Darja Varfolomeev holte Olympia-Gold und elf WM-Titel in der Sportgymnastik. Laut ihres Managers Klaus Kärcher ist sie eine „absolute Ausnahmeerscheinung“ – mit großem PR-Potenzial.
Sie ist erst 18 Jahre alt – aber längst die erfolgreichste Sportgymnastin der Welt. Darja Varfolomeev wurde 2024 in Paris Olympiasiegerin und gewann nun bei der WM 2025 in Rio de Janeiro, wie bereits bei der WM 2023 in Valencia, erneut fünf (!) Goldmedaillen. Für ihren Manager Klaus Kärcher gehört die Athletin aus Fellbach-Schmiden schon jetzt zu den Weltstars des Sports. Nun geht es auch um die Frage, ob und wie sich ihre Erfolge versilbern lassen.
Herr Kärcher, wie haben Sie in Rio de Janeiro die WM-Triumphe von Darja Varfolomeev erlebt?
Es ist eine unglaubliche Geschichte. Seit drei Jahren ist Darja Varfolomeev die unangefochtene Nummer eins in ihrer Sportart, sie wurde 2024 in Paris Olympiasiegerin und hat nun wie schon bei der WM 2023 erneut fünf Goldmedaillen gewonnen. Was sie mental leistet, ist für mich nicht zu begreifen. Sie ist absolut einmalig.
Sie haben auch schon etliche andere Top-Athleten betreut...
... das stimmt. Aber In meinen 45 Jahren als Sportmanager habe ich so eine absolute Ausnahmeerscheinung wie Darja Varfolomeev noch nicht erlebt.
Was zeichnet sie besonders aus?
Ihr Fleiß. Ihr unbändiger Wille, hart zu arbeiten. Ihre Intelligenz. Ihre Fähigkeit, sich auf den Punkt konzentrieren zu können. Ich bin immer noch baff, wie sie auch bei dieser WM ihr Ding durchgezogen hat. Das war grandios. Es ist unglaublich, welche Energie in diesem schlanken Körper steckt.
Sie hat wieder fünf Titel geholt...
... was eine sensationelle Leistung war. Mehr geht kaum.
Nur in der Einzelkonkurrenz mit dem Reifen stand sie nicht auf dem Treppchen. War sie darüber enttäuscht?
Ihr Ziel ist, in jedem Wettbewerb ihr Bestes zu geben und das Maximum zu erreichen. Mit dem Reifen hat das nicht geklappt, was mir zwei Dinge zeigt.
Welche?
Dass auch Darja Varfolomeev keine Maschine ist. Und dass Titel selbst für eine Ausnahmeerscheinung wie sie keine Selbstverständlichkeit sind. Sie war mit großem Abstand die konstanteste Athletin bei der WM – aber auch sie darf sich keine Fehler erlauben, um am Ende siegen zu können.
Danach ging es trotzdem erfolgreich weiter.
Richtig, und das hat mich total beeindruckt. Der Reifen war das erste Gerät am Finaltag, doch diesen Dämpfer hat sie herausragend weggesteckt und anschließend noch drei Einzel-Titel geholt. Das war ein neuerlicher Beweis für ihre unglaubliche mentale Stärke.
Wer hat sie in Brasilien unterstützt?
Eine kleine Abordnung aus Schmiden war dabei, wichtig war aber natürlich vor allem ihre Mutter Tatjana. Sie wurde übrigens selbst zu einem Social-Media-Phänomen: Ein Video von ihr, in dem zu sehen ist, wie emotional sie auf der Tribüne mit ihrer Tochter mitfiebert, wurde mittlerweile auf Instagram millionenfach geklickt (lacht).
Wo war ihr Vater?
Einen trifft es immer: Er musste daheim in Fellbach bleiben und den Hund hüten.
Zurück zu Darja Varfolomeev: Wie würden Sie ihre Leistungen bei den Olympischen Spielen und den beiden letzten Weltmeisterschaften einordnen?
