Die Heimerdinger fordern seit Jahrzehnten eine Verkehrsentlastung, nie war diese realistischer als heute. Das Land bezahlt, aber die klamme Stadt muss sich beteiligen. Was also tun?
Soll die Stadt viel Geld in den Bau einer Straßenkreuzung und einer Brücke im Kontext der Heimerdinger Ortsumfahrung stecken, wenn sie doch gar kein Geld mehr hat? Diese Frage muss abschließend nächste Woche der Ditzinger Gemeinderat beantworten.
„Der komplette Neubau passt nicht in die Landschaft. Wir leisten uns für Millionen eine Umfahrung“ sagte Doris Renninger (Grüne) kürzlich im Ausschuss für Technik und Umwelt, wohl wissend, dass sie damit keine Mehrheit im Gremium finden würde. Zu oft schon haben die Räte über die Heimerdinger Ortsumfahrung diskutiert und vor allem um deren Umsetzung mit dem Land gerungen, als dass die Position der Grünen-Rätin neu gewesen wäre.
Erst kürzlich eine Haushaltssperreverhängt
Nun aber, nachdem sich die finanzielle Situation der Stadt so sehr verschlechtert hat, haben alle Investitionen im Kontext der geplanten Umfahrung einen anderen Stellenwert bekommen. Schließlich hat die Verwaltung erst eine Haushaltssperre verhängt: Ausgaben über die gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen hinaus sind nur noch im Ausnahmefall erlaubt. Außerdem hat sich der Gemeinderat verpflichtet, jährlich 2,2 Millionen Euro an laufenden Kosten einzusparen. Wie das gelingen soll, ist unklar, darum wird im Hintergrund derzeit gerungen. Doch auch wenn der Handlungsspielraum der Stadträte begrenzt ist, wollen sie das Straßenbauprojekt nicht aufs Spiel setzen. Darauf hob Michael Makurath ab. Der parteilose Oberbürgermeister hatte stellvertretend für den verhinderten Bürgermeister Ulrich Bahmer (CDU) die Sitzung geleitet. „Zähneknirschend“, so der als SPD-nah geltende Oberbürgermeister, plädiere die Verwaltung für die Finanzierung unter anderem einer Kreuzung mit der Strohgäubahn, die im Zusammenhang mit der Umfahrung erforderlich ist.
Die Finanzierung der Brücke ist Teil einer Vereinbarung mit dem Land. Grundsätzlich plant die Stadt die Trasse und das Land baut die Umfahrung von Heimerdingen. Seit Jahrzehnten warten die Heimerdinger auf die Entlastung ihrer Ortsmitte, angesichts knapper Finanzen im Land konkurrierte das Bauprojekt immer mit anderen, vergleichbaren Straßenbauprojekten. Manch Heimerdinger war deshalb davon überzeugt, die Straße werde nie gebaut. Inzwischen ist der erste Abschnitt der Realisierung mit dem Bau des Kreisverkehrs am Ortsausgang von Heimerdingen erfolgt – aber auch jetzt gibt es immer noch Skeptiker, die angesichts der – geplanten – Baupause skeptisch sind. „Die ersten Grantler sind schon wieder unterwegs“, schilderte der Heimerdinger Ortsvorsteher Bernhard Arzt (Freie Wähler) die Stimmung im Ort. Für die Heimerdinger Ortschaftsräte ist die Vereinbarung mit dem Land und die damit verbundenen Mehrausgaben unstrittig.
“Gemeinderat entscheidet über 1,25 Millionen Euro Umfahrungskosten"
Über die Vereinbarung entscheidet der Gemeinderat nächste Woche. Alles in allem geht es um Mehrkosten von laut der Verwaltung maximal rund 1,25 Millionen Euro, mindestens aber eine Dreiviertelmillion. Selbst der geringere Betrag ist bisher nicht gegenfinanziert.
Konkret geht es um den Bau einer Brücke, um den landwirtschaftlichen Verkehr über die neue Landesstraße zu führen. Die Stadt muss dafür Stand heute rund zwei Millionen an das Land bezahlen. Damit an anderer Stelle der landwirtschaftliche Verkehr auch die Strohgäubahn queren kann, wird ein niveaugleicher Bahnübergang gebaut. Die Kosten hierfür: rund eine Viertelmillion Euro. Zuletzt muss auch der Anschluss des Höfinger Wegs gebaut werden. Die Kosten wurden im Jahr 2017 mit 800 000 Euro angegeben.
Im Haushalt bereits eingeplant und finanziert sind jene vier Millionen Euro der Ditzinger ans Land, damit dieses die Straße zügig baut. In dieser Situation zeigte am Dienstag Michael Makurath auf, was es bedeuten würde, würde der Gemeinderat der Vereinbarung mit dem Land nicht zustimmen: Mit einem so genannten planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan beginne das erforderliche Verfahren von vorne.
Konrad Epple, der für die CDU sowohl im Gemeinderat als auch im Landtag Politik macht, forderte daher, jetzt „in den sauren Apfel zu beißen“. Man habe zum richtigen Zeitpunkt mit dem Bauprojekt angefangen. Wenn man jetzt noch warte, sei unklar, ob das Land an den Bauplänen festhalte. Zum jetzigen Zeitpunkt laufe das Projekt wie geplant. „Die Umfahrung ist auf dem richtigen Weg.“
Umfahrung für einen Ort
Besonderheit
Die Heimerdinger Trasse ist mit 2,45 Kilometer Länge in Bezug auf die bestehenden Umfahrungen von Hirschlanden und Schöckingen vergleichsweise lang. Sie quert unter anderem die Strohgäubahn, tangiert Wald und Landschaftschutzgebiet.
Vergleichbarkeit
Heimerdingen ist der dritte und damit letzte Teilort der Großen Kreisstadt, der mit einer Umfahrung vom Durchgangsverkehr entlastet werden soll. Auf diese Weise soll die Lebensqualität im Ort gesteigert werden.