Fahrzeugbrände stellen die Rettungskräfte generell vor besondere Herausforderungen. E-Fahrzeuge brennen nicht öfter als Autos mit Verbrennermotoren. Foto: dpa/Benjamin Nolte

Besteht bei E-Autos eine größere Brandgefahr? Experten widersprechen diesem Mythos. Doch was passiert im Falle eines Unfalls? Und wie sollte man mit beschädigten Hochvolt-Batterien umgehen?

Elektroautos haben bei Ulrike Staib einen Sonderplatz – nicht in ihrem Herzen, sondern auf ihrem Betriebsgelände. Die Chefin eines Abschleppunternehmens in Kaisersbach-Ebni weiß, dass bei der Anlieferung eines Unfallwagens mit Hochvoltakku besondere Sicherheitsmaßnahmen gelten. Sobald ein solches Fahrzeug auf ihrem Hof steht, wird es mit einem Flatterband abgesperrt und mit ausreichend Abstand zu anderen Fahrzeugen und Gebäuden abgestellt. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass im Falle einer verzögerten Entzündung des Akkus größere Schäden entstehen. „Wir schleppen im Jahr mehrere Tausend Autos ab und es sind immer mehr E-Fahrzeuge dabei, aber hochgegangen ist noch keines“, sagt Staib.

 

Sicherheit geht vor. „Alle Mitarbeiter haben eine Hochvoltschulung gemacht, sonst dürften wir diese Fahrzeuge gar nicht verladen.“ Wichtig dabei sei unter anderem zu wissen, wie man die Autos gefahrlos spannungsfrei schaltet, sie von der Hochvoltbatterie trennt und prüft, ob das Notfall-Abschaltsystem des Fahrzeugs ausgelöst wurde. Nach Unfällen werde besonderes Augenmerk auf die Batterie gelegt, auf Schäden an der Batterie und auf eine Veränderung der Temperatur geachtet.

Die Angst vor brennenden Elektroautos hält sich hartnäckig, doch der Feuerwehrkommandant Christian Köder aus Fellbach gibt Entwarnung. „Die Zahl der Brände bei Elektrofahrzeugen ist verschwindend gering“, sagt er. Laut Statistik geraten sie nicht häufiger in Brand als Benziner oder Diesel – eher seltener. Sowohl der Gesamtverband der Versicherer (GDV) als auch Unfallforscher bestätigen diese Einschätzung.

Auch bei Unfällen bleibt das Risiko kontrollierbar: Denn sobald der Airbag ausgelöst wird, unterbricht die Crashsensorik den Stromfluss von der Hochvoltbatterie zu den anderen Hochvoltbauteilen und -kabeln. Bei schweren Kollisionen erfolgt sogar eine irreversible Trennung, um Rettungskräfte und Ersthelfer zu schützen. „Unabhängig von Unfällen ist die Gefahr, dass sich ein Elektrofahrzeug beim Fahren, im Stand oder auch beim Laden aufgrund eines technischen Defekts von selbst entzündet, äußerst gering“, sagt Holger Bach, Technikexperte des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC).

Quarantäneflächen: Sicherheitszonen für beschädigte Batterien

Kommt es dennoch zu einem Unfall, gelten für beschädigte Hochvoltfahrzeuge besondere Lagerregeln. So müssen Abschleppdienste für betroffene Fahrzeuge die besagten Quarantäneflächen bereithalten. Diese sollen verhindern, dass ein zeitlich verzögerter Brand auf andere Fahrzeuge, Gebäude oder Vegetation übergreift. Gleichzeitig schützen sie die Umwelt vor eventuell austretenden Betriebsstoffen.

Sicherheitsvorgaben für Abschleppdienste und Rettungskräfte

Wichtig ist, dass Abschleppdienste und Feuerwehren genau wissen, wie mit beschädigten Hochvolt-Fahrzeugen umzugehen ist. Das Löschen eines Elektroautobrandes bleibt Aufgabe der Feuerwehr, die sich darauf vorbereitet hat, erklärt Christian Köder. Ihre Ausrüstung und Methoden wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich angepasst, um das Risiko zu minimieren. „Nach neuesten Erkenntnissen ist es am besten, wenn man ein im offenen Bereich brennendes E-Fahrzeug kontrolliert abbrennen lassen kann, das dauere zwischen ein bis zwei Stunden. Eine wichtige Voraussetzung dabei sei natürlich, dass durch Rauch und Feuer keine weiteren Schäden entstehen. Beim Brand eines Elektroautos würden 3000 bis zu 10 000 Liter Wasser eingesetzt, in Extremfällen sogar über 20 000 Liter – deutlich mehr als die 500 bis 2000 Liter, die beim Brand eines Verbrenners nötig seien. Der Grund: Der Akku kann sich durch thermische Durchgehprozesse (Thermal Runaway) erneut entzünden. Das Wasser werde vor allem zur Kühlung, nicht zum direkten Löschen genutzt, erklärt Köder. „Manche Feuerwehren, meist sind das Werksfeuerwehren, setzen große Wassercontainer ein, um das Fahrzeug darin komplett zu versenken.“

Tipps für E-Auto-Fahrer: Was im Ernstfall zu tun ist

Auch Fahrer von Elektrofahrzeugen sollten einige Sicherheitsmaßnahmen beachten:

  • Bei einer Panne oder einem Unfall die Pannenhilfe oder die Werkstatt darauf hinweisen, dass es sich um ein E-Auto handelt.
  • Bei erhöhter Temperatur- oder Rauchentwicklung der Hochvolt-Batterie ausreichend Abstand zum Fahrzeug einhalten und sofort die Feuerwehr informieren.
  • Bei roten Warnsymbolen im Fahrzeugdisplay das Auto sicher abstellen und die Pannenhilfe oder Werkstatt kontaktieren.
  • Spezielle Warnsymbole bei E-Autos sind etwa die Hochvolt- oder Antriebsbatterie, dargestellt als „Dreifach-Batterie“, oder die Kontrollleuchte für das Antriebs- oder Hochvoltsystem.
  • Eine sogenannte Rettungskarte im Auto hinterlegen. Sie liefert nach einem Unfall wichtige Hinweise für die Rettungskräfte und gibt exakt Auskunft, wo die Feuerwehr ihre Schneidewerkzeuge am besten ansetzt oder wie das Hochvoltsystem manuell deaktiviert werden kann. Die Rettungskarte sollte man dann hinter die Sonnenblende des Fahrerplatzes klemmen, dort schauen die Rettungskräfte als Erstes nach. Ein Aufkleber „Rettungskarte im Fahrzeug“ für die Windschutzscheibe ist in den ADAC Geschäftsstellen erhältlich.