Im Zeichen des Regenbogens wird am Samstag auch in Stuttgart demonstriert. Foto: Markus Heine/dpa

In Straßburg wird am Freitag ein Stolperstein für einen Stuttgarter enthüllt, der 1942 getötet wurde, weil er schwul war. Und auf dem Schlossplatz wird gegen Hass demonstriert.

Wer schwul ist, galt lange Zeit als krank. Am 17. Mai 1990 hat dann aber die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Homosexualität aus ihrem „Diagnoseschlüssel für Krankheiten“ gestrichen. Aus diesem Datum ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) geworden, an dem Menschen weltweit gegen Hass und Ausgrenzung demonstrieren. In Stuttgart rufen mehrere Organisationen für diesen Samstag, 15.30 Uhr, zur Kundgebung auf dem Schlossplatz auf. Die Community dürfe „nie wieder still, nie wieder unsichtbar“ sein, findet Alex Häfner von der Mission Trans*.

 

"Gemeinsam gegen Transfeindlichkeit und Rassismus"

Auf die „Kraft des Miteinander“ komme es an, erklären die Veranstalter. Betina Starzmann vom CSD Stuttgart sorgt sich, weil Transfeindlichkeit und Rassismus zunehmen würden, immer mehr queere Menschen von „Vorurteilen, Benachteiligung im Alltag, am Arbeitsplatz und sogar körperliche Gewalt“ betroffen seien.

Ein Tag davor reist eine Stuttgarter Delegation, darunter Vertreterinnen und Vertreter der Stadt, des Hotels Silber und des Internetprojekts „Der Liebe wegen“, nach Straßburg. In der Stuttgarter Partnerstadt wird am Freitag ein Stolperstein für Josef Martus enthüllt, der im Nazireich wegen seiner Homosexualität am 12. August 1942 auf dem Dornhaldenfriedhof in Stuttgart im Alter von 33 Jahren erschossen wurde. Der Polizist Martus hatte den Elsässer Eugen Eggermann unter schwierigsten Bedingungen kennen und lieben gelernt, lebte bei ihm in Straßburg.

Am 10. August 1942 wurde Josef Martus auf der Dornhalde erschossen. Foto: Initiative „Der Liebe wegen“

„Uns hat die Liebe der beiden sehr berührt“, sagt ein Sprecher der Internetinitiative „Der Liebe wegen“, die das Schicksal des Hauptwachmeisters recherchiert und ins Netz gestellt hat. Statt allein zu fliehen, habe Josef Martus sein Leben für den Freund riskiert.

Die Ehefrau hatte Josef Martus angezeigt

1936 hatte Martus Charlotte Spindler geheiratet, ein Jahr später kam ihr Sohn zur Welt. Der Polizist trat 1937 in die NSDAP ein. Im April 1938 wurde er zur Schutzpolizei Heidelberg versetzt, 1940 nach Straßburg. 1942 hat man ihn im Elsass festgenommen. Grund für die Verhaftung war die Anzeige seiner Ehefrau, die ihrem Mann vorwarf, eine homosexuelle Beziehung zu Eugen Eggermann zu führen. Dieser wurde ebenfalls festgenommen.

Kennen gelernt hatten sich die Männer in einer Gaststätte. Als die Familie von Josef Martus nach Straßburg nachzog, stritt sich das Ehepaar so sehr, dass der Ehemann beschloss, zu Eggermann zu ziehen. Seine Frau rächte sich und zeigte ihn an.

„Mit seiner Hinrichtung in Stuttgart war Josef Martus zweifellos ein NS-Opfer, auch wenn er selbst seit 1937 NSDAP-Mitglied und als Polizeibeamter in Straßburg seit 1940 an der staatlichen NS-Unterdrückung der elsässischen Bevölkerung beteiligt war“, erklärt die Initiative „Der Liebe wegen“. Details über sein polizeiliches Handeln, die einem Gedenken als NS-Opfer entgegenstünden, seien nicht bekannt.

„Angesichts der Rechtsentwicklung und des Erstarkens von rechtspopulistischen und neofaschistischen Kräften“ hält es die Initiative „weiterhin für wichtig, sich dafür zu engagieren, dass die Verbrechen an ausnahmslos allen NS-Opfern nicht in Vergessenheit geraten.“ Eine weitere Rechtsentwicklung, die Übernahme extrem rechter Narrative und Feindbilder sowie eine Verharmlosung rassistischer und queerfeindlicher Kräfte müssten in ganz Europa verhindert werden, erklärt ein Sprecher des Internetprojekts.