Direkt beim Rathaus ist der Reichenbach zugänglich und erlebbar. Foto: Karin Ait Atmane

Eine alte Wegeverbindung, ein modernes Rathaus und ein Bach als Attraktion: In der Reichenbacher Ortsmitte trifft man sich.

Beim Reichenbacher Rathaus kreuzen sich die Wege. Das war schon so, als der Verwaltungsbau noch gar nicht an dieser Stelle stand. Bis in die 60er-Jahre verlief hier ein Fußweg, zwischen dem Bauernhaus von Daniel Fischer und dem Wurzachschen Anwesen.

 

Er führte weiter über eine Holzbrücke über den Reichenbach zur Fürstenstraße. Das ist heute noch genauso, und auch die stattliche Linde von damals steht noch immer: Sie ist der markante Baum auf dem Rathausvorplatz. Die Planer haben den Baum wie auch die Wegverbindungen berücksichtigt, sowohl beim Bau des Rathauses Anfang der 60er-Jahre als auch bei der Neugestaltung des Platzes und des Reichenbachparks. Deshalb trifft man sich hier nach wie vor, zufällig oder verabredet, eher urban auf dem Rathausplatz oder naturnah im kleinen Landschaftspark am Reichenbach.

Ein Plätzle für jede und jeden

Wenn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im westlichen Flügel des Rathauses aus dem Fenster schauen, blicken sie ins Grüne, manchmal aber auch auf ein buntes, bewegtes Bild: Immer dienstags ab zehn treffen sich hier Senioren und andere, um sich mit dem Programm B.U.S. zu bewegen. 30 bis 40 Männer und Frauen tun dann im großen Kreis etwas für ihre Fitness. Bei gutem Wetter stehen sie gern auf der Plattform rund um die noch junge Linde. Bei Regen, Kälte oder zu viel Sonne bietet der überdachte Hof des Rathauses Schutz. Die Bewegungstreffen sind auch sonst eine unkomplizierte Sache – jeder macht so mit, wie er kann.

Bewegungstreff zwischen Bach und Rathaus. Foto: aia

Man kommt oder auch nicht, aber wenn jemand längere Zeit fehlt, fällt das durchaus auf. Heike Baumann, eine der sechs Übungsleiter und -leiterinnen, die sich abwechseln, freut sich über die rege Teilnahme. Sie hält die zentrale Lage des Angebots für einen großen Vorteil: vom Siegenberg kämen ebenso Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie von der Rißhalde auf der anderen Seite der Gemeinde. „Und danach geht man noch einkaufen oder Kaffeetrinken“, verrät eine Teilnehmerin – schließlich könne man beides direkt am Rathausplatz tun.

Alle Generationen sind vertreten

Dass man sich hier gerne aufhalten darf, ist seit der Neugestaltung des Rathausplatzes 2008 nicht zu übersehen. Eine beachtliche Zahl von Sitzgelegenheiten lädt zum Bleiben ein: zum Beispiel die Bänke unter den Platanen, die gern genutzt werden, ob tagsüber oder in den Abendstunden. „Da sind alle Generationen vertreten“, sagt Wolfgang Baumann, Vorstandsmitglied des Sozialnetzwerks „Sonne“. Auf der Einfassung um die alte Linde wurde ebenso eine hölzerne Sitzfläche angebracht wie auf dem Mäuerchen zum Springbrunnen. Letzteres ist an Hochsommertagen häufig komplett belegt: Die Erwachsenen sitzen am Rand, die Kinder tummeln sich im Wasser. Erweitert werden die öffentlichen Sitzplätze durch die Außenbewirtschaftung des Eiscafés und der Bäckerei gegenüber, wodurch sich der Platz noch deutlich vergrößert. Auch der Reichenbacher Kulturbeirat, der im Rahmen von „Kultur unter der Rathauslinde“ Konzerte und andere Veranstaltungen im Freien organisiert, nutzt diese Möglichkeiten. „Da sitzen tatsächlich überall Leute“, bestätigt Sabine Weidenbacher-Richter als Mitglied des Kulturbeirats, „und es ist ein ziemliches Kommen und Gehen von Radfahrern unter den Platanen.“

„An einem Bach bleibt man frisch“

Hinter dem Rathaus, entlang des Reichenbachs, warten ebenfalls einige Attraktionen. Der Kinderspielplatz ist bei Familien beliebt. Sie sei mit ihrem Sohn mehrmals die Woche da, sagt eine junge Mutter, denn „bei gutem Wetter versuchen wir immer, draußen zu spielen“. Die Lage sei optimal: „Da kann ich kurz was einkaufen, Obst und Gemüse, bevor ich nach Hause gehe.“ Ihren anderthalbjährigen Sohn, der ziemlich unternehmungslustig ist, muss sie allerdings wegen des nahen Bachlaufs immer im Auge behalten.

Ein Traum für Kinder

Für Größere ist der Wasserlauf das Highlight: „Das ist traumhaft für die Kinder“, sagt Ursula Hottenroth, die mit direktem Blick auf die grüne Mitte wohnt. Dass es abends mal laut werde und Ärger gebe, sei an dieser Stelle nicht häufig, meint sie, die selbst am Bach aufgewachsen ist.

Mit Vergnügen schaut die Reichenbacherin zu, wie die Kinder an der archimedischen Schraube werken oder zur Mittelinsel waten, wobei dem einen oder anderen auch das Wasser in die Gummistiefel läuft. Die 81-Jährige freut sich aber auch über den sonstigen Betrieb: Die vielen Menschen und Begegnungen auf dem Weg, oder die Schülerinnen und Schüler, die sich an manchen Tagen in der Mittagspause hier aufhalten. „An einem Bach bleibt man frisch“, findet sie.