Im Lenkungskreis für Stuttgart 21 beschließt die Bahn eine Änderung der Pläne am Flughafen, um den Pfaffensteigtunnel zur Gäubahn später ohne Unterbrechung des Betriebs anschließen zu können. Bis zum Sommer soll der Bund verbindlich die Finanzierung des langen Tunnels zusichern.
Bei der jüngsten Zusammenkunft der Stuttgart-21-Partner von Bahn, Land, Region und Stadt im sogenannten Lenkungskreis hat es am Montag reichlich Redebedarf gegeben. Erst anderthalb Stunden nach dem anvisierten Termin verkündeten Jens Bergmann, Bahn-Vorstand für Infrastrukturplanung und -projekte, Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), Regionalpräsident Thomas Bopp, Stuttgarts OB Frank Nopper (beide CDU) und Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft, die Ergebnisse ihrer „intensiven Beratungen“.
Verzögerungen beim Flughafenbahnhof
Das Spitzengremium hat der Deutschen Bahn grünes Licht für Planänderungen an den bereits im Bau befindlichen Tunneln am Flughafen gegeben. Diese werden auf einer Länge von 150 Metern einen größeren Querschnitt erhalten als bisher geplant. Zudem werden dort zwei Abzweigungen eingebaut, die den späteren Anschluss des mehr als elf Kilometer langen Pfaffensteigtunnels zwischen der bestehenden Gäubahnstrecke bei Böblingen und dem Flughafen ermöglichen, ohne den dann bereits laufenden Eisenbahnbetrieb im Flughafentunnel und der Station zu behindern. Allerdings wäre wegen des komplizierteren Baus des Flughafenabschnitts der Bahnhof unter der Messepiazza bis voraussichtlich 2027 nur von Stuttgart aus erreichbar. Züge aus Ulm und Tübingen kommend könnten zunächst keinen Stopp am Manfred-Rommel-Airport und an der Landesmesse einlegen. Die Baugenehmigung für die modifizierten Tunnelabschnitte erwartet die Bahn noch im Mai.
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Die Mehrkosten werden aus jenen 270 Millionen Euro bestritten, die die S-21-Projektpartner ohnehin zugunsten des Pfaffensteigtunnels, der vom Bund bezahlt wird, umwidmen wollten. Kommt der lange Tunnel in der Verantwortung des Bundes nicht, erstattet die Bahn die Kosten in den S-21-Topf zurück. Den Mitgliedern des Lenkungskreises war es aber zugleich wichtig, dass das keine endgültige Abkehr von den bisherigen Plänen für die Gäubahn am Flughafen darstellt. Die sehen vor, dass die Gäubahnzüge via der bestehenden S-Bahnstrecke in die um ein drittes Gleis zu ergänzende S-Bahnstation am Flughafen geführt werden. Diesen sogenannten Abschnitt 1.3 b will man aber erst aufgeben, wenn eine verbindliche Zusage des Bundes vorliegt, den Pfaffensteigtunnel zeitnah zu finanzieren und dann auch bauen zu lassen. Dieses Signal aus Berlin soll bis zu einer Sondersitzung des Lenkungskreises im Juli vorliegen.
Hermann fordert konkrete Zusagen
Winfried Hermann konkretisierte die Bedingung: „Warme Worte irgendeines Staatssekretärs sind für mich keine Zusage.“ Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, hatte im Interview mit unserer Zeitung den Pfaffensteigtunnel als die verkehrlich richtige Lösung bezeichnet. Zudem will Hermann bis zum Sommer geklärt wissen, wie das Störfallkonzept für die S-Bahn aussieht, wenn der Pfaffensteigtunnel gebaut ist, wie die Bahnhöfe in Böblingen und Singen bedient werden und wie es schließlich mit der Panoramastrecke, also dem Stuttgarter Abschnitt der Gäubahn weitergeht.
Trotz der bis in den Sommer hinein verlängerten Unwägbarkeiten sprachen die übrigen Vertreter im Lenkungskreis vor einem wichtigen Signal weit über Stuttgart hinaus. Es war wieder Winfried Hermann, der Wasser in den Wein schüttete. Für die Planung, Genehmigung und den Bau des Tunnels veranschlagte er 15 Jahre. Eine Rechnung, die S-21-Chef Olaf Drescher so nicht stehen lassen wollte. Bis Ende 2025 wolle man die Baugenehmigung vorliegen haben, der eigentliche Bau dauere anschließend sechs bis sieben Jahre.
Ergänzungsstation kein Thema
Hermann unterstrich aber, dass es ein Ärgernis sei, dass die Gäubahn in Stuttgart deutlich länger als geplant unterbrochen werden müsse, was Umstiege und längere Reisezeiten mit sich bringe. „Und das können wir hier auch nicht kleinreden“, hielt er seinen Verhandlungspartnern im Lenkungskreis entgegen. Ein vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) und vom Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vorgelegtes Gutachten, wonach diese Kappung nicht von den genehmigten Plänen abgedeckt sei, spielte nur am Rande eine Rolle. Bahnmanager Bergmann sagte, man habe sich mit der Frage bereits ausführlich beschäftigt und sei gespannt, ob das Gutachten Neues biete. OB Nopper erklärte, die Stadt habe das Papier noch nicht und positioniere sich nach dessen Lektüre. Die Grünen in der Region fordern unterdessen, Teile des Kopfbahnhofs zu erhalten, bis die Gäubahnführung am Flughafen realisiert ist.
Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat wiederum schlussfolgerten, man müsse sich nun näher mit der von Hermann ins Gespräch gebrachten unterirdischen Ergänzungsstation beim Hauptbahnhof befassen. Die war nicht Gegenstand der Beratungen im Lenkungskreis. „Es ergibt keinen Sinn, die hier anzusprechen, wenn ich der Einzige bin, der dafür ist“, bemerkte Hermann.