Freibergs Roland Seitz gehört zu den sehr erfahrenen Trainern der Branche. Foto: Baumann

Im Pokal hat der SGV Freiberg die Stuttgarter Kickers besiegt. Nun kommt es in der Liga zu einer Neuauflage. SGV-Trainer Roland Seitz spricht über die Ausgangslage, die neue Spielweise der Blauen und liefert einen Reformvorschlag für die vierte Liga.

Beide Mannschaften haben zuletzt verloren, für beide Mannschaften geht es um viel. Vor dem Fußball- Regionalligaduell SGV Freiberg gegen Stuttgarter Kickers (Samstag, 14 Uhr/Wasenstadion) ordnet SGV-Trainer Roland Seitz die Lage ein.

 

Herr Seitz, im Vorjahr landete Ihr Team auf Platz vier, die Kickers wurden Vizemeister. Jetzt lautet das Duell 14. gegen Sechster. Warum?

Warum die Kickers Sechster sind, kann ich nicht beurteilen. Mein Team wird an diesem vierten Platz gemessen, wir werden von der Konkurrenz als Spitzenteam gesehen. Was nicht unbedingt ein Vorteil für uns ist. Denn wir haben ein komplett neues Team.

Ist das nicht etwas überspitzt formuliert?

Unsere beiden Außenverteidiger Tim Littmann und Neal Gibs konnten wir nicht halten, unseren dynamischen, zweikampfstarken Sechser Ruben Reisig zog es zu 1899 Hoffenheim II, Joel und Filimon Gerezgiher gingen , dazu Mike Feigenspan und auch die Neuzugänge Maximilian Zaiser und Marius Uhl haben sich schnell wieder verabschiedet. Dass Gibs vom 1. FC Kaiserslautern, Filimon Gerezgiher von der SV Elversberg und Emir Kuhinja bereits im Januar vom 1. FC Magdeburg verpflichtet wurden, also von drei Zweitligisten, zeigt ihre Klasse. Da kann man schon von einer Mannschaft im Umbruch sprechen.

Zum WFV-Pokal-Achtelfinalsieg bei den Kickers hat’s gereicht. Was hat der Erfolg bewirkt?

Schwer zu sagen. Wir hatten davor drei Spiele verloren. Dass wir dieses Highlight-Spiel, dieses K.-o.-Spiel auf der Waldau dann gewinnen, hat die komplette Stimmung ins Positive gewendet. Wir haben danach in Bahlingen gewonnen, gegen Fulda daheim unentschieden gespielt und zuletzt bei Eintracht Trier mit 0:2 verloren. Insgesamt haben wir zu viele Punkte liegen lassen, enge Spiele liefen mehrere Male in die falsche Richtung.

Im Pokalduell allerdings nicht.

Das ist für uns ein gutes Omen. Vergangene Saison haben wir beide Spiele gegen die Blauen verloren. Jetzt können wir am Samstag das zweite Pflichtspiel hintereinander gewinnen.

Was steht auf dem Spiel?

Für beide Teams sehr viel – auch wenn danach noch 24 Spieltage anstehen. Wenn wir verlieren, stecken wir unten drin. Verlieren die Kickers, ist für sie der Anschluss an die Spitze erst einmal abgerissen.

„Tabelle bestimmt das Geschäft“

Auf was wird es ankommen?

Wir müssen die spielerische Klasse der Kickers zerstören und vorne die nötige Effizienz zeigen. Beides ist uns im Pokalspiel gelungen.

Bei den Kickers ist es auffallend, dass sie sich für ihren hohen Aufwand viel zu selten belohnen. Woran liegt das?

Das ist für mich nicht leicht zu beantworten. Grundsätzlich ist nicht entscheidend, ob du viel Ballbesitz hast und schönen Fußball spielst. Die Ergebnisse und die Tabelle bestimmen vielmehr das Geschäft. Unter Mustafa Ünal haben die Kickers nicht immer schönen Fußball gezeigt, aber die Mannschaft hatte eine gute Organisation, brutale Power und mit ihrem Umschaltspiel eine effiziente Spielweise. Das hat das Team sehr lange Zeit ausgezeichnet. Was das Spielerische betrifft, finde ich, darf man in dieser Liga nicht immer alles so kritisch sehen.

Wie meinen Sie das?

In den fünf vierten Ligen herrscht ein riesiges Gefälle, regelrecht eine Zweiklassengesellschaft. Die meisten Clubs, vor allem in den Regionalligen Bayern und Nord, haben mit Profifußball nichts zu tun. Und nicht einmal jeder Meister genießt das Aufstiegsrecht.

Was schlagen Sie vor?

Eine zweigleisige vierte Liga fände ich gut, in der jeweils die beiden Erstplatzierten direkt aufsteigen. In dieser Spielklasse würden dann auch nur Clubs spielen, die die nötigen Rahmenbedingungen für die dritte Liga mitbringen. Den Stuttgarter Kickers wäre es doch egal, ob sie nach Kassel oder Köln reisen.

„Gerstung hat Blut geleckt“

Wie sehr hat es Sie eigentlich überrascht, dass Ihr ehemaliger Sportdirektor Dieter Gerstung nun bei Ligarivale FC 08 Homburg als Sportlicher Leiter wieder aufgetaucht ist?

Ein bisschen überraschend war das schon. Der FC 08 Homburg hat viele Möglichkeiten und sicher gab es viele Bewerber. Respekt, dass Dieter den Job bekommen hat. Er hat bei uns gute Arbeit geleistet und bestimmt auch Blut geleckt, was so eine Tätigkeit betrifft.

Wie geht das Spiel gegen die Kickers aus?

Ich gehe fest davon aus, dass wir im fünften Anlauf unseren ersten Heimsieg einfahren. Wir gewinnen 1:0.

Zur Person

Karriere
Roland Seitz kam am 1. Oktober 1964 in Neumarkt in der Oberpfalz zur Welt. Als Profi spielte er u.a. für die SpVgg Unterhaching, den FC Augsburg, den FC 08 Homburg, den MSV Duisburg und Jahn Regensburg. Als Trainer arbeitete er in Württemberg auch schon für den SSV Reutlingen und den VfR Aalen. Den SGV Freiberg übernahm er im Januar 2023 – es ist seine 15. Station als Trainer.

Persönliches
Seitz ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne. (jüf)