Vor der Führerschein- und Zulassungsstelle bilden sich regelmäßig lange Schlangen. Manchmal kocht der Ärger über. Foto: /Max Kovalenko

Der Ärger über lange Wartezeiten bei der Stuttgarter Kfz-Zulassungs- und Führerscheinstelle ist groß. Nicht immer reicht der Sicherheitsdienst – jetzt ist die Situation so eskaliert, dass die Polizei kommen musste.

Die Worte fliegen hin und her, die Diskussion wird immer hitziger. „In der freien Wirtschaft wären Ihre Mitarbeiter längst rausgeflogen“, ereifert sich einer. Leute opferten Tage, „nur weil Sie Ihren Job nicht machen“, ruft ein anderer. „Ruhe“, brüllt plötzlich einer mit sich fast überschlagender Stimme. Dann sagt jemand: „Kommen Sie mir nicht zu nah.“ Von verschiedenen Seiten wird angekündigt, die Polizei zu rufen. Die Szene klingt bedrohlich.

 

Abgespielt hat sie sich vor rund zwei Wochen vor der Führerscheinstelle der Stadt Stuttgart in der Feuerbacher Krailenshaldenstraße. Die Polizei ist am Ende tatsächlich angerückt – offenbar verständigt von einem schwer unter Druck geratenen Mitarbeiter, der sich nicht mehr anders zu helfen wusste. Geschildert und belegt worden sind die Vorgänge und Gesprächsinhalte unserer Zeitung von Beteiligten, die in der Schlange gewartet haben und offenkundig verbal mit dem städtischen Mitarbeiter aneinandergeraten sind.

Sechs Stunden Warten ohne Erfolg

Ausgangspunkt des Disputs: wie so oft die langen Wartezeiten. „Seit 5 Uhr warteten wir zusammen mit mindestens 40 anderen Personen draußen. Das Büro war nur von 8 bis 12 Uhr geöffnet, und in dieser Zeit kamen nur 16 Personen hinein“, erzählt einer der Beteiligten. Nach sechs Stunden in der Schlange seien die Leute weggeschickt worden.

Die langen Wartezeiten in der Stuttgarter Führerscheinstelle sind seit Längerem ein Problem. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Manchen sei das bereits mehrmals so ergangen. An jenem Tag hätten die Leute genug gehabt und darum gebeten, „den Vorgesetzten zur Rede zu stellen“. Der sei auch tatsächlich gekommen, habe sich aber nicht entschuldigt, sondern sei „aggressiv geworden“. Man bekomme „Lügen erzählt“ und dann „rufen sie sogar die Polizei, um alle rauszuholen“, so der frustrierte Kunde.

Die Polizei bestätigt, dass ein Mitarbeiter der Führerscheinstelle die Polizei gerufen habe, weil er „die Situation als bedrohlich empfunden hat“. Als man eingetroffen sei, hätten noch etwa zehn Leute dort diskutiert. Die hätten sich aber beruhigen lassen und seien nach und nach gegangen. Weder habe man die Örtlichkeit räumen müssen, noch habe es Anzeigen gegen Beteiligte gegeben.

Der Einsatz, heißt es bei der Polizei, sei in den vergangenen Wochen der einzige dort gewesen und dementsprechend eine Ausnahme. Allerdings wird seit einigen Jahren immer wieder die Polizei zur Führerschein- oder Kfz-Zulassungsstelle gerufen, weil Wartende aggressiv werden, sich vordrängeln oder sonst wie miteinander in Streit geraten. Es gibt auch Beleidigungen gegen Beschäftigte. Auslöser sind fast immer die langen Wartezeiten, die an den Nerven zehren. Seit Längerem ist deshalb auch ein Sicherheitsdienst im Einsatz, der die Schlangen lenken, aber auch bei sich anbahnenden Konflikten einschreiten soll. Dazu gehört auch, diejenigen Wartenden wegzuschicken, die keine Chance mehr haben, dranzukommen – oft nach Stunden.

Während dabei eigentlich meistens die Zulassungsstelle das größere Problem gewesen ist, bereitet zuletzt auch die Führerscheinstelle Sorgen. „Der erhöhte Kundenandrang im betreffenden Zeitraum resultierte aus einem Problem mit der Software zum Bearbeiten der Verfahren“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Die Softwareprobleme seien inzwischen behoben worden. Daraus habe sich, neben ohnehin bestehenden saisonalen Spitzen, eine zusätzliche Verzögerung bei der Bearbeitung der Vorgänge ergeben.

Stadt spricht von Einzelfällen

„Die sich daraus ergebenden Wartezeiten lösten bei der wartenden Kundschaft Unmut aus“, so die Sprecherin. Der Sicherheitsdienst vor Ort sei in erster Linie für die Steuerung der Kundschaft im Haus sowie gegebenenfalls in der Warteschlange zuständig. „Die Entscheidung, die Polizei in Einzelfällen zur Auflösung bestimmter Situationen hinzurufen, trifft in der Regel die Dienststelle“ heißt es im Rathaus. „Glücklicherweise handelt es sich bei solchen Vorkommnissen um situationsbezogene Einzelfälle, die nicht auf der Tagesordnung stehen.“ Die den Beteiligten aber trotzdem lange im Gedächtnis bleiben werden – den Wartenden, aber ganz sicher auch den Mitarbeitern.