Die Power-Tool-Fabrik für Elektrowerkzeuge in Leinfelden wird geschlossen – in der Fertigung verlieren alle Beschäftigten den Job. So sieht das Abfindungsangebot im Einzelnen aus.
Bosch streicht in Deutschland noch mehr als die 13.000 Arbeitsplätze, deren Wegfall das Unternehmen vor einigen Tagen ankündigte. Zu den Tausenden Jobs, die darüber hinaus wegfallen, zählen die von 230 Beschäftigten in der Produktion der Werkzeugsparte Power Tools in Leinfelden-Echterdingen. Ihnen hat Bosch nun erläutert, unter welchen Bedingungen sie ausscheiden werden.
Im Unterschied zu anderen Abbauprogrammen, bei denen Bosch-Beschäftigten Angebote zum freiwilligen Ausscheiden vorgelegt werden, gibt es dieses Mal keine Wahl zwischen Abfindung und Verbleib am Arbeitsplatz. Wer nicht unterschreibt, soll gekündigt werden – das wurde den Beschäftigten nach Informationen unserer Zeitung intern mitgeteilt. Die Jobs sollen am 31. Dezember 2026 wegfallen. Anders als in der Kfz-Sparte gibt es bei der Bosch-Tochter Power Tools keine Betriebsvereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2027 ausschließt.
Wer nicht bleiben will, erhält keinen Ersatzarbeitsplatz angeboten – offenbar deshalb, weil es sie in dem krisengeschüttelten Unternehmen, das überall Stellen streicht, nicht gibt. Er bekommt im Fall einer Kündigung auch nur einen Teil der Leistungen, die bei einer Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag gezahlt werden – die Bosch-Prämie auf die Abfindung entfällt in diesem Fall. Allerdings steht den Beschäftigten Geld aus dem Sozialplan zu.
Bei Bosch Power Tools entfällt die Sozialauswahl
Bauen Unternehmen in einzelnen Bereichen nur einen Teil der Arbeitsplätze ab, müssen sie eine Sozialauswahl vornehmen, so dass die sozial schutzbedürftigsten Beschäftigten – dazu zählen behinderte, ältere und langjährig für das Unternehmen tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Betriebsräte – als letzte gehen müssen.
Bei der Schließung der Produktion der Bosch-Elektrowerkzeuge in Leinfelden-Echterdingen ist der Fall nach Ansicht von Arbeitsrechtlern anders gelagert. Hier sollen in der Fertigung alle Arbeitsplätze entfallen, so dass das Unternehmen nicht die ansonsten vorgeschriebene Sozialauswahl vornehmen muss, sondern mit hoher Rechtssicherheit betriebsbedingte Kündigungen an alle dort Beschäftigten aussprechen kann, ungeachtet der sozialen Schutzbedürftigkeit.
Gleichwohl will Bosch die Beschäftigten nicht formal kündigen, sondern vielmehr Mitte November jedem Einzelnen einen Aufhebungsvertrag vorlegen, der ein einvernehmliches Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Dezember 2026 vorsieht. Wer nicht unterschreibt, kann sich aber kaum Hoffnungen auf eine Weiterbeschäftigung machen. Vielmehr droht dann die Entlassung zum gleichen Datum und zu schlechteren Konditionen.
Bosch macht gestaffelte Angebote nach Altersgruppen
Beschäftigte bis zum Alter von 56 Jahren, die den Vertrag unterschreiben, bekommen nach Informationen unserer Zeitung eine Abfindung plus Prämie oder alternativ eine zwölfmonatige Zugehörigkeit zur Reutlinger Transfergesellschaft Mypegasus, in der sie bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung unterstützt werden. In dieser Zeit erhalten sie rund 80 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens – einschließlich des sogenannten Transferkurzarbeitergelds aus öffentlichen Kassen, das je nach familiärer Situation 60 oder 67 Prozent des weggefallenen Nettoentgelts beträgt.
Wer über 56 Jahre alt ist, bekommt ein Vorruhestandsmodell, dessen Konditionen sich am Alter orientieren und das aus einer Abfindung und einem Ausgleich für die Rentenminderungen besteht, die durch das vorzeitige Ausscheiden verursacht werden. Beschäftigte im Alter von 57 oder 58 Jahren erhalten eine Überbrückung der Rentenminderung bis zum Alter 63 sowie das Angebot, sich bei einer Transfergesellschaft weiterzubilden; für das Alter 59 bis 64 wird die Rente bis zum Alter 65 überbrückt und eine Abfindung gezahlt. Wer mit 65 schon recht nah an der Rente ist, erhält eine Einmalzahlung von 12.000 bis 24.000 Euro, die zum steuerbegünstigten Ausgleich von Rentenabschlägen dienen soll.
Altersteilzeitverträge sollen nur noch neu abgeschlossen werden können, wenn die Phase, in der aktiv gearbeitet wird, bis spätestens 31. Dezember 2026 abgeschlossen ist. Bestehende Verträge laufen gegebenenfalls auch länger weiter; in diesem Fall soll es Möglichkeiten zur Verkürzung oder zur Umstellung auf das Vorruhestandsmodell geben.
Bosch gibt vier Wochen Bedenkzeit
Mitte November, wenn alle Beschäftigten ihre individuellen Angebote erhalten haben, bekommen sie vier Wochen Zeit, um sich zu entscheiden und die Modelle für sich durchzurechnen. Damit sie dabei auch steuerliche Aspekte berücksichtigen können, übernimmt Bosch die Kosten für einen Steuerberater nach eigener Wahl. Abfindungen werden auf 250.000 Euro gedeckelt; wer das Angebot schnell annimmt, erhält einen Zuschlag zum ansonsten angebotenen Betrag.
Ein Sprecher von Bosch Power Tools wollte sich zu den Konditionen in Einzelnen nicht äußern und erklärte, Bosch biete „im Rahmen der Restrukturierungsmaßnahmen Vorruhestandslösungen sowie marktübliche Abfindungspakete“. Basis seien üblicherweise das aktuelle Einkommen der Mitarbeitenden und die Betriebszugehörigkeit. Die Maßnahmen würden durch interne Qualifizierungs- und Vermittlungsprogramme ergänzt, um „betroffene Mitarbeitende bestmöglich bei ihrem weiteren beruflichen Weg zu unterstützen“.
Die meisten Bosch-Jobs in Leinfelden bleiben
Auch nach der Schließung der Produktion wird der Standort Leinfelden-Echterdingen noch rund 1500 Beschäftigte haben. Dort sollen auch künftig die weltweite Zentrale des Geschäftsbereichs Power Tools und eine große Entwicklungsabteilung sitzen. Auch Zentralfunktionen wie die Geschäftsführung, das Marketing, die weltweite Personalabteilung sowie die Unternehmenskommunikation bleiben dort angesiedelt; ebenso verschiedene Geschäftseinheiten und die Messtechnik, die dort ebenfalls ihren weltweiten Hauptsitz hat.