Die Tennisverbände von Baden und Württemberg planen einen gemeinsamen Spielbetrieb mit einheitlichen Regeln. Das sind die Hintergründe.
Die Geschichte von Badenern und Württembergern ist selten eine von Eintracht und Einigkeit. Der Sport macht da keine Ausnahme. Kein anderes Bundesland ist sportpolitisch so zersplittert wie das Bindestrich-Bundesland, das sich auch im Jahr 2025 noch immer drei Sportbünde (Württemberg, Baden Nord und Südbaden) leistet. Was sich so auch in einzelnen Sportarten abbildet. Etwa im Fußball.
Jedem kann man es nicht recht machen
Immerhin: Es kommt Bewegung in den Gedanken, dass vieles von dem, wie es in der Nachkriegszeit aufgesetzt wurde, nicht mehr zeitgemäß ist. Die Tischtennisverbände von Baden und Württemberg fusionierten bereits vor fünf Jahren, Selbiges planen nun auch die Schachspieler aus beiden Landesteilen. Größere Fachverbände tun sich schwerer mit dem klassischen Fusionsgedanken. Doch auch hier bleibt die Zeit nicht stehen.
Womit wir beim Tennis wären. Von der Anzahl der Mitglieder her ist der Sport mit dem gelben Filzball hinter den Turnern und Fußballern die Nummer drei im Land. Badischer Tennisverband (BTV) und Württembergischer Tennisbund (WTB) planen nun zwar keinen direkten Zusammenschluss. Dafür aber die Zusammenlegung des Spielbetriebs. Was zumindest einem Revolutiönchen gleichkäme.
Neue Gegner und veränderte Fahrtzeiten
Die Pläne sind Folgende: Künftig sollen die zehn bisherigen Bezirke von BTV und WTB in acht neuen Regionen aufgehen. Mit der Folge, dass es vor allem für Vereine in den Grenzregionen zu Veränderungen kommen wird: Neue Gegner, veränderte Fahrtzeiten zu Auswärtsspielen, andere Regeln. Für die einen wird es kürzere Wege geben, für die anderen weitere. Das Ganze durchgehend durch alle Altersklassen. „Es gibt Vereine, die sich darüber freuen, gegen neue Mannschaften zu spielen und Vereine, die es bedauern, nicht mehr gegen die gleichen Clubs anzutreten. Es war das Ziel, die Entfernungen anzugleichen und zu harmonisieren. Die Gruppeneinteilungen, die sich daraus ergeben, werden in der Umsetzung die größte Herausforderung für uns sein“, sagt Bernd Greiner, Vizepräsident des BTV.
Fakt ist: Es wird Härtefälle geben. Die Mehrzahl der Clubs werden aber nicht betroffen sein. Kein Bezirksliga-Spieler von der Ostalb muss die Sorge haben, sich sonntags vor Sonnenaufgang ins Auto setzen zu müssen, um nach Freiburg zu fahren. In Summe werden sich aber doch viele Hobbyspieler auf neue Gewohnheiten gefasst machen müssen: Der WTB zählt 176 500 Mitglieder und rund 1000 Vereine. Auf badischer Seite schwingen knapp 120 000 Mitglieder in 685 Tennisclubs den Schläger. Zumindest einige hundert Clubs dürften also von der geplanten Reform betroffen sein. Sie hatten aber die Möglichkeit, den Verbänden Änderungswünsche bei der Zuordnung vorab zukommen zu lassen.
Badischer Verband muss Reform noch zustimmen
Zweiter wichtiger Punkt des geplanten gemeinsamen Spielbetriebs ist die Vereinheitlichung gewisser Regeln. So gibt es bei Mannschaftsspielen im badischen Bereich etwa das klassische Unentschieden, während im Ostteil des Landes bei einem 3:3 über die Anzahl der gewonnenen Sätze immer ein Siegerteam ermittelt wird. Auch ist es bislang nur im WTB erlaubt, Mädchen in Jungenmannschaften einzusetzen. Solcherlei Regeln gilt es zu vereinheitlichen.
Ob es tatsächlich soweit kommt? Der WTB als größerer der beiden Verbände hat seinen Segen bereits gegeben. Vorbereitet wird die im Detail komplizierte Strukturreform bereits seit anderthalb Jahren. Unterstützt wurden die Tennisverbände dabei von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Sie hat bereits die baden-württembergischen Handballverbände in Richtung eines gemeinsamen Spielbetriebs begleitet. Und die Badener? Hier verhält sich die Sache etwas komplizierter. Auf einer Mitgliederversammlung am 11. Oktober wird basisdemokratisch darüber abgestimmt.
Zwar geben sich die Funktionäre optimistisch, dass auch die Mitglieder des BTV mehrheitlich für das Vorhaben votieren. Aber man kann nie wissen. Schließlich sind es meist die (wenigen) Gegner, die zu derlei Abstimmungen erscheinen und sie entscheidend beeinflussen. Und nicht wenige Tennisvereine werden von einer Generation mit hohem Traditionsbewusstsein geleitet. Weshalb man beim BTV vor Ort viel Werbung betrieben hat. Motto: Gemeinsam sind wir stärker.
„Meilenstein für den Tennissport in der Region“
Auch beim WTB bezeichnet man das Projekt als „Meilenstein für den Tennissport in der Region“. Es gelte, Strukturen, die vor 30, 40 oder noch mehr Jahren eingeführt wurden, neu zu denken, heißt es beim Verbandssitz in Stuttgart-Stammheim. Vor allem in puncto Ehrenamt ließe sich durch einen badisch-württembergischen Spielbetrieb Potenzial für andere Dinge freisetzen.
Das Ziel sind schlankere Strukturen, wie es sie bei den Padel-Spielern bereits gibt. Der Trendsport mit dem kleineren Schläger hat seine Kapazitäten bereits in einer Baden-Württemberg-Liga gebündelt. Was gemeinhin gut ankommt – und nun auch die traditionsreiche Sportart mit dem großen Schläger ein Stück zukunftsfähiger machen soll.