungszentrum im Umfeld der alten Bahndirektion. Der Publikumsverkehr („Front-Office-Hub“) soll auf der Fläche des alten Kaufhof und des zugehörigen Parkhauses in der Eberhard- und Steinstraße stattfinden, die im Besitz der Stadt sind, das sanierte Bollwerk (zuvor Bürohaus der Landesbank) wird zunächst für die Verwaltung gemietet, könnte aber perspektivisch erworben werden.
Drei Gebäude (zwei in der Eberhard-, eines in der Schmale Straße) sollen verkauft werden. VHS und Musikschule sollen aus dem Treffpunkt Rotebühlplatz in die ehemaligen Allianz-Räume (Uhland-Carré beim Charlottenplatz) ziehen, die VHS-Räume könnten nach der Sanierung das Haus der Kulturen und des Bürgerschaftlichen Engagements aufnehmen.
Erwerben will die Stadt zudem das Rilling-Areal in Bad Cannstatt. Hier könnten perspektivisch das Konzertform oder Wohnungen gebaut werden. Das Konzertforum sei „nicht entscheidungsreif und wir können es uns auch nicht leisten“, so Nopper, der auch bei der Sanierung und Erweiterung der Villa Berg („einige Nummern zu groß“) bremsen will.