Der erste Cannabis Social Club im Rems-Murr-Kreis darf offiziell anbauen. Wie die Genehmigung ablief und welche Hürden es gibt.
High sein unterm Schwabenlandtower? Was vor Kurzem noch undenkbar schien, wird bald Realität: Der Fellbacher Cannabis Social Club (CSC) „Southside organics“ hat als erster Club im Rems-Murr-Kreis eine offizielle Anbaugenehmigung vom zuständigen Regierungspräsidium in Freiburg erhalten.
Damit darf der von Alex Reinhardt geführte Verein das pflanzliche Rauschmittel ab sofort in größeren Mengen legal anbauen und an seine Mitglieder verkaufen – unter strengen Auflagen. Doch bis zur ersten Ernte sind noch einige Hürden zu meistern.
Cannabis-Anbau – Weg zur Lizenz war steinig
„Mir ist vor Freude schon eine kleine Träne die Wange heruntergekullert, als ich die Genehmigung endlich erhalten habe“, erzählt Alex Reinhardt vom steinigen Weg zur Hanfplantage. Seinen Antrag für eine Anbaulizenz habe er pünktlich zum Stichtag im vergangenen Juli eingereicht. „Das waren über 100 Seiten mit verschiedenen Konzepten und Angaben zu Themen wie Produktion, Betrieb, Verein, Ausgabe, Hygiene, Prävention, Schutz und Sicherheit und vieles mehr.“ Als Antwort erhielt er ein zehnseitiges Schreiben mit detaillierten Anforderungen, die noch erfüllt werden mussten. Besonders schwierig gestaltete sich die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für Anbau und Ausgabe.
„Wir hatten bestimmt ein Dutzend verschiedener Immobilien im Visier. Anfangs wollten wir in einem Gebäude in Stuttgart-Sommerrain das Hanf ziehen und es dort auch ausgeben – aber der Bau war nur 198 Meter von einem Spielplatz entfernt“. Gesetzlich vorgeschrieben ist ein Mindestabstand von 200 Metern zu Kitas, Schulen, Sportstätten und ähnlichen Einrichtungen.“ Also musste umdisponiert werden.
Cannabis-Anbau findet in Wendlingen statt
Fündig wurde Reinhardt schließlich im Landkreis Esslingen und in Fellbach. „Wir bauen in einer Lagerhalle in Wendlingen an und geben das Cannabis in Fellbach an unsere Mitglieder aus.“
Die Produktionshalle umfasst 700 Quadratmeter, ist freistehend, umzäunt und verfügt über die notwendige elektrische Ausstattung, um genügend Strom für Heizung, Klimaanlage, Luftbefeuchter und Lampen bereitzustellen. „Da kommen schnell 50 bis 60 Kilowatt zusammen, allein daran scheitern schon etliche Objekte.“ Die vollautomatische Aufzuchtanlage kommt aus der Schweiz.
Hochsicherheitsmaßnahmen für Cannabis-Anbau
Cannabis-Anbau: Schwierige Standortsuche
Die Behörden stellen hohe Anforderungen an die Sicherheit. „Im Herbst haben wir erfahren, dass wir sowohl unsere Wendlinger Anbaustätte als auch die Ausgabestelle in Fellbach mit Alarmanlagen, Videoüberwachung und speziellem Sicherheitsglas gegen Einbrecher besonders zu schützen haben, so als wären wir ein Juwelier oder eine Bank.“ Zwar nutzt der CSC ehemalige Räume eines Kreditinstituts an der Höhenstraße im Fellbacher Westen – allerdings waren es nur Büroräume. „Das bedeutet, dass wir unter anderem eine Alarmanlage einbauen und einen 500-Kilo-Tresor aufstellen werden, um die Sicherheitsauflagen zu erfüllen.“
Läuft es nach Plan, sollen 300 Jungpflanzen im April in der Wendlinger Zuchtanlage angeliefert werden. Auch hier gab es unerwartete Herausforderungen. „Wir wollten erst Pflanzen aus Österreich importieren, dann hieß es, wir könnten uns damit strafbar machen, wenn wir sie über die Grenze bringen“, erzählt Reinhardt. Nun bezieht der Verein die Stecklinge von einem Kölner CSC.
Vielfalt der Cannabis-Sorten
Welche Sorten angebaut werden, dürfen die Mitglieder entscheiden. „Wir haben auf unserer Homepage eine Umfrage gestartet, wo unsere Mitglieder sich wünschen können, welches Cannabis sie gerne hätten.“ Geplant ist, mit drei verschiedenen Sorten zu beginnen. „Es ist fast wie beim Wein – die Sorten unterscheiden sich geschmacklich, aber auch in ihrer Stärke und in ihrer Wirkung“, sagt Reinhardt. „Manche Sorten machen glücklich und man fühlt sich beschwingt, andere ziehen einen eher in den Sessel.“
Auf der Homepage wird es neben der Umfrage auch Infomaterial und Präventionsvideos geben, die vor den Gefahren übermäßigen Cannabiskonsums aufklären.
Im Juni sollen die ersten Hanf-Tütchen an Vereinsmitglieder verkauft werden – und nur an sie. 347 Mitglieder zählt der Fellbacher CSC aktuell. Mindestalter 18 Jahre. Die Anzahl der Mitglieder ist auf maximal 500 beschränkt. Reglementiert ist auch die maximale Abgabemenge pro Person; sie liegt bei 50 Gramm pro Monat.
Apropos Abgabe: „Wir wollten das erst handhaben wie an einer Packstation, aber das lässt sich nicht machen“, sagt der Vereinsvorsitzende. Nun sei vorgesehen, dass die Ausgabe des Rauschmittels persönlich und über eine Online-Terminvergabe geregelt wird.“
Verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis
Ein mittlerer sechsstelliger Betrag wurde in das Projekt investiert. „Ich bin selbst kein großer Konsument, aber ich freue mich, dass das Thema Cannabis entkriminalisiert wird“, sagt Reinhardt. „Wir als Verein sind jetzt in der Pflicht, zu zeigen, dass wir es ernst meinen und mit dem Thema verantwortungsvoll umgehen. Schließlich arbeiten wir auch gegen das Vorurteil an, dass jeder, der Cannabis raucht, gleich ein Drogensüchtiger ist.“
Dass durch einen möglichen Regierungswechsel der Traum vom legalen Cannabis-Anbau schnell ausgeträumt sein könnte, beunruhigt Reinhardt nicht. „Die Umsetzung des Gesetzes hat drei Jahre gedauert, ich kann mir nicht vorstellen, dass es nun schnell wieder gekippt werden könnte. Dafür bräuchte die CDU auch einen Koalitionspartner, der mitzieht – von den juristischen Hürden einer Gesetzesänderung einmal abgesehen“, sagt der studierte Bauprojektmanager. Was das Thema angeht, bleibt er – nüchtern betrachtet – ganz entspannt.
Kontakt
Southside Organics
Infos über den Fellbacher CSC finden sich auf der Homepage www.southsideorganics.com