Nicht der weiße Ritter, den das Internet meint. Foto: Rick Partington / shutterstock.com

Was bedeutet das, wenn man im Internet als White Knight bezeichnet wird? Wir klären über die Bedeutung und Herkunft des Begriffes auf.

Das Internet ist bekannt dafür, nicht nur Wortneuschöpfungen zu kreieren (siehe Doomscrolling), sondern auch bestehenden Begriffen eine neue Bedeutung zuzuweisen (siehe Simp). Letzteres ist beim Ausdruck "White Knight" (Weißer Ritter) der Fall. Ursprünglich bezeichnete man jemanden als "White Knight", der in ritterlicher Manier einer anderen Person zur Hilfe kam. Also ganz im Stile des mittelalterlichen Edelmannes, der den Armen und Schwachen zur Seite stand. Ganz so weit reicht diese Verwendungsweise jedoch nicht zurück. Das englischsprachige Wörterbuch Merriam-Webster datiert sie auf das Jahr 1628. Heutzutage ist der Begriff eher negativ behaftet. Doch bevor wir uns mit dem Internet White Knight befassen, sollten wir noch einen kleinen Abstecher in die Finanzwelt machen.

White Knight in der Wirtschaft

Bevor der Begriff White Knight in der Online-Welt eine breite Anwendung fand, wurde er hauptsächlich in der Finanzwelt verwendet. Als weißen Ritter bezeichnet man dort ein Unternehmen, das ein in Schieflage geratenes Unternehmen vor einer feindlichen Übernahme bewahrt, indem es selbst ein Angebot zum Kauf macht. Dabei spricht man von einer freundlichen Übernahme, die im Sinne des aufgekauften wie auch des kaufenden Unternehmens ist.

Heutige Verwendung: Internet White Knight

Die einst positive Bedeutung des White Knights hat sich durch das Internet ins Negative verkehrt. Als "Internet White Knight" gelten Männer, die glauben, Frauen im Netz vor jeglicher Art von Anfeindungen oder sonstigen Übergriffen bewahren bzw. sich mit diesen gegen das eigene Geschlecht solidarisieren zu müssen. Dabei spielt es für die weißen Ritter keine Rolle, ob die Frauen überhaupt fremde Hilfe benötigen oder darum gebeten haben. Aus diesem Grund schwingt bei der Bezeichnung White Knight der Vorwurf mit, sich den Frauen nur anbiedern zu wollen, weil alle bisherigen Annäherungsversuche gescheitert sind. So gesehen basiert das White Knighting nicht auf Ritterlichkeit und selbstloser Fürsorge, sondern schlicht auf schamlosem Kalkül und Eigeninteresse.

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Kritische Betrachtungsweise

Wie so oft bei humoristischen Überspitzungen steckt auch im White-Knight-Meme ein Kern berechtigter Kritik. Männer, die sich ungefragt einer Frau zur Seite stellen, handeln zwar aus eigener Sicht edelmütig. Bei genauerer Betrachtung würdigen sie diese dadurch aber in vielen Fällen erst recht zum schwächeren Geschlecht herab. Schließlich trauen die Männer den Frauen, die sie verteidigen wollen, anscheinend nicht genug Stärke zu, um selbst für sich einzustehen. Insbesondere wenn es um Belanglosigkeiten im Internet geht. Auf der anderen Seite fördert der Ausdruck ein Frauenbild unter Männern, bei dem jegliche Nettigkeit gegenüber dem anderen Geschlecht abschätzig als White Knighting abgetan wird. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, nur Machogehabe und Respektlosigkeit führen zum Erfolg. Eine sehr toxische Ansichtsweise also.

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