Bargeldlos bezahlen liegt im Trend. Doch auf dem Stuttgarter Wochenmarkt akzeptieren die meisten Händler weiter nur Scheine und Münzen. Warum die Kartenzahlung nur langsam ankommt.
Am Honigstand auf dem Stuttgarter Wochenmarkt zückt ein Kunde seine Geldkarte zum Zahlen – doch er wird gleich enttäuscht. „Heute nur Bargeld. Ganz Old-School“, sagt Standinhaber Jochen Lazko. Der Imker aus Bad Boll hat zwar ein Kartenlesegerät auf seinem Verkaufstresen stehen – doch „der Akku ist leer.“ So richtig warm wird der 64-Jährige nicht mit der Technik.
Der Honigverkäufer ist ein Verfechter von Scheinen und Münzen: „Wir müssen das Bargeld hochhalten. Das ist ein Stück Freiheit.“ Das digitale Zahlen mache unser Leben gläsern. Trotzdem: Der Imker gehört zu den wenigen Ständen auf dem Marktplatz und dem Schillerplatz, die ihren Kunden die Kartenzahlung überhaupt anbieten.
Auf dem Wochenmarkt klingeln die Münzen
Dabei möchten immer mehr Deutsche bargeldlos bezahlen. Wie die Bundesbank im Sommer vergangenen Jahres in einer umfragebasierten Studie zum Zahlungsverhalten berichtete, wurden 2023 hierzulande zwar immer noch 51 Prozent der Zahlvorgänge mit Scheinen und Münzen abgewickelt. Das waren aber 7 Prozentpunkte weniger als bei der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2021.
Im Kommen sind Zahlungen mit der Debit-Karte, deren Anteil um 5 Punkte auf 27 Prozent wuchs, sowie mobile Bezahlverfahren über Smartphones, die um 4 Punkte auf 6 Prozent aller Vorgänge angestiegen sind. Gemessen am Umsatz hat die Debitkarte mit 32 Prozent das Bargeld (26 Prozent) erstmals überflügelt. Die Karten werden tendenziell also bei größeren Beträgen angewendet.
Hier auf dem Stuttgarter Wochenmarkt ist der bargeldlose Einkauf aber nach wie vor nicht überall möglich. Während in Supermärkten und Bäckereien immer weniger Menschen ihr Bargeld zücken, klingeln hier nach wie vor die Münzen.
Gemüsehändler: „Hier ist Bares noch Wahres“
Am Stand eines Gemüsehändlers aus dem Remstal, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, findet man zwar eine üppige Auswahl – die gibt es aber nur gegen Bargeld. „Das wird auch von 95 Prozent der Kunden akzeptiert“, sagt der 62-Jährige. „Hier ist Bares noch Wahres“, fügt der Mann mit dem Strohhut hinzu. Er ist kein Einzelfall: Auch an den meisten Nachbarständen ist digitales Zahlen nicht möglich.
Anders dagegen der Stand vom „Dörr Meister“ aus Ulm. Hier steht Mitarbeiter Dominic Lüsse und verkauft getrocknetes Obst und Nüsse. Bereits seit fünf Jahren können Kunden hier mit der Karte bezahlen – auch wenn das die Händler einiges kostet. Der „Dörr Meister“ hat sich damit arrangiert, denn die Frage, ob Kartenzahlung möglich ist, komme häufig, „besonders hier in Stuttgart-Mitte“, weiß der 29-jährige Verkäufer.
Nur eine Handvoll Stände sind digital unterwegs
Während die einen das Kleingeld zählen, winken andere längst mit dem Smartphone. „In Stuttgart ist es fifty-fifty. Jeder zweite Kunde zahlt mit Karte“, schätzt Verkäufer Lüsse. Andernorts seien die Wochenmärkte hingegen noch „bargeldlastiger“ – etwa in Ulm, wo nur jeder Vierte bargeldlos bezahle. Trotzdem: „Wir müssen mit der Zeit gehen“, meint der 29-Jährige. Digitales Zahlen sei auf dem Vormarsch, besonders bei der nachrückenden, jungen Kundschaft.
Doch Kartenlesegeräte sieht man auf dem Wochenmarkt nur bei einer Handvoll Ständen. Die meisten davon ziert das Logo von Sumup. Das Unternehmen ist zwar nicht der einzige Anbieter solcher Zahlungslösungen, wohl aber einer der prominentesten. Knapp 1,4 Prozent vom Umsatz bezahlen die Händler an Gebühren, hinzu kommen noch einmalig die Kosten für das Kartenlesegerät, das preiswerteste kostet knapp 30 Euro. Günstigere Konditionen gibt es für Unternehmen, die etwas größer sind.
Händler einig: Bargeld wird hier nicht aussterben
Bei einer Sache sind sich die meisten Händlerinnen und Händler einig: Bargeld wird hier nicht aussterben. Auch wer sich in der Kundschaft umhört, merkt schnell: Die Liebe zu Scheinen und Münzen ist bei vielen ungebrochen. „Bargeld ist doch eine tolle Sache“, sagt beispielsweise Jutta Hermann, die gerade am Honigstand einkauft. Die 61-Jährige appelliert: „Wir müssen an die älteren Leute denken“.
Bargeld sei für Menschen wichtig, die mit Karten, Apps oder Smartphones überfordert seien. Sie selbst verzichte bewusst auf jegliche Form von bargeldloser Zahlung. Auch anderen geht es so: Wer zu Schein und Münze greift, schätzt daran, dass er beim Blick in den Geldbeutel genau weiß, wie viel er noch ausgeben kann. Auch das anonyme Bezahlen ohne elektronische Spuren ist ein Argument der Bargeldbefürworter.