Nachdem die Büsche geschnitten sind, zeigen sich beide Wohnhäuser von Le Corbusier in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung in ihrer ganzen architektonischen Schönheit.
Wer dieser Tage einen Frühlingsspaziergang beispielsweise zur Weissenhofsiedlung im Stuttgarter Norden unternimmt, weil der blaue Himmel so hervorragend zur Bauhaus-Architektur und den sie umgebenen Kiefern passt, staunt: Frisch zurückgeschnittenes Grün ermöglicht jetzt einen freien Blick auf das Einfamilienhaus von Le Corbusier und Pierre Jeanneret neben dem Weissenhofmuseum im Haus Le Corbusier – besonders eindrucksvoll sind: hohen Fenster des zweigeschossigen Wohnbereichs, das zurückgesetzte Hanggeschoss darunter, das Gebäude scheint fast zu schweben.
Stuttgarter Le-Corbusier-Häuser sind Weltkulturerbe
Die Gebäude im Bruckmannweg 2 und in der Rathenhaustraße 1-3 stehen ja nicht nur unter Denkmalschutz wie die gesamte Siedlung, seit Juli 2016 gehören das Doppelhaus und das Einfamilienhaus von Le Corbusier zum Welterbe der Unesco. Unter dem Titel „Das architektonische Werk von Le Corbusier – Ein außergewöhnlicher Beitrag zur Moderne“ zählen diese Häuser ebenso wie sechzehn weitere Bauensembles des Architekten zu einer Welterbestätte. Neben Stuttgart befinden sich die Bauten in Argentinien, Belgien, Frankreich, Indien, Japan und der Schweiz.
Auf der Homepage zum Unesco-Welterbes ist nachzulesen, wie das Wohnhaus im Inneren konstruiert ist: „Die Wohnhalle öffnet sich mit einem großen Südfenster zum Garten hin. Ursprünglich enthielt dieses Fenster über die ganze Breite einen schmalen Wintergarten. Das oberste Geschoss umfasst einen Dachgarten mit einer Attika sowie weitere Zimmer und eine Toilette. Der freie Grundriss zeigt sich in nach oben offenen und zum Badezimmer hin gekurvten Zwischenwänden sowie Einbaumöbeln.“
Während das lang gestreckte Doppelhaus als Weissenhofmuseum auch von innen zu besichtigen ist, ist das Wohnhaus daneben nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, es ist bewohnt und bleibt es auch. Die Stuttgarter Wohn- und Städtebaugesellschaft (SWSG) hat die Siedlung 2019 vom Bund gekauft, der Bund hat weiterhin Belegrecht für die Vermietung der Wohnhäuser. Die SWSG verwaltet und saniert peu à peu die Siedlung – mit finanzieller und wissenschaftlicher Unterstützung der Wüstenrot Stiftung.
Bis 2027, wenn sich die Entstehung der Siedlung zum hundertsten Mal jährt und die Internationale Bauausstellung IBA ’27 in Stuttgart stattfindet und in der Siedlung auch das neue Besucherzentrum errichtet sein wird, werden sicher nicht alle Straßen, Mäuerchen, Gehwege, Häuser im neuen Glanz auferstanden sein.
Doch es geschieht einiges: aktuell werden die Mart Stam Reihenhäuser von außen saniert, dann folgen bald die nächsten Häuser aus dem Jahr 1927 – und auch die nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Satteldachbauten. Denn diese Mietshäuser sind ebenfalls denkmalgeschützt, als Zeichen auch dafür, wie die Siedlung sich verändert. Sie ist ja kein Museum, sondern die wohl berühmteste Wohnsiedlung der Welt.
Weitere Bilder der Häuser von Le Corbusier und der Weissenhofsiedlung Stuttgart finden sich im Bilderordner.