Die Umgestaltung des Fellbacher Kirchplatzes mit dem Mobilitätshub (rechts) kann erst kommen, wenn wieder genügend Geld in der Stadtkasse ist. Foto: Steinhoff/Haehnel Architekten

Diverse Großprojekte in Fellbach sind angesichts der düsteren Finanzlage vorläufig nicht umsetzbar – neben dem Mobilitätshub an der Stadtbahn-Endhaltestelle auch das neue Feuerwehrhaus und die Trainingssporthalle. Bei der Gewerbesteuererhöhung hofft die Führungsriege im Rathaus auf Zustimmung.

Es waren schmerzhafte Worte, aber sie entsprachen der ernüchternden Wahrheit: Als Johannes Berner, der Erste Bürgermeister der Stadt Fellbach, kürzlich die Details zum Etat fürs Jahr 2025 vorstellte, ließ er auf die Leinwand hinter der Bürgermeisterriege diverse „Folien des Schreckens“ projizieren, wie er es selbst ausdrückte. Im Anschluss konstatierte Oberbürgermeisterin Gabriele Zull beim Blick in die Runde, nun seien angesichts der Botschaften „wohl alle erschlagen“. Denn wie in vielen anderen Kommunen im Rems-Murr-Kreis sind auch in Fellbach die Zeiten der kleinen und erst recht der großen Sprünge vorbei. Auch unterm Kappelberg gilt, was die Waiblinger FDP-Landtagsabgeordnete Julia Goll vor wenigen Tagen konstatierte: „Die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand!“

 

Etliche Projekte werden seit Jahren vorbereitet

Was in Fellbach wohl noch gar nicht so die Runde gemacht hat: Etliche Vorhaben, die seit Langem als notwendig erachtet und bereits seit Jahren vorbereitet werden und die schon diverse Planungsschritte und Beschlüsse hinter sich haben, sind zumindest vorläufig nicht umsetzbar.

Angesichts der klammen Finanzen durch die Ebbe in der Stadtkasse und den deshalb marginalen Investitionsmöglichkeiten erklärte Berner in der Sitzung: „Selbstverständlich ist mit diesen Beträgen kein Feuerwehrneubau an der Bühlstraße zu finanzieren, kein neuer Mobilitätshub in der Stadtmitte und auch keine neue Trainingshalle auf dem Gäuäckerareal.“ Denn: „Angesichts der prekären Lage im Ergebnishaushalt können wir uns weitere kreditfinanzierte Investitionen aktuell nicht leisten.“

Die bauliche Umsetzung solcher Vorhaben sei, so ergänzte die Oberbürgermeisterin, „unter den jetzigen Bedingungen nicht möglich“. Erklärbar wird dies beim Blick auf den Fellbacher Schuldenstand, der in der Prognose für 2026 bei etwas über 102 Millionen Euro liegt, in den beiden Jahren danach knapp unter 100 Millionen.

Komplett beerdigen will man diese im Prinzip völlig sinnvollen Neubauten natürlich nicht. Sobald es die Kassenlage wieder zulässt, könne man sich auch damit wieder befassen. Doch zunächst mal wird die Feuerwehrabteilung der Kernstadt Fellbach weiter von ihrem Domizil in der Wiesenstraße zu den Einsätzen eilen und werden die Sportvereine in den maroden, aber gerade noch tauglichen Sporthallen trainieren und Spiele vor Publikum austragen.

Immerhin gibt’s ein Gutachten zum Nahverkehr

Dass man in Fellbach für diese Projekte noch eine grundsätzliche Perspektive sieht, zeigt sich in den Beschlüssen der vergangenen Wochen: So hat der Gemeinderat Ende September für die künftige Drei-Feld-Trainingshalle in den Gäuäckern die Aufstellung des Bebauungsplans Holzwegäcker beschlossen. Und in der Sitzung des Lokalparlaments an diesem Dienstag geht es bei der Neuen Mitte zumindest um die Präsentation eines Gutachtens zum öffentlichen Nahverkehr. Denn wenn eines fernen Tages die Stadtbahn-Haltestelle Lutherkirche tatsächlich 100 Meter früher als bisher endet, sollen Busfahrpläne und Streckenverläufe geändert werden – eventuell inklusive einer neuen Citybus-Linie im Fellbacher Oberdorf.

Doch mit all den Reduzierungen bei den Investitionen und mit der allgemeinen Kürzung der Sachkostenbudgets um 20 Prozentpunkte in den Abteilungen im Rathaus wird es nicht getan sein. Und so haben die OB und der Erste Bürgermeister in ihrer Haushaltseinbringung eine Erhöhung des Hebesatzes der Gewerbesteuer um 20 Prozentpunkte auf künftig 415 Prozent vorgegeben.

Waiblingen will Gewerbesteuer auf 380 Punkte erhöhen

Ein Vorstoß, der auch in Waiblingen registriert wurde. Dort strebt die Verwaltungsspitze ebenfalls eine Erhöhung um 20 Punkte an – allerdings von 360 auf 380 Punkte. OB Sebastian Wolf: „Wir sind damit immer noch deutlich unter den Werten unserer umliegenden Gemeinden und Städte. Beispielsweise hat Fellbach aktuell 395 Punkte und möchte auf 415 Punkte erhöhen.“

Die kleine Spitze des östlichen Nachbarn ficht die Fellbacher Führungsriege allerdings nicht an. Die Erhöhung des Hebesatzes bringe der Stadt in der Summe rund zwei Millionen Euro mehr als bisher. Dabei sei die Steigerung für den einzelnen Betrieb gar nicht so enorm, erläutert Berner; zahlreiche seien auch gar nicht betroffen.

Vergangene Woche pilgerten rund 60 Mitglieder des Gewerbe- und Handelsvereins Fellbach, des Gewerbevereins Schmiden-Oeffingen und der Industrievereinigung Fellbach in den großen Ratssaal. Die Stadt hatte zu einem Informationsgespräch geladen und stellte ihre Position dar. Ein Argument: „Um die ,Genehmigungsfähigkeit’ des Haushalts und unsere künftige Handlungsfähigkeit sicherzustellen“, plädiere man für eine Erhöhung um 20 Punkte.

Gewerbetreibende reagieren mit Verständnis

Zwar habe es vereinzelt heftige Protestreaktionen gegeben, heißt es. Doch ansonsten hatten die Stadt-Verantwortlichen den Eindruck, dass ihre Erläuterungen auf großes Verständnis gestoßen seien.

Das alles ist jedoch nur deshalb nötig, weil die große Politik in Bund und Land den Kommunen immer mehr Aufgaben zuweisen (etwa bei der Kinderbetreuung), ohne diese finanziell entsprechend auszustatten. Diese „strukturelle Misere“ (Berner) gelte es endlich zu beheben. Doch alle Interventionen bei Abgeordneten gingen ins Leere.

Gemeinderat In der öffentlichen Sitzung an diesem Dienstag, 26. November, werden die Fraktionen ihre Stellungnahmen zu den Kürzungsvorschlägen und zur geplanten Gewerbesteuererhöhung abgeben. Beginn ist um 17 Uhr im großen Saal des Fellbacher Rathauses.