Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet die als rechtsextremistisch eingestufte Szene in Baden-Württemberg. 80 von ihnen marschierten jetzt vor dem Stammsitz der Hohenzollern auf.
Balingen - Etwa 100 Frauen und Männer sind am gestrigen Donnerstag vor die Burg Hohenzollern (Zollernalbkreis) gezogen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen ordnete die Gruppe der Reichsbürgerszene zu. Die Gruppe hätte vor der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Burg Fahnen geschwungen und ihre Sympathie für das Haus Hohenzollern und das Königreich Preußen bekundet. An Nachmittag hätte sich die Gruppe dann nach und nach aufgelöst und habe das Gelände um die Burg verlassen.
Das derzeitige Oberhaupt des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Ferdinand Prinz von Preußen, feierte gestern seinen 46. Geburtstag. Reichsbürger und Monarchisten sehen in ihm den Anwärter auf einen möglichen preußischen Königs- oder gar deutschen Kaiserthron. Der Prinz selbst hat immer zurückgewiesen, dass er ein politisches Amt anstrebt. Er ist Geschäftsführer der Königlich Preußischen Biermanufaktur in Berlin.
Keine Bundesrepublik Deutschland
Nach den Vorstellungen der Reichsbürger existiert die Bundesrepublik Deutschland nicht als legitimer Staat. Dabei beziehen sie sich teilweise auf verschwörungstheoretische Argumente. Stattdessen bestehe das Deutsche Kaiserreich noch fort, weil die Weimarer Reichsverfassung von 1919 nie abgeschafft worden sei. Deshalb bestehe das Deutsche Reich fort, das Grundgesetz sei lediglich ein von den Besatzungsmächten nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführtes „Besatzungsrecht“. Deshalb lehnen sie die Bundesrepublik und ihre Gesetze ab. Teilweise argumentieren Reichsbürger stark verschwörungstheoretisch.
Das führt auch dazu, dass Reichsbürger Straftaten und Ordnungswidrigkeiten begehen, weil sie weder Gesetze noch Sicherheits-, Ermittlungsbehörden, Gerichte oder Finanzämter in Frage stellen. In Baden-Württemberg registrierte die Polizei gerade bei Verkehrskontrollen teils erheblichen Widerstand von Reichsbürgern, bei denen Beamte auch verletzt wurden. Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz beobachten die als rechtsextrem eingeschätzten Reichsbürger. Aktuell schätzt der Inlandsgeheimdienst, dass stabil etwa 3200 Menschen der Szene im Land angehören. Insgesamt zählen die Dienste etwa 19 000 Reichsbürger in Deutschland.