Freud und Leid liegen bei zwei Einwechselspielern des VfB dicht beieinander: Nick Woltemade rückt nach seinem tollen Sololauf in den Dunstkreis der Nationalelf, während Justin Diehl untröstlich ist.
Als der Trainer Sebastian Hoeneß in der 70. Spielminute beim Stand von 0:0 seine ersten Einwechslungen der Partie gegen die bis dahin zahnlosen Wölfe vornahm, da konnte noch keiner ahnen, welch unterschiedlichen Verlauf der Arbeitstag der hereinkommenden Protagonisten nehmen würde. Da war zum einen Nick Woltemade, der den glücklos agierenden Deniz Undav ersetzte – und da war Justin Diehl, der nach der zweiten längeren Verletzung der Saison zu seinem ersten Einsatz kam, in dem er den ohne die gewohnte Dynamik agierenden Jamie Leweling ablöste.
Bei Abpfiff des guten Schiedsrichters Tobias Welz hatte der VfB 1:2 verloren – und Justin Diehl war nach seinem Kurzzeit-Comeback völlig untröstlich. Die Tränen liefen dem Youngster und Neuzugang vom 1. FC Köln über das Gesicht. Und die Kollegen, allen voran Woltemade, Stürmer Ermedin Demirovic und Verteidiger Ramon Hendriks, sie eilten noch auf dem Platz herbei, um Diehl in den Arm zu nehmen.
Der Grund für die Tränen des offensiven Flügelspielers lag auf der Hand: In der 77. Minute hatte Diehl im Mittelfeld den Ball in einem etwas ungestümen Zweikampf verloren. Mit drastischen Folgen: Denn der schnell ausgespielte Konter landete mit dem ersten Wolfsburger Torschuss durch den Ex-VfBler Tiago Tomás zum 1:1 im Stuttgarter Netz.
Hoeneß nimmt den Spieler in Schutz
„Er will der Mannschaft immer helfen und hatte das Gefühl, das in dieser Situation nicht getan zu haben“, sagte der VfB-Trainer Sebastian Hoeneß, der Diehl seinerseits in der Kabine beruhigte: „Er hat sich einen Kopf gemacht. Das zeigt sehr gut, wie der Junge tickt. Denn er hat nicht die geringste Schuld an dem Gegentor.“ Vielmehr müssten sich die Kollegen Gedanken über ihre Abwehrarbeit machen. „Du kannst in dieser Zone den Ball verlieren“, sagte Hoeneß: „Wir müssen aber auf die Reaktionen auf diesen Ballverlust reden.“
Komplett dahin war mit dem Ausgleich aber der Push, für den der mit Diehl eingewechselte Nick Woltemade gesorgt hatte. „Uns hat diesmal die Abgezocktheit gefehlt. Ganz bitter, dass wir nach zwei solchen Eiertoren verlieren“, sagte der ehemalige Bremer, der als Joker sofort gestochen hatte. Zwei Minuten nach seiner Hereinnahme tanzte Woltemade mit drei gekonnten Haken die halbe Hintermannschaft der Wölfe aus, ehe er den Ball mit einem wuchtig geschlenzten Rechtsschuss in die Maschen setzte.
„Viel bessere Tore habe ich selten geschossen“, sagte Woltemade nach seinem Traumtor, das ihm im Netz bereits den Spitznamen „Woltemessi“ einbrachte. Dabei ist der 1,98-Meter-Mann gefühlt doppelt so groß wie der Argentinier – überzeugt aber ebenfalls mit einer brillanten Technik.
Fast schon unvermeidlich war es daher, dass Woltemade nach Schlusspfiff bereits in den Kreis der A-Nationalmannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann gerückt wurde, wo mit Kai Havertz und Niklas Füllkrug zwei Offensivkräfte länger ausfallen. „Meine aktuelle Rolle in der U 21 macht mir sehr viel Spaß“, sagte der 23-jährige VfB-Profi, der nach 20 Pflichtspieleinsätzen, die Mehrheit davon als Joker von der Bank, bereits zehn Tore erzielt hat: „Was die Zukunft sonst bringt, werden wir sehen.“