Eine süß-saure Ära geht zu Ende: Sadex schließt seine Türen in Winnenden. Für immer. Was bedeutet das für die Kultmarke – und was bleibt der Region?
Die bunten Hinweisschilder auf das süß-sauer prickelnde Vergnügen stehen noch, doch sie führen zu verschlossenen Türen. Die Produktion der pastellfarbenen Stäbchen ist eingestellt, der Laden für Bruchbrause und andere Süßwaren direkt ab Fabrik ist leer geräumt, das Briefkastenschild entfernt. Sadex zieht sich nach 73 Jahren aus Winnenden zurück.
Fritz Sattler – die Firmenbezeichnung setzt sich aus seinem Nachnamen und Dextrose zusammen – hatte die Zuckerwarenfabrik 1951 dort gegründet, nachdem er zuvor während des Zweiten Weltkriegs Traubenzuckertabletten als Stärkungsmittel für Soldaten verkauft hatte. Noch im selben Jahr kamen die Komprimate aus Zucker und Weinsäure auf den Markt, die als Kinderzigarette anfingen, in Stäbchenform Kult wurden und sich bis heute als Kernprodukt gehalten haben.
Zwischenzeitlich war die Firma allerdings in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Der Anstieg der Zuckerpreise und der Verlust wichtiger Handelspartner hatten den Betrieb kurz nach seinem 60. Geburtstag in Schieflage gebracht. Die Top Sweets GmbH aus Nordkirchen in Nordrhein-Westfalen übernahm, nachdem das Unternehmen Insolvenz angemeldet hatte. Die damals 16 Arbeitsplätze und der Standort Winnenden blieben indes erhalten.
Erneuter Besitzerwechsel und Produktionsverlagerung
Weitgehend unbemerkt wurde Sadex im vergangenen Jahr allerdings erneut verkauft. Die Wohlgemut Süßwaren GmbH aus Bernburg in Sachsen-Anhalt übernahm und hat sich nun offenkundig entschlossen, den Standort Winnenden aufzugeben. Die Produktion der Brause-Artikel dort werde zum Ende des Jahres geschlossen und am Firmensitz in Bernburg integriert, bestätigte die Prokuristin Ramona Wohlgemuth auf mehrfache Nachfrage.
In Bernburg werde somit nun neben Kaugummi und Schaumzucker auch das komplette Brause-Sortiment der Marke Sadex hergestellt – „eine neue Herausforderung, auf die wir uns freuen!“, wie Wohlgemuth betont. 13 Mitarbeiter seien von der Schließung betroffen, „für deren Einsatz bedanken wir uns herzlich und wünschen Ihnen für Ihren neuen beruflichen Werdegang alles Gute!“ lautet der Kommentar dazu.
Auch von dem Gebäude in Winnenden-Hertmannsweiler, in dem zuletzt rund 400 000 Brausestäbchen pro Tag produziert und Teile des Sortiments in einem angeschlossenen Laden verkauft wurden, trennt man sich ohne weitere Verpflichtungen. Dieses sei bis zum 31. Dezember 2024 angemietet und werde dann an den Vermieter zurückgegeben, so Wohlgemuth.
Die Marke Sadex bleibt bestehen
Die Marke Sadex freilich soll weiter bestehen bleiben. Vor allem der Klassiker „Brausestäbchen im Häuschen“ sowie alle anderen Artikel des Brause-Sortiments würden weiterhin produziert – nur eben nicht mehr in Winnenden.
Ganz geht die Brause-Ära im Rems-Murr-Kreis damit allerdings noch nicht zu Ende. Denn Sadex ist hier nicht der einzige Hersteller prickelnder Produkte. Nahezu genauso lang, nämlich seit 1953, wird in Remshalden-Geradstetten das mindestens ebenso kultverdächtige Ahoj-Brausepulver hergestellt. Die wiederum 28 Jahre zuvor in Bad Cannstatt gegründete Robert Friedel GmbH (Frigeo) ist zwar 2002 von dem vorwiegend auf Lakritz und Fruchtgummi konzentrierten rheinischen Süßwarenunternehmen Katjes geschluckt worden, doch die bunten Tütchen mit dem Matrosen im Logo werden nach wie vor vom Remstal aus in die Welt verschickt.