Sie steht fraglos auf einer Stufe mit den ganz großen Sportstars dieser Welt. In Deutschland sehe ich derzeit keine Athletin, die mit ihr vergleichbar wäre.
Wie geht es für sie nun weiter?
Bis zum Donnerstag sind wir unter Begleitung einiger TV-Teams in Brasilien unterwegs, danach macht sie gemeinsam mit ihrer Mutter einen ganz privaten Urlaub. Erst in Brasilien, dann fliegen sie weiter in Richtung USA. Mitte September werden die beiden zurück in Deutschland sein. Anschließend gilt der volle Fokus der WM 2026 in Frankfurt.
Und Sie werden sich ab sofort verstärkt der Aufgabe widmen, die Erfolge von Darja Varfolomeev zu versilbern?
Das mache ich schon länger – mit einer klaren Strategie: Uns ist wichtig, ihre absolut außergewöhnliche sportliche Leistung zu vermarkten. Es kommt uns auf die Qualität an, nicht auf die Quantität von Followerzahlen in sozialen Medien.
Kann man mit Goldmedaillen in der Rhythmischen Sportgymnastik reich werden?
Bisher nicht. Dafür ist die Sportart noch nicht bekannt genug. Wir versuchen, die Popularität der Rhythmischen Sportgymnastik zu erhöhen, was nicht einfach ist. Wenn Darja Varfolomeev vergleichbare Erfolge als Tennis- oder Fußballspielerin hätte, wäre ihre finanzielle Situation eine ganz andere.
Welche Rollen spielen Prämien und Sportförderung?
Von ihren Erfolgen allein könnte sie kaum leben, da geht es ihr wie vielen anderen Athletinnen und Athleten aus Randsportarten. Das deutsche Sportsystem bietet hier nicht die nötige soziale Absicherung, Ohne Einnahmen aus der Vermarktung geht es nicht.
Wie groß ist das PR-Potenzial von Darja Varfolomeev?
In der Theorie sehr groß. Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit, Eleganz – sie bringt alles mit, um auch außerhalb der Sporthalle ein großer Star zu werden, der Unternehmen mit qualitativen Top-Produkten gut zu Gesicht steht.
Wie viele Werbepartner hat sie bisher?
Drei sehr wertvolle, und wir hoffen, dass nun vor der Heim-WM 2026 noch ein paar hinzukommen – auch weil sie einen großen Vorteil mitbringt.
Welchen?
Anders als bei Leichtathletin Alica Schmidt, von deren 5,5 Millionen Followern bei Instagram und zwei Millionen Followern bei TikTok mehr als 90 Prozent männlich sind, sind 85 Prozent der Follower von Darja Varfolomeev in den sozialen Medien weiblich. Das ist für viele Unternehmen, zum Beispiel aus der Kosmetik- oder der Gesundheitsbranche, natürlich eine sehr interessante Zielgruppe. Daraus ergeben sich große Möglichkeiten: Wir können einen Markt abdecken, den in dieser Form keine andere Sportlerin in Deutschland bespielen kann. Es geht nun darum, Darja und ihre Sportart noch populärer zu machen – dabei sind wir auf einem sehr guten Weg.
Würde es helfen, wenn sie künftig – ähnlich wie Alica Schmidt – eher als Influencerin denn als Sportlerin auftreten würde?
Das ist für uns keine Überlegung wert.
Warum nicht?
Wer im Sport zur absoluten Weltspitze gehören will, muss sich zu 100 Prozent auf seine Leistung fokussieren. Zu viele PR-Termine sind schon ein Zwiespalt, für Reels und Posts bleibt aber sicher keine Zeit. Darja Varfolomeev will auch weiterhin als Weltklasse-Leistungssportlerin überzeugen, nicht als Influencerin. Ich unterstütze das voll, denn eine Athletin mit einem derartigen Potenzial wird es in Deutschland so schnell nicht wieder geben.