Die neue Moschee an der Sigelstraße am Stadtrand von Kornwestheim wird seit Kurzem genutzt. Foto: S/imon Granville

Seit gut einer Woche finden Freitagsgebete in der Ayasofya Moschee in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) statt. Wie die Gemeinde das 5-Millionen-Euro-Projekt stemmt, warum das Minarett für Gesprächsstoff sorgt und wie es mit dem Parkchaos weitergeht.

Zwischen Spedition und dem Chemie-Unternehmen Sika am Südwestrand von Kornwestheim steht seit einiger Zeit ein gar nicht so recht in die Umgebung passendes Gebäude – eine Moschee mit Minarett. Ende November fand zum ersten Mal ein Freitagsgebet in der Ayasofya Moschee statt. Auch wenn die neue Anlage noch nicht komplett fertiggestellt ist, freut sich die Türkisch Islamische Gemeinde, endlich ein adäquates Gotteshaus zu haben. „Wir sind der Verwaltung und den Kornwestheimern sehr dankbar für die Unterstützung, die wir bei diesem Projekt erhalten haben“, sagt Muhsin Acar. Der Pressesprecher des Vereins, der zum Ditib-Dachverband gehört, ist in Kornwestheim aufgewachsen und hat selbst erlebt, wie die Gemeinde gewachsen ist.

 

Fast 40 Jahre hat es gedauert, bis man nun ein repräsentatives Gotteshaus hat. 1987 gegründet, hatte die Gemeinde zunächst eine Gebetsstätte in der Enzstraße. Als der Platz dort nicht mehr reichte, musste sie im Jahr 2000 in ein altes Fabrikgebäude in der Sigelstraße am Stadtrand von Kornwestheim umziehen. 2015 wurde das benachbarte Grundstück gekauft. „Wir hatten den Wunsch, ein richtiges Gotteshaus zu bauen“, erinnert sich Acar.

Also sei man auf jedes einzelne der damals etwa 300 Mitglieder zugegangen. Oftmals war bis dahin nur ein Familienmitglied zahlender Teil der islamischen Gemeinde. Das Ziel, selbst eine Moschee zu errichten, spornte die Mitglieder und deren Familien aber an. Ehefrauen, Kinder und andere Verwandte wurden zu zahlenden Mitgliedern. Darüber hinaus gab es Spenden. „Wir hatten innerhalb von drei Wochen nach dem Start unserer Aktion 80 000 Euro zusammen“, sagt Acar.

Der Vorstand der Gemeinde (von links): Muhsin Acar, Suat Özcan, Muharrem Aydar und Mustafa Epcimoglu. Foto: S/imon Granville

Der nun fertige Bau kostete den Verein nach Angaben des Vorsitzenden Suat Özcan 5 Millionen Euro. „Wir haben keinen Kredit aufnehmen müssen“, sagt er nicht ohne Stolz. Neben den Beiträgen von den nun 1600 Mitgliedern haben Spenden zur Finanzierung beigetragen. Und das neue Gotteshaus kann sich sehen lassen. Herzstück ist der Gebetsraum mit Fenstern, die bis zum Boden reichen und einer großen Kuppel mit einem Leuchter darunter, der 110 Lampen trägt.

Imam kommt aus der Türkei

Eine kunstvolle Schrift verziert die Wände und der Teppich ist in strahlendem Türkis gehalten. „Den Marmor haben wir aus der Türkei herbringen lassen“, sagt Acar und zeigt bei einem Rundgang auf die Kanzel. Von dort predigt der Imam der Gemeinde, den die türkische Regierung bezahlt. Vereinzelt nehmen laut Acar auch Menschen bosnischer oder arabischer Herkunft an den Freitagsgebeten teil, der überwiegende Teil der Besucher hat aber türkische Wurzeln.

Die Schrift im Gebetssaal sei von Spezialisten von Hand angebracht worden. Im Untergeschoss gibt es einen Veranstaltungsraum und im Obergeschoss unter anderem einen Raum für Jugendliche und die Gebetsebene für Frauen. Ein Highlight in der neuen Moschee ist der Eingangsbereich. Mit einem Brunnen – derzeit noch ohne Wasser – werden die Gläubigen empfangen, wenn sie zum Beten kommen.

Parkplätze sind noch Mangelware

Noch müssen die Gemeindemitglieder den Hintereingang verwenden. Der Haupteingang ist gesperrt, weil er an das alte Gebäude der früheren Moschee grenzt. Das soll nun abgerissen werden. Dann ist auch ein Ende des Parkchaos in Sicht. Zu den zwei Gebetszeiten um die Mittagszeit kommen jeweils bis zu 300 Moslems zur neuen Moschee. Aber Parkplätze sind dort noch Mangelware. Zwar hat die Gemeinde selbst für einen Shuttlebus-Verkehr zu einem entfernteren Parkplatz auf dem Gebiet bei der ehemaligen Eishalle gesorgt und vor Ort einen Sicherheitsdienst im Einsatz, aber „jeder parkt natürlich am liebsten direkt vor der Moschee“, sagt Acar. Das bedeutet gerade am Freitagmittag einen nicht unerheblichen Parksuchverkehr.

Auf der Fläche der ehemaligen Moschee sollen bis April 70 Auto- und 40 Fahrrad-Stellplätze sowie Grünflächen eingerichtet werden. Die Gestaltung des Außenbereichs wird die Gemeinde weitere mindestens 500 000 Euro kosten, schätzt Özcan. Erst mit der Fertigstellung des Außenbereichs soll dann auch die neue Moschee groß gefeiert werden.

Schon jetzt zeigt Acar unter anderem Schulklassen gerne das schmucke Gebäude. Die Gemeinde versteht sich selbst als Teil Kornwestheims. Ihre Vertreter betonen immer wieder, dass ihnen am Austausch mit anderen Religionsgemeinschaften und insgesamt den Bürgern Kornwestheims gelegen ist. Ganz im Sinne ihres 2023 verstorbenen Ehrenvorstands Recep Aydin, der für seine Verdienste um den interreligiösen Dialog sogar die Bundesverdienstmedaille bekommen hatte.

Den ursprünglichen Wunsch eines Gebäudes mit zwei Minaretten musste der Verein nach Gegenwind aus dem Gemeinderat vor dem Baustart allerdings begraben. Als ein Zeichen des Entgegenkommens verzichtete die Gemeinde auf ein Minarett und baute das verbleibende nur 25 Meter hoch. „Ein Minarett gehört für uns zu einer Moschee wie ein Kirchturm zur Kirche“, sagt Vorstandsmitglied Muharrem Aydar. Mit dem Kompromiss könne man aber gut leben, zumal das Minarett keine wirkliche Funktion habe. „Von dort aus wird nicht gerufen“, erklärt Acar. Es sei lediglich architektonisch wichtig. Nun werde aber vielen erst bewusst, dass dort eine Moschee stehe.