Alle Jahre wieder taucht der Vorschlag auf, über Esslingen und den Neckar eine Seilbahn zu spannen – als öffentliches Verkehrsmittel. Jetzt liegt er wieder auf dem Tisch – und der neue Gemeinderat zeigt sich alles andere als abgeneigt gegenüber dieser Idee.
Erwachen die Esslinger Seilbahnpläne zu neuem Leben? Möglich. Denn im November des vergangenen Jahres forderte die FDP im Gemeinderat ein Konzept, das die alle Jahre wieder ins Spiel gebrachte Idee auf eine festere Grundlage stellt, um Sinn oder Unsinn einer solchen Seilbahn besser bewerten zu können. Die Stadtverwaltung verwies im November darauf, dass es ein solches schon gebe – aus dem Jahr 2017. Jetzt, im Jahre 2024, wurde die sieben Jahre alte Studie im Mobilitätsausschuss vorgestellt. Die Diskussion dazu unter den Gemeinderäten war lebhaft.
FDP fordert eine Projektstelle
Konkret ging es der FDP darum, eine Projektstelle einzurichten, die die Machbarkeit einer „interkommunalen Seilbahnverbindung“ prüft. 200 000 Euro veranschlagte die Partei dafür. Interkommunal bedeutet: Nicht nur Esslingen hätte einen Vorteil davon. Was im Folgeschluss heißt: Sollte ein solches Projekt realisiert werden, wären mehrere Kommunen Nutznießer und Geldgeber zugleich. Zudem kann sich die FDP-Fraktionschefin Rena Farquhar vorstellen, dass sich hier zahlreiche Fördertöpfe anzapfen ließen.
In der Begründung des Antrags von 2023 heißt es, Seilbahnen seien klimafreundlich, preiswert, platzsparend, schnell realisierbar und zuverlässig. Sie seien „eine echte Alternative zu U- und S-Bahn-Strecken“ und könnten „ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept urbaner, moderner Nahverkehrsversorgung“ sein. Sie könne Lücken schließen und die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs steigern.
Der Antrag aus dem November wurde abgelehnt, weil es eben diese Studie von 2017 bereits gibt. Bereits Ende 2023 versprach die Verwaltung, die Studie im dritten Quartal 2024 vorzustellen. Das passierte jetzt auch, allerdings löste das keine Begeisterung aus. Rena Farquhar zeigte sich enttäuscht – ihr war das Papier zu dünn. „Weder ist es spannend, was da steht, noch bedurfte es einer größeren Recherche. Die interkommunale Einbindung fehlt komplett.“ Ebenso fehle, dass die Seilbahn eine Alternative zu einer U-Bahn sein könne, weil sie um ein vielfaches preiswerter sei. „Eine vertane Chance“, resümierte Farquhar, die nach wie vor die Idee einer Seilbahn über dem Neckar für sinnvoll hält. Sie versprach: „Wir werden noch einmal mit dem Thema kommen.“ Auch Gemeinderäte anderer Fraktionen und der Ratsgruppe WIR sprachen sich dafür aus, dass Thema nicht zu begraben.
Die Seilbahn aus der Studie von 2017 würde vom Esslinger Bahnhof über das Landratsamt bis zum Scharnhauser Park führen, zudem sieht sie eine Nebenlinie von Oberesslingen über die Bundesstraße bis zum Campus Festo vor. Eine zweite Variante weist eine Linie vom Esslinger Bahnhof über das Landratsamt nach Nellingen aus. 2017 werden die Kosten für die Hauptlinie mit 45 Millionen Euro angegeben, für die Nebenlinie mit 20 Millionen Euro. Der Baubürgermeister Hans-Georg Sigel sieht das Projekt eher skeptisch, zumal sich die Zahlen auf 2017 beziehen, also einer Zeit vor der Inflation und gigantischer Preissprünge im Bausektor.