Das Baufinanzierungsportal „Baufi24“ wählt die Stadtmitte auf Platz eins der attraktivsten Viertel in Stuttgart. Die Ergebnisse sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wenn es nach einem Online-Vergleichsportal geht, ist die Stadtmitte das attraktivste Viertel in Stuttgart – während der Süden und der Westen nur im Mittelfeld landen. Das Ranking hat allerdings ein paar Haken.

Stuttgart - Städtevergleiche sind ein beliebtes Mittel von Internetportalen, um sich ins Gespräch zu bringen. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist es spannend zu erfahren, ob ihre Heimatstadt aufgrund der starken Wirtschaftoder wegen langer Wartezeiten im Stau auf Spitzenplätzen landet. Doch klappt der Vergleich nach Kategorien auch mit Bezirken innerhalb einer Stadt?

Das Finanzvergleichsportal „Baufi24“ aus Hamburg hat es versucht – und die 23 Stadtbezirke in Stuttgart in sieben Kategorien gegeneinander antreten lassen. Die Frage: Welcher Stadtteil bietet die meisten Vorzüge? Die Autoren der Studie haben sich als Vergleichswerte die Kategorien Arbeit, Familie, Studium, Gastronomie und Nachtleben, Kultur, Sport und Freizeit sowie die Verkehrsanbindung herausgepickt. Das Ergebnis haben die Betreiber des Onlineportals am Dienstag veröffentlicht.

Bad Cannstatt auf dem zweiten Platz

Das Ranking ist durchaus kurios: Ganz oben in der Liste landet die Stadtmitte in Stuttgart mit der vollen Punktzahl von 100. Die Begründung: Hier gibt es viele Jobs, Wohnungen liegen nah am Hauptbahnhof und auch die meisten Restaurants und Theater sind in Reichweite. Auf dem zweiten Platz landet Bad Cannstatt (82,5 Punkte) und den dritten Rang erobert Vaihingen (61,1). Mit deutlich weniger Punkten folgen in der Liste beliebte Stadtteile wie der Süden (46,2) und der Westen (28,4).

Am schlechtesten schneidet der Stadtbezirk Hedelfingen ab, der als Schlusslicht mit null Punkten in der Tabelle landet. Doch spätestens hier zeigen sich die Schwächen der Studie: Hedelfingen bekommt beispielsweise keinen einzigen Punkt bei der Verkehrsanbindung. Dabei hat der Stadtbezirk eine Stadtbahnhaltestelle und der Hauptbahnhof ist in 25 Minuten mit der U9 direkt erreichbar.

Die schlechte Bewertung bei der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr begründet eine „Baufi24“-Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion damit, dass „der Bezirk im Vergleich mit allen anderen Stadtbezirken am schlechtesten an Hauptbahnhof und Flughafen angebunden ist“. In keinem anderen Bezirk brauche man im Schnitt so viel Zeit, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Hauptbahnhof und den Flughafen zu erreichen. „Null Punkte bedeuten nicht, dass Hedelfingen nicht angebunden ist, sondern nur, dass er im Vergleich am schlechtesten angebunden ist“, sagt die Sprecherin.

Studie scheitert an starren Bezirksgrenzen

Die Studie krankt aber vor allem an den starren Bezirksgrenzen. Denn was beim Städtevergleich gut funktioniert, klappt beim Kräftemessen der Stadtbezirke eher nicht: Während es einen Unterschied macht, wie viele Universitäten, Parks und Kinos die Stadt München in Vergleich zu Stuttgart zu bieten hat, sind kulturelle Angebote selten gleichmäßig auf Stadtbezirke aufgeteilt, sondern ballen sich in gewissen Gebieten. Das bedeutet aber auch, dass Bürger aus benachbarten Vierteln ebenso von diesem Angebot profitieren.

Wer etwa in Innenstadtbezirken wie Nord, West, Süd und Ost wohnt, der erreicht die Stadtmitte auch zu Fuß in wenigen Minuten – und damit auch Hauptbahnhof, zahlreiche Kinos und Theater. Daher ist es zumindest fraglich, warum der Osten und Süden mit unmittelbarer Nähe zur Innenstadt mit 22 und 17 Punkten bei den kulturellen Angeboten bewertet werden.

Subjektive Bewertungen fehlen

Auch Wangen wird zu unrecht hart bestraft mit null Punkten bei Sport und Freizeit. Denn der Stadtbezirk grenzt direkt an mehrere Fußballfelder und Tennisplätze an, die aber auf dem Papier dem Stuttgarter Osten zugeteilt sind. Die „Baufi24“-Sprecherin sagt dazu: „Es handelt sich um eine rein quantitative Auswertung, die zeigen soll, wie vielfältig die Bezirke in sich geschlossen sind.“

Was der Studie zudem fehlt sind subjektive Bewertungen zum Charme eines Viertels sowie Aspekte wie Lärm, Nähe zu Hauptstraßen und Luftqualität. Umweltfragen hätten keine Rolle gespielt, weil sie auf Stadtteilebene nicht ermittelbar gewesen seien, teilt die Sprecherin mit. Mietpreise hingegen seien in die Kategorie Studium eingeflossen. Je günstiger der durchschnittliche Mietpreis in einem Bezirk war, desto attraktiver wurde der Bezirk für Studierende gewertet.