Abseits-Chef Winni Klink (Zweiter von rechts) mit dem früheren Fußballprofi Angelo Vaccaro, TV-Moderator und Sänger Giovanni Zarella und Markus Oehmann von Daimler Digital (von links). Foto: /STZN

Als „alternativer Modezar“ und „Szene-Guru“ feierten Magazine wie „Vogue“ Winni Klenk in den 1990ern. Beim 40. Geburtstag seines Stores Abseits mit Vips wie Giovanni Zarella klagt der ewige Trendscout, dass sich Stuttgart in 40 Jahren „kaum entwickelt“ habe.

Happy Birthday zum Vierzigsten! Im inhabergeführten Einzelhandel sind 40 Jahre ein seltenes Ereignis. Längst haben globale Ketten die Königstraße überrollt. Traditionelle Geschäfte kämpfen ums Überleben, da die City an Attraktivität verliert. Winni Klenk aber ist mit seinem Store Abseits auf 400 Quadratmetern auf dem Kleinen Schlossplatz nun so alt wie das Theaterhaus, einer Institution der „alternativen Kultur“. Auch der Winni ist eine Institution.

 

1985 fing es mit dem Abseits noch in Ludwigsburg an

Beruflich hat der 1963 geborene Trendscout das Schwabenalter erreicht, was am Donnerstagabend mit Stammkunden wie TV-Star Giovanni Zarella und dem früheren Fußballprofi Angelo Vacarro groß gefeiert wird. Die 1985 eröffnete Boutique (sie lag damals noch „abseits“ in Ludwigsburg, deshalb der Name) bittet zur Modenschau und zur Zeitreise. Im Laden hängen alte Zeitungsartikel.

Ein Text aus dem Jahr 1993 beginnt so: „Welchen Beruf hat einer wohl erlernt, der Schräges schneidert und Modetrends früher als andere fühlt? Werner Klenk ist gelernter Metzger, quasi ein Mann fürs Grobe.“

/Lichtgut/Ferdinando Iannone

Auf dem Artikel klebt ein Zettel mit der Aufschrift: „Liebe Marianne Klenk, Gruß Adelheid“. Eine Freundin hatte Winnis Mutter die Zeitungsseite geschickt. Die Fotos zeigen den „Schneider fürs Schräge“ (so die Überschrift) mit Rasta-Locken, die bis auf die Schultern reichen. Der einzige Sohn eines Möglinger Metzgermeisters, der seine Mode-Karriere auf dem Karlsplatz-Flohmarkt begonnen hat, habe lieber Lederjacken als Leberwurst machen wollen, steht in dem Artikel, was für den Vater sehr hart gewesen sei, weil ihm der familiäre Nachfolger fehlte.

40 Jahre in Stuttgart – das ist heute für den Sohn hart. „Die Stadt hat sich in 40 Jahren wenig entwickelt, eher verschlechtert“, klagt Klenk. Seine Einschätzung: „Stuttgart ist ein kleines gallisches Dorf, in dem jeder jeden kennt – während wenig nach außen strahlt.“ Die ewigen Baustellen um Stuttgart 21, eine „schmutzige Innenstadt“ sowie „eine komische Verkehrsführung“ – dies sind nur drei Gründe, warum sich der Abseits-Chef heute schwertut mit dem Kessel.

Noch mindestens zehn Jahre will Winni weitermachen

Im Rathaus müsse man „mehr für die Stadtentwicklung“ tun, Stuttgart brauche „mehr Pop-ups“, mehr „Vorzeige-Projekte“, mehr Anziehungspunkte, meint er. Stuttgart mache zu wenig aus sich. So sehr Winni Klenk bei der Geburtstagsparty schimpft über Versäumnisse im Rathaus, so sehr freut er sich über die Freundschaften, die in 40 Jahren entstanden sind. Er freut sich über die vielen Fans seiner Mode, für die er als Spürhund Trends in London, Paris oder Mailand entdeckt, und die sagen, solange es das Abseits gibt, müssten sie nicht zum Einkaufen nach München oder Düsseldorf.

Täglich schluckt er seine Ginkgo-Tabletten

„Noch mindestens zehn Jahre“ will der Abseits-Chef mit seinem Geschäft weitermachen und in der Stadt „noch was bewegen“. Mithelfen will er, dass Stuttgart schöner oder auch verrückter wird. Um dafür im Kopf fit zu bleiben, schlucke er täglich Ginkgo-Tabletten, sagt Klenk, die seien gut fürs Gedächtnis, aber auch „verdammt teuer“.

Gut, Winnis Mode ist auch kein Schnäppchen. Die Preise sind hoch – dafür stimmt die Qualität, auf Langlebigkeit kommt’s an. Was das Wichtigste bei der Mode ist, erklärt er so: „Sie darf nicht aus der Mode kommen.“ Und wie er sich freut, dass eine ältere Kundin an diesem Abend eine Jacke trägt, die sie vor vielen Jahren bei ihm gekauft hat und die noch immer wie neu aussieht! Sein Rat: Beim Outfit immer „einen Break“ setzen, etwa eine schrille Farbe, die überraschend herausbricht aus dem Erwartbaren.