Mit Silberjodid impft Pilot Rainer Schopf die Gewitterwolken. Foto: Peter Petsch

Piloten mit einem Spezialauftrag: Die Hagelflieger steuern in die Gewitterwolken, um die schlimmsten Auswirkungen der Unwetter zu verhindern. Ihre Waffe: Silberjodid.

Piloten mit einem Spezialauftrag: Die Hagelflieger steuern in die Gewitterwolken, um die schlimmsten Auswirkungen der Unwetter zu verhindern. Ihre Waffe: Silberjodid.

Stuttgart/Waiblingen - Nein, wie die legendären tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten sehen sie nicht gerade aus. Vielmehr sind Rainer Schopf und Frank Kasparek absolut seriöse Vertreter ihres Berufsstands. Sie sind Piloten – allerdings mit einem Spezialauftrag, und der hat es zumeist in sich. Denn sie steuern die beiden Hagelflugzeuge in die turbulenten Gewitterfronten über der Region Stuttgart, um die schlimmsten Auswirkungen derartiger Unwetter zu verhindern.

Vergangene Woc he präsentierte das Duo die beiden Maschinen des Typs Partenavia 68 bei einem Ortstermin auf dem Rollfeld des Flughafens in Echterdingen der Presse. Kurz vor dem Auftakt der diesjährigen Hagelabwehrsaison am 25. April ging es den Piloten sowie Rems-Murr-Landrat Johannes Fuchs darum, einmal mehr die Erfolgsgeschichte der Hagelbekämpfung hervorzuheben.

Der Rems-Murr-Kreis betreut federführend bereits seit 30 Jahren jenes Gemeinschaftsprojekt im Mittleren Neckarraum, das jährlich 263 000 Euro kostet. Finanziert wird es durch zahlreiche Kommunen im Einsatzgebiet, das neben dem Rems-Murr-Kreis noch den Landkreis Esslingen (nördlich des Flughafens), die Landeshauptstadt Stuttgart, den Bereich Böblingen bis Höhe Sindelfingen sowie Teile des Landkreises Ludwigsburg umfasst.

Weitere Finanziers sind Winzergenossenschaften, private Wengerter, Obstbauern, Versicherungen und Firmen – so nach Fuchs’ Angaben auch Daimler-Benz wegen ihrer Fahrzeugflotte unter freiem Himmel in Sindelfingen. Sobald der Niederschlagsradar aus Karlsruhe größeres Gewittergefahrenpotenzial vermeldet, steigen die Maschinen am Flughafen Stuttgart empor. In der Basis der Wolken zünden die Piloten jenes in den Rauchgeneratoren enthaltene Silberjodid, das tennisballgroße Hagelkörner in feinere Grieselklümpchen verwandelt.

Fuchs ist überzeugt: Wo der Hagelflieger das Wetter beeinflusst, haben die Schäden signifikant abgenommen, während es im übrigen Baden-Württemberg eine stetige Zunahme gab. Bestes Beispiel dürfte hierfür der 28. Juli 2013 sein. Während die südliche Gewitterzelle am Albtrauf verheerende Hagelschäden in den Kreisen Reutlingen und Tübingen und der Ostalb mit einem Volumen von 800 Millionen Euro anrichtete, wurde die zweite Gewitterzelle über dem Rems-Murr-Kreis durch die Silberjodidimpfung der Hagelflieger deutlich abgeschwächt.

Zuletzt sind etliche Anfragen beim Waiblinger Landratsamt auf eine Ausweitung des Hagelabwehrkorridors eingegangen. Interesse besteht zum einen im Raum Heilbronn, wo sich speziell die Weingenossenschaften in Lauffen und Stromberg-Zabergäu baldmöglichst beteiligen wollen. Außerdem laufen Gespräche mit den Landkreisen Esslingen und Reutlingen. Wegen des deutlich größeren Gebiets müsste dann allerdings noch ein weiteres, drittes Flugzeug angeschafft werden. Das bedeutet Zusatzkosten – Fuchs deutet schon mal die Größenordnung an: „Mit insgesamt 150 000 Euro könnten die neuen Partner bei uns andocken.“