Clown Gensi zeigt uns seinen Zirkuswagen. Foto: /Simon Granville

Der Künstler Fulgenci Mestres führt ein besonderes Leben: Er reist als Clown Gensi mit dem Zirkus Roncalli umher und lebt in einem Wagen aus den 20er Jahren. Wir durften in Ludwigsburg mit ihm einen Blick ins Innere werfen.

Direkt neben dem Zirkuszelt und dem Ludwigsburger Schloss lebt er derzeit: Roncalli-Clown Gensi. Sein bürgerlicher Name: Fulgenci Mestres. Der 58-Jährige reist seit 2005 mit dem bekannten Zirkus umher. Sein Zuhause vor und nach den Auftritten: ein Zirkuswagen aus den 1920er-Jahren. „Mein kleines Schloss“, sagt er und zeigt im Inneren des historischen Baus um sich. „Er ist schöner als so ein moderner Campingwagen“, findet der Clown. „Der Wagen ist für mich wie eine Umarmung, er hat ein Herz und eine Seele.“

Seine Gäste lädt er in den schmalen Wohn-Essbereich in der Mitte des Wagens ein. Glitzernde Kissen, eine gemütliche Couch und ein kleiner Tisch mit Stühlen. Hier sitzt Gensi mit Juan Antonio, seinem Ehemann. Stolz präsentieren die beiden ihr Hochzeitsalbum, vor wenigen Jahren haben sie geheiratet – natürlich im Zirkuszelt. Der 69-jährige Juan Antonio begleitet Gensi momentan auf seinen Reisen, der ehemalige spanische Opernsänger hat sich inzwischen zur Ruhe gesetzt. Die Zeit, die Gensi nicht in der Maske oder der Manege ist, verbringen sie gemeinsam. Doch die beiden haben auch einen festen Wohnsitz. „Wir haben eine 150 Quadratmeter große Wohnung in Barcelona“, schwärmt Gensi. Ein Kontrast zu dem Leben auf engstem Raum.

Leben im Zirkuswagen bei Roncalli: Viel Nostalgie auf kleinstem Raum

Gensi bei der Kaffeepause. Foto: Simon Granville

Wer den Wagen betritt, landet erst einmal in einer kleinen Küche, Kühlschrank, Backofen, alles Notwendige ist vorhanden. Doch selbst der Ofen wird hier für die Lagerung von Lebensmittel genutzt, viel Abstellfläche gibt es nicht. „Juan Antonio kocht hier meistens“, sagt Gensi und schwärmt von der guten Küche seines Ehemannes. Abgetrennt durch eine Wand folgt dann der Wohn- und Essbereich. Hinten befinden sich ein Bett und dunkler Holzschrank. Die Wände – gestreift in rot-gelb – geben dem Wagen dabei etwas besonders Nostalgisches.

Überall stehen Erinnerungen. In einem Eck des Wagens befindet sich etwa eine hölzerne Puppenfigur, Gensi als Clown. „Das hat mir ein befreundeter Puppenkünstler gebaut“, erzählt er. Außerdem kramt er einen kleinen Playmobil-Clown hervor, ebenfalls Gensi selbst in Form einer Plastikfigur. Der Spielwarenhersteller fertigte vor einigen Jahren den ganzen Zirkus in Miniaturform an.

„Ich war lange Schauspieler – klassisch und modern“, erzählt er von seinen Anfängen als Künstler. Ein Kollege habe fürs Theater dann Clowns für eine neue Kompanie gesucht. Ende der 1990er Jahre zeigten sie ihre Show. Ein paar Jahre später sah Roncalli-Gründer und Direktor Bernhard Paul den Auftritt und engagierte ihn bei Roncalli. Seit 2005 gehört Gensi nun zu seinem Team.

Clown Gensi: Reise in die Kindheit

Während er als Schauspieler stets eine Rolle gespielt habe, sei er im Zirkus auch er selbst. „Ein Clown muss menschlich sein.“ Es geht um eine Reise in die Kindheit, erklärt er. „Wir als Clowns nehmen die Menschen dabei an die Hand.“ Auch wenn das alles nach viel Spaß klinge, Gensi macht deutlich, dass es echte Arbeit ist. „Du musst von Anfang bis Ende zu 100 Prozent da sein.“ Er hat während der Vorstellung nicht nur einen großen Auftritt, sondern kommt immer wieder auf die Bühne, führt gewissermaßen durchs Programm. Auch wenn die Vorstellung erst um 15 Uhr losgeht, Gensi muss schon gegen 13 Uhr in die Maske, das Make-up ist aufwendig.

In der Maske: Gensi mit seinem Kostüm in der Hand. Foto: Simon Granville

Doch bevor es an diesem Tag losgeht, trinkt er noch einen Espresso am Esstisch. Er zeigt auf eines der alten Fotos an der Wand. Gleich neben einer kleinen Regenbogenfahne aus Papier, hängt ein Schwarzweißfoto aus Gensis Kindheit. Es zeigt den Clown als Sängerknabe. „Ich wurde ausgebildet im Kloster Montserrat in Katalonien – ein angesehenes Konservatorium“, erzählt er. Fulgenci Mestres ist ein Multitalent: Gesang, Violine, Schauspiel, Musical und das Dasein als Clown. Der Weg von der Kirche in den Zirkus erscheint ihm dabei nicht widersprüchlich. „Alle Shows sind für mich auch eine Art Ritual“, sagt er.

Aus dem Fenster am Esstisch blickt Gensi auf eine der alten Statuen am Ludwigsburger Schloss. Doch auch wenn der Wagen hier besonders romantisch steht, das Leben auf engstem Raum kann anstrengend sein. Die Klimaanlage rattert leise vor sich hin, ohne sie wäre es in dem Wagen nahezu unerträglich. „Im Sommer wird der Wagen sehr schnell heiß. Deshalb brauchen wir viel Strom“, sagt er. „Aber vor allem im Winter ist es hart, wenn du nachts aufwachst und bei unter 0 Grad aufs Klo musst“. Dusche und Toilette gibt es nur in den modernen Wohnwagen, Gensi muss den Waschwagen nutzen, der ein paar Meter entfernt von seinem steht.

Warum er trotz des eingeschränkten Komforts schon so lange dabei ist? „Zirkus ist allegria, also Fröhlichkeit. Ich potenziere die Gefühle, wenn du traurig bist, dann bist du als Clown noch trauriger. Wenn du glücklich bist, dann noch glücklicher“, sagt er.

Infos zur den Roncalli-Aufführungen

  • Bis einschließlich 1. September gastiert der Zirkus in Ludwigsburg.
  • Von Mittwoch bis Samstag treten die Artisten um 15 Uhr und um 19.30 Uhr auf.
  • An Sonntagen um 11 Uhr und um 15 Uhr.
  • Die Show dauert zweieinhalb Stunden (mit einer 30-minütige Pause).

Roncalli in Ludwigsburg

Ticketpreise
Sie beginnen für Erwachsene bei 15 Euro – für sichteingeschränkte Plätze – und reichen bis zu Preisen von 81 Euro für die Balkonloge. Zwei Stunden vor der Vorstellung dürften die Besucherinnen und Besucher mit ihrer Eintrittskarte auch das Gelände des Blühende Barock besuchen.