Ein Mann mit vielen Gesichtern: Bob Dylan Foto: dpa

Wer ist der Musiker, dessen Karrierestart im Biopic „Like A Complete Unknown“ erzählt wird? Ganz genau weiß das bis heute niemand. Denn der stetige Wandel treibt nach wie vor das Schaffen von Bob Dylan an, der auch mit 83 noch Haken schlagend den Erwartungen seiner Fans entwischt.

Immer wieder die Royal Albert Hall in London, einer der würdigsten Orte in Europa für die Präsentation von Musik: Knapp ein Jahr nach dem Newport Folk Festival 1965 – auch in James Mangolds Biopic „Like A Complete Unknown“ Bob Dylans musikalischer Wendepunkt – rief bei seinem Konzert in der Free Trade Hall von Manchester ein empörter Fan tatsächlich dem Sänger „Judas!“ entgegen, woraufhin der ob seiner musikalischen Elektrifizierung Gescholtene seine Band bekanntlich anwies, „Like a Rolling Stone“ „verdammt laut“ zu spielen. Die berühmt gewordene Auseinandersetzung, die Mangold kreativ um ein Jahr vor- und jenseits des großes Teiches verlegt, erschien Jahrzehnte später bei Columbia Records auf dem Konzertmitschnitt, der, einen frühen Bootleg-Beschriftungsfehler zitierend, wiewohl in Manchester entstanden, von Dylans Plattenfirma „The Royal Albert Hall Concert“ genannt wurde. Das hörenswerte Live-Album aus dem Dylan-Archiv zeigt, wie lange die Aufregung, ja, auch die Abscheu, ob der zur Explosion gebrachten Erwartungen an den Musiker tatsächlich währte, der Dylan die radikalstmögliche Erweiterung des Folk-Begriffes entgegensetzte.