Gespenstische Leere unter dem Marktplatz Foto: Stefanie Schlecht

Seit Juni 2024 saniert Sindelfingen seine Mitte: die Tiefgarage und die Marktplatzoberfläche. Das geht nur in Etappen. Und kostet fast 60 Millionen Euro.

Die Operation an Sindelfingens offenem Herzen geht weiter. Der Marktplatz und die Tiefgarage darunter werden seit vergangenem Jahr saniert. Nun ist beim ersten Teil der Riesenbaustelle der Rohbau abgeschlossen. Man liege im Zeit- und Kostenplan, sagt der neue Sindelfinger Oberbürgermeister, Markus Kleemann, bei einer Begehung der Baustelle.

 

Die Tiefgarage unter dem Marktplatz von Anfang der 1980er Jahre hatte schon kurz nach ihrem Bau begonnen, undicht zu werden. Ein wesentlicher Grund dafür war, dass die unterste Parkebene als Luftschutzbunker designt worden war. Um jedoch die dafür benötigte Luftdichtigkeit zu erreichen, musste der Spielraum geopfert werden, den die Fugen einer Tiefgarage normalerweise haben, um Erdbewegungen auszuhalten. „Das war der Fluch, der auf dem Bauwerk lag“, sagte Baubürgermeisterin Corinna Clemens.

Es braucht breitere Parkplätze

In der grundsanierten Variante ist kein Bevölkerungsschutzraum oder Bunker mehr vorgesehen. Man habe sogar Fördergelder dafür bekommen, dass die alten Schutzräume abgebaut werden, so Clemens. Überlegungen über einen neuen Bunker seien trotzdem angestellt worden. Angesichts der Entwicklungen in der Welt habe sich das aufgedrängt. Man sei allerdings zu dem Schluss gekommen, dass sich ein neuer Luftschutzbunker nicht realisieren lasse. „Die Anforderungen sind heute ganz anders“, erklärte Kleemann. Der Ingenieur Herbert Steringer ergänzte: „Das wäre nicht umsetzbar. Es hätte das Projekt um Jahre zurückgeworfen und ein Drittel der Stellplätze gekostet.“

Stefan Juhas ist Projektleiter des Umbaus. Foto: Stefanie Schlecht

Apropos Stellplätze. Davon werden nach dem Umbau nicht mehr so viele übrig bleiben. Statt 415 können danach noch 324 Autos in der Tiefgarage stehen. „Die Parkplätze werden attraktiver und breiter gestaltet“, sagte Kleemann. „Die Fahrzeuge sind halt in den letzten 50 Jahren auch um einiges breiter geworden. Es gab viele, die schon gar nicht mehr nach unten gefahren sind, weil ihnen die Plätze zu schmal waren.“

Fast 60 Millionen Euro

Als im Juni vergangenen Jahres die Abbrucharbeiten in der Marktplatz-Tiefgarage begannen, war klar, dass eine Hälfte nach der anderen saniert wird. Die andere blieb weiter nutzbar, um die Stadtmitte nicht komplett lahmzulegen. Immerhin finden der Wochenmarkt und diverse andere Veranstaltungen auf dem Marktplatz statt. Neu gestaltet werden soll der trotzdem. Fast 60 Millionen Euro sollen beide Projekte – die Tiefgarage und der neue Marktplatz – zusammen kosten.

Die drei Parkebenen auf der oberen Seite des Marktplatzes (im Osten) waren zuerst an der Reihe. Eine Staubschutzwand wurde eingezogen, um die Baustelle von der restlichen Garage zu trennen. Schon seit Jahren waren die unteren Ebenen dort mit Stützen zusätzlich abgesichert. Mit schwerem Gerät wurde die Tiefgarage komplett entkernt und die Zwischendecken neu aufgebaut. Im Rohbau ist das nun geschafft. Es folgen die Beschichtungsarbeiten.

Marktplatz wird neu gestaltet

Im Inneren hat sich einiges geändert. Unter anderem werden Ein- und Ausfahrt zu den unteren Ebenen über getrennte Rampen erfolgen. Dafür sind zwar wieder ein paar Parkplätze geopfert worden, aber es soll den Autofahrern helfen, die Tiefgarage besser nutzen zu können.

Wenn weiter alles nach Plan läuft, soll die Baustelle im Sommer 2026 auf die andere Seite wandern. Die Einfahrt über die Spindel an der Planie ist dann voraussichtlich zwei Jahre lang nicht mehr möglich. Es müssen dann die Einfahrt über das Rathaus und die Ausfahrt der Musikschule genutzt werden.

Jüngst haben die Arbeiten auch oben auf dem Marktplatz begonnen. Dort ist auf der Hälfte des Platzes das Kopfsteinpflaster abgetragen worden. Auch der vom Künstler Bonifatius Stirnberg gestaltete Freundschaftsbrunnen aus dem Jahr 1984 am Kopf des Marktplatzes musste weichen. Er soll im Herbst kommenden Jahres zurückkehren. Aktuell ist der Blick frei auf den Deckel der Tiefgarage. Anfang des neuen Jahres soll der Aufbau der neuen Oberfläche beginnen.

Spätestens 2029 soll der gesamte Marktplatz neu gestaltet sein. Auch dabei soll immer ein Teil für Wochenmarkt und Veranstaltungen nutzbar bleiben. Die Stadt plant mehr Grün, neue Beleuchtung, Flächen für Außengastronomie und Sitzgelegenheiten. Auch ein Wasserspiel soll es geben. Es soll am Planiedreieck entstehen. „Wir sind gespannt auf das Ergebnis“, sagt OB Kleemann.

Kosten

Summe
Insgesamt soll das Marktplatz- und Tiefgaragenprojekt fast 60 Millionen Euro kosten. Dabei sind beide Teile über die Jahre teurer geworden als zunächst geplant.

Marktplatz
Die Neugestaltung der Oberfläche des Marktplatzes war ursprünglich mit 17 Millionen Euro angesetzt. Im Mai 2025 wurde bekannt, dass es teurer wird. Aktuell plant die Stadt mit einer Summe von 20,2 Millionen Euro.

Tiefgarage
Bei der Sanierung der Tiefgarage unter dem Marktplatz sind die Kosten wesentlich stärker gestiegen. Auch hier sollten die Arbeiten erst 17 Millionen Euro kosten. Das war 2017. 2020 stieg die Schätzung dann auf 28,2 Millionen Euro. Seit 2023 steht jetzt die jüngste Berechnung, die Kosten von 38,1 Millionen Euro vorsieht. Laut OB Kleemann wird der Rahmen eingehalten.