Die Oberbürgermeister Matthias Knecht aus Ludwigsburg und Matthias Klopfer aus Esslingen werben in Zeiten von Kürzungsdebatten für eine starke Kulturregion.
Kultur steht in vielen Kommunen mit auf der Streichliste. Angesichts knapper Kassen stehen auch Netzwerke der Region auf dem Prüfstand. Als Vorsitzender der Kulturregion kämpft Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht um den Erhalt interkommunaler Netzwerke und Angebote. Auch sein Esslinger Kollege Matthias Klopfer spürt als Vorsitzender von Regio Tourismus und Marketing Skepsis. Für ihn ist Kultur ein wichtiger Standortfaktor.
Herr Knecht, Herr Klopfer, von den Angeboten der Kulturregion und regionaler Netzwerke profitieren die Kommunen – in Zeiten knapper Kassen steht das auf dem Prüfstand. Wieso sind solche Verbände unverzichtbar?
Matthias Knecht: Das Geld, das die Kommunen in die Kulturregion und in interkommunale Verbände investieren, ist jeden Cent wert. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass in Zeiten knapper Kassen solche Mitgliedschaften immer hinterfragt werden. Das ist fast schon ein natürlicher Reflex. Aus Sicht der Kulturregion können wir dem einiges an Angeboten und Vorteilen entgegensetzen.
Matthias Klopfer: Als Vorsitzender des Vereins Regio Tourismus und Marketing ist man im Vorstand der Kultur- und auch der Sportregion. Ich bin überzeugter Interkommunaler – deshalb war ich Aufsichtsratsvorsitzender der Remstalgartenschau mit 16 Kommunen, drei Landkreisen und zwei Regionen. Da habe ich gespürt, was es bedeutet, wenn 21 Akteure zusammenarbeiten. Das hat meine Arbeit geprägt.
Wie steht es in den anstehenden Haushaltsberatungen um Gelder für die Kulturregion?
Klopfer: Ich will keinen Hehl daraus machen, dass es ernst wird für die Region. Immer wieder höre ich von Kollegen, dass der Austritt zur Debatte steht. Da versuche ich, sie vom Mehrwert auf kultureller, sportlicher und touristischer Ebene zu überzeugen. Zum Teil kann ich die Nöte nachvollziehen. Besonders schmerzhaft war für uns der Austritt der Stadt Reutlingen aus Regio e.V. Das wurde damit begründet, dass man sich auf die Tourismusgemeinschaft Schwäbische Alb konzentrieren wolle.
Knecht: Bei uns in Ludwigsburg steht der Austritt aus diversen Institutionen in der Konsolidierungsliste. Wir hatten 1800 Vorschläge aus der Mitarbeiterschaft, aus dem Gemeinderat und aus der Gesellschaft erhalten, wo wir sparen können – die haben wir auf 900 reduziert. Da stehen auch regionale Netzwerke und das Deutsch-Französische Institut auf der Streichliste. Wir kämpfen als Stadtspitze mit aller Kraft für den Erhalt. Gegenüber den Kürzungsdiskussionen dürfen wir uns jedoch nicht sperren. Das ist unsere Realität. Aber Sachargumente sind zu berücksichtigen. Das sind unter anderem Fördermittel, Vernetzung, Sichtbarkeit und höhere Schlagkraft.
Beim biennalen Festival der Kulturregion arbeiten Kommunen mit Kunstschaffenden zusammen. Bei der letzten Auflage fehlten einige Städte aus dem Kreis Esslingen. Wie bleibt so ein Festival zukunftsfähig?
Knecht: Das Festival muss aus sich selbst heraus leben. Wir müssen es klug aufstellen, sodass die Personalbelastung für die Kommunen geringer ist. Da gilt es, Institutionen und Vereine ins Boot zu holen. Unser Ziel muss es sein, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen zu erreichen – auch jene, die schwerer für die Kultur zu interessieren sind. Der Mehrwert des Festivals ist, dass die Gesellschaft spürt, was die Kulturregion verkörpert. Klar ist auch, dass wir Stiftungen und Unternehmen brauchen, die uns da unterstützen.
Klopfer: Als Mitglied der Regionalversammlung weiß ich, dass dort die Arbeit von Region e.V., der Kultur- und der Sportregion, großen Anklang findet. Am Ende leben die Angebote von Impulsen und vom Engagement der Kommunen. Wir werben dafür, dass man zusammen mehr erreichen kann. Gleichzeitig ist klar, dass der Großteil der Mittel für die Kultur in Esslingