Jede Show des Tina-Turner-Musicals ist ein Sturm. Bei der Dernière aber steigt die Orkanstärke noch weiter an – und im Publikum sind sich alle einig: Was Aisata Blackman und das gesamte Ensemble liefern, ist – Simply the Best!
Stuttgart wird energieärmer! Kaum ein anderes deutschen Musical ist mit so viel Energie aufgeladen wie „Tina“. Nach anderthalb Jahren und 633 Shows wird am Sonntagabend stürmisch und sehr ergreifend Abschied im ausverkauften Apollo-Theater gefeiert. Die Fans, die Cast und erst recht die Kinderdarstellerinnen, die ganz maßgeblich zum Erfolg beigetragen haben, hätten gern noch weitergemacht. Die Nachfrage nach Karten jedenfalls hat kaum nachgelassen. Doch die Stage Entertainment braucht Platz für Disneys „Eiskönigin“, die im November nach drei Hamburg-Jahren im wilden Süden Premiere feiert. Der Vorverkauf dafür, so ist zu hören, bricht schon jetzt alle Rekorde.
Möglicherweise wird das Musical, das die Lebensgeschichte von Tina Turner mit allen Höhen und Tiefen in einer Eigenproduktion des deutschen Marktführers Stage aufzeichnet, demnächst in Wien zu sehen sein. Verhandlungen mit den Vereinigten Bühnen sollen kurz vor dem Abschluss sein, heißt es. In ihrer Begrüßung zum Abschied erinnert Theaterleiterin Constanze Müller daran, dass die Queen of Rock zwei Monate nach der Stuttgart-Premiere gestorben ist. „Diese Show ist ihr Vermächtnis“, sagt die Chefin des Apollo-Theaters, „und deshalb hatten wir eine besondere Verantwortung mit den Aufführungen.“
Zum Abschied haben die Fans von Tina Turner auf allen Sitzen LED-Lichter verteilt, die zum Song „We Don’t Need No Other Heroes“ (Wir brauchen keine andere Helden) aufleuchten. Fast alle kleinen Tinas und ihre Schwester Alline sind gekommen – nach dem frenetischen Schlussapplaus dürfen sie backstage zur Hauptdarstellerin Aisata Blackman. „Am nächsten Tag haben die Kinder schulfrei“, sagt eine Mutter.
Unter den Gästen der Dernière sind TV-Star Daniela Ziegler, der frühere Musicaldarsteller und heutige Konzertveranstalter Peter Stassen, Christina Semrau vom Kinderhospiz, Stage-Chefin Uschi Neuss, die Musicalstars Maryanne Kelly, Dani Spampinato und der „Tarzan“ von gegenüber. Terence van der Loo hat in dieser Nacht den Urwald verlassen und lässt sich dort vertreten, weil beim Tina-Turner-Musical seine Freundin Arletta Boland mitspielt, die wie er ebenfalls aus Holland kommt.
Disneys „Tarzan“ wird noch ein Jahr in Stuttgart bleiben mit van der Loo in der Hauptrolle. Nächstes Frühjahr bekommt er im Palladium-Theater Verstärkung von TV-Star Alexander Klaws, der von Januar bis April an mehreren Tagen erneut von Liane zu Liane schwingt – seine Paraderolle hatte der 41-Jährige 2010 in Hamburg bereits gespielt. Mit der Promi-Verpflichtung will die Stage noch mal der Show zur Aufmerksamkeit verhelfen. Klaws gibt bereits am 25. November im Palladium Theater ein Weihnachtskonzert.
Was im November 2025 in Stuttgart auf „Tarzan“ folgt, ist noch nicht bekannt. Wird es endlich eine richtige Deutschland-Premiere, wie es die beiden Theatern auf den Fildern schon lange nicht mehr erlebt haben? Die Stage Entertainment hatte versprochen, dass sie nicht immer nur Aufgüsse aus Hamburg nach Möhringen entsenden will. „Herkules“ dürfte nicht nach Stuttgart kommen – das Musical floppt an der Alster.
Während noch unklar ist, wie der komplette Spielplan für 2025 aussehen wird, steht eines fest: Hauptdarstellerin Aisata Blackman bleibt in Stuttgart, in der Stadt, in der die echte Tina Tuner 1976 auf der Flucht vor Ike Turner lebte, wie unsere Zeitung herausgefunden hat. Im Dachswald kam sie bei ihren deutschen Freunden unter und besuchte unter anderem das Cannstatter Volksfest.
Die Holländerin Aisata Blackman wunderte sich, als auswärts Kollegen von ihr sagten, die Menschen in Stuttgart seien zurückhaltend mit ihren Emotionen. „Das totale Gegenteil ist der Fall“, entgegnet die Niederländerin mit karibischen Wurzeln, „die Leute rasten aus, stehen auf, hüpfen, singen und tanzen.“
Ihr Fazit nach anderthalb Jahren als Stuttgarts Tina Turner: „Stuttgart gehört für mich definitiv zu den Städten, in denen mir die Zuschauerinnen und Zuschauer nahezu in jeder Minute zeigen, was sie gerade empfinden – das ist einfach unglaublich schön!“
Dass das Stuttgarter Publikum so heftig reagiert, liegt freilich auch an ihr: Wenn Aisata Blackman, die privat kurze Haare trägt, die Perücke aufsetzt, im Mini-Rock mit langen Beinen über die Bühne schreitet, dabei einen Orkan entfacht, mag man sich die Augen reiben: Ist das nicht . . . Tina, die Echte? Nun aber ist es vorbei. Die Fans sind traurig, freuen sich aber, bei der letzten, vielleicht sogar der besten Show der gesamten Spielzeit, dabei sein zu können.