Die Türmchen neu eingedeckt, die Steinfassade herausgeputzt: die Luxusimmobilie Uhenfels ist für viele Millionen restauriert worden. Foto: Gottfried Stoppel

An der Albkante hoch über Bad Urach steht eine sanierte Immobilie zum Verkauf. Schloss Uhenfels hat einst einer jüdischen Bankiersfamilie gehört und brachte später dem Windkraftpionier Willi Balz wenig Glück.

Bad Urach - Das Schwert gereckt, die Brust gepanzert – so begrüßt ein Ritter die Gäste. Kunstvoll geschmiedet ist der trutzige Eisenbeschlag an der Eingangstür des denkmalgeschützten Gebäudes, das nicht nur durch die bis ins Detail gehende liebevolle Restaurierung auffällt. Das Jagdschloss Uhenfels hoch über Bad Urachs Stadtteil Seeburg (Kreis Reutlingen) steht seit Kurzem zum Verkauf. Eine Rarität auf dem Immobilienmarkt: Luxus trifft dort auf eine wechselvolle Geschichte, die mit einer Enteignung und so mancher Tragödie verbunden ist.

Seine Rettung hat Uhenfels, dessen wetterzugewandte Giebelwand längst bröselte, dem einstigen Windkraftpionier Willi Balz zu verdanken. Der entdeckte das Kleinod mit seinen Zinnen und Toren zufällig beim Segelfliegen. Das Türmchen streckte sich ihm entgegen, die weitläufige Parkanlage drumherum war völlig zugewachsen. Der Unternehmer verliebte sich in das Schloss, dessen Pläne aus dem Jahr 1873 stammen, und holte es mit vielen Millionen aus dem Dornröschenschlaf. Ein Tagungszentrum wollte er auf dem Gelände errichten, einen Ort für Menschen aufbauen, die den rauen Charme der Schwäbischen Alb an dieser abgelegenen Ecke schätzen. Der Uracher Gemeinderat stellte 2010 extra einen Bebauungsplan auf und war froh, dass gerade noch rechtzeitig ein Schlossliebhaber herbeigeflogen war. Doch anders als im Märchen gab es zunächst kein glückliches Ende. Der Unternehmer Balz musste Insolvenz anmelden, und das fast fertig restaurierte Schloss ging 2015 in die Zwangsversteigerung. Eine Schweizer Immobiliengesellschaft griff für 1,5 Millionen Euro zu, ein Schnäppchen, wie der Rechtspfleger am Reutlinger Amtsgericht damals kommentierte.

1899 hat der Hamburger Bankier Georg Warburg das Schloss gekauft

Gegen Willi Balz hat die Staatsanwaltschaft inzwischen die Anklage wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs in Millionenhöhe erhoben. Dabei wäre er eines Tages so gerne selbst in das Schloss mit seinen 228 Quadratmetern Wohnfläche eingezogen. Er ist nicht der einzige Besitzer, der unfreiwillig die Immobilie abgeben musste. Die jüdische Familie Warburg hatte als Besitzer von Uhenfels ebenfalls so manchen Höhen- und Tiefflug erlebt – bis hin zur Vertreibung aus der Heimat. 1899 hat der Hamburger Bankier Georg Warburg das Schloss samt benachbartem Hofgut gekauft und sich mit seiner Familie hoch dem Bergrücken oberhalb von Seeburg eingerichtet. Er war als Wohltäter und Gönner sehr angesehen in der Gegend, saß im Gemeinderat und stiftete 1919 ein Kriegerehrenmal. Er starb 1923, doch seine Frau Lucie sah sich den Repressalien des Nationalsozialismus ausgesetzt, sie rettete sich nach London. Per Gerichtsbeschluss wurden die Warburgs enteignet, Schloss und Hofgut gingen an die Gemeinde Trailfingen.

Erst etliche Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg forderte der auf Uhenfels geborene und aufgewachsene Sohn Siegmund Warburg den Besitz wieder zurück – mit Erfolg. Als Bankier machte er in London Karriere und wurde geadelt. Das Anwesen im Schwäbischen ließ er durch den Stuttgarter Bankier Blankenfeld verkaufen, der das Schloss und ein Stück Park für eine überschaubare Summe für sich behielt.

Von den Bausünden aus den 50er Jahren ist nichts mehr zu sehen. Der Architekt Matthias Ballhaus, der seit Beginn der Restaurierungen die Arbeiten koordiniert, schimpft beim Rundgang über die weiße Farbe, mit der alles übermalt worden war: die kostbaren Fliesenböden, Holztäfelungen und Decken. „Das war zeitgemäß, die wollten das Historische nicht mehr sehen“, sagt Ballhaus, der in enger Absprache mit dem Amt für Denkmalpflege Schicht für Schicht hat abtragen lassen und selbst überrascht war, welche Kostbarkeiten unter der Farbe versteckt waren.

In der früheren Schlachtkammer steht eine Hightech-Küche

Mit Bedacht wurde das Schloss modernisiert. In der früheren Schlachtkammer steht eine Hightech-Küche, die Heizung ist unsichtbar in den Wänden verbaut, und das Tor an der Auffahrt lässt sich per App auf dem Handy öffnen. „Es war ein tolles Arbeiten“, sagt Matthias Ballhaus, der Wert darauf legte, den Stil zu bewahren. Er ließ einen gusseisernen Stubenofen aus dem Jahr 1880 im Saal im Erdgeschoss aufbauen und suchte Spezialisten, die Kastenschlösser schmieden oder den Speiseaufzug reparieren konnten.

„Mir ist das eine Herzenssache“, sagt Ballhaus und hat ein Exposé erstellt, mit dem für die Immobilie geworben werden soll. Eine Klinik könnte dort eingerichtet werden oder ein Seminarhaus für Manager. Ballhaus hofft, dass der neue Besitzer ein Hiesiger sein wird, der gelegentlich die Türen für die Öffentlichkeit aufmacht – und kein Milliardär aus China. „Sonst verschwindet das Schloss hinter einem Hochsicherheitszaun.“