Ein Mann, der sich mit Spielplätzen auskennt: Bernhard Hanel ist mit seinem Unternehmen in der ganzen Welt unterwegs. Foto: Norbert Demuth/KNA

Früher jobbte der Stuttgarter Bernhard Hanel als DJ und Tanzlehrer. Heute plant und baut seine Firma Kukuk Spielplätze in Krisengebieten weltweit. Was treibt ihn an?

Bernhard Hanel hat etwas Rastloses an sich: „Alles, was mit Bewegung zu tun hat, fasziniert mich“, sagt der 57-jährige Stuttgarter, der früher Handballer in der Jugendoberliga war. Während des Kulturdesign-Studiums arbeitete er nebenbei als Tanzlehrer und legte als DJ Platten auf.

 

Doch dann ließ er seine Energie in Projekte fließen, die Kindern in ärmlichen Verhältnissen Lebensfreude vermitteln sollen. 2004 gründet Hanel die KuKuk GmbH für Spiel- und Außenraumgestaltung. KuKuk entwickelt und errichtet heute Spielplätze und Kletterlandschaften in Kriegs- und Krisengebieten weltweit. „Wo wir Not spüren, packen wir an“ lautet der Slogan. In Slums, Waisenhäusern, Sozialzentren, Schulen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete.

In seinem rund 300 Quadratmeter großen Planungsbüro in Stuttgart-Möhringen arbeiten 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Architekten, Produktdesigner, Künstler, Handwerker und Pädagogen - an Computerarbeitsplätzen. An den Wänden hängen jeweils großformatige Fotografien der Projekte. Insgesamt hat KuKuk etwa 70 Mitarbeiter.

Alles begann für Hanel vor mehr als 30 Jahren, als er nach den Kämpfen im Jugoslawienkrieg nach Sarajevo fuhr. Dort lernte er Menschen kennen, die einen Kindergarten für Mädchen und Jungen aller Ethnien aufgebaut hatten. Solche multi-ethnischen Kitas sah Hanel als Hoffnungssignal in Europa. Es war auch für ihn eine berufliche Initialzündung - Spielplätze zu bauen, oft mit Hilfe von Jugendlichen.

Spielplatz-Container in die Ukraine

2025 war er wieder in Bosnien - in Travnik, für sechs Tage über Ostern. „Ich sitze gerade im Bus auf der Rückreise von Bosnien nach Stuttgart. Das war wieder einmal ein großartiges Projekt“, berichtete er danach. „Die jungen Menschen haben in sechs Tagen einen sehr großen Spielplatz gestaltet und dabei viel erlebt.“ Er fügte hinzu: „fast unglaublich.“

Und wo nicht die Zeit bleibt, Spielplätze zu bauen, liefert seine Firma aufstellbare Spielplatz-Container-Boxen, die 25 000 bis 35 000 Euro kosten. Etwa nach Charkiw in der Ukraine.

Bei seiner Arbeit hat Hanel die Erfahrung gemacht: „Alle Kinder spielen gleich.“ Ob in einem Lepra-Dorf in Nepal, einem Waisenhaus in Moldawien, einem Slum in Äthiopien oder im teuren Zürich: Immer gehe es darum, Risiken einzuschätzen und Vertrauen zu sich selbst aufzubauen.

„Falsches Sicherheitsdenken“

Hanel warnt Eltern vor einem „falschen Sicherheitsdenken“. Es sei wichtig, dass Kinder über das Spielen ihren Bezug zur Welt fänden. „Nie wieder lernt der Mensch so viel wie als Kind“, sagt Hanel.

Er selbst ging auf eine Waldorfschule, war nach eigenen Worten ein „sehr mittelmäßiger Schüler“, spielte als Kind aber viel auf der Straße. „Heute spielen Kinder nicht mehr auf der Straße“, sagt er bedauernd. Fünf bis sieben Stunden sollten Kinder pro Tag „Freispiel haben“, betont Hanel und fügt hinzu: Alle Sozialkompetenzen würden im Spielen erworben.

In asiatischen Kindergärten habe er hingegen erlebt, dass kleine Kinder schon ab zwei Jahren verschult aufwüchsen „und dann mit sechs Jahren einen Burnout hatten“. Wie sich das äußerte? „Sie waren entweder apathisch oder wahnsinnig zappelig.“

In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba sah er hingegen, wie an einer viel befahrenen Kreuzung eine Gruppe Kinder zwischen Mülltonnen selbstvergessen spielte. „Sie waren vollkommen in ihrer Welt.“

Weltkinderforum muss „leider ausfallen“

Noch eine Weisheit des international vernetzten Spielplatzbauers, den seine Kollegen „Berni“ nennen: „Alle Kinder können zusammenspielen, auch die verfeindeter Länder.“ Mit dem von ihm 2023 ins Leben gerufenen Weltkinderforum (World Child Forum) wollte Hanel in Davos ein Gegengewicht zum Weltwirtschaftsforum etablieren, um „Kindern eine politisch gehörte Stimme zu geben“. Doch rund 250 junge Teilnehmer aus mehr als 30 Nationen fünf Tage zusammenzubringen, ist teuer: 400 000 Euro kostete die Finanzierung 2024. Im laufenden Jahr müsse das Weltkinderforum mangels Mitteln „leider ausfallen“, 2026 aber soll es wieder stattfinden.

Die Gründerin und Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins „brand eins“, Gabriele Fischer, ist eine Unterstützerin des Weltkinderforums. Auf der Homepage der Veranstaltung wird sie mit den Worten zitiert, Bernhard Hanel schere sich „nicht um all die wohlmeinenden Gegenargumente und Bedenken“, die es natürlich bei einer solchen „verrückten Idee“ gebe. Nötig seien „mehr verrückte Ideen“, sagt Fischer.

„Es ist keine Alternative, nichts zu tun“

Hanel selbst gibt sich unverdrossen - vor Pfingsten hat es ihn gerade nach Georgien verschlagen. Wie bewertet er selbst seine Arbeit? „Ein furchtbar kleiner Mini-Tropfen auf einem riesigen heißen Stein“, sagt er bescheiden. „Aber es ist keine Alternative, nichts zu tun.“ Für die Kinder lohne es sich. „Denn jede einzelne Biografie hat einen unbedingten Wert.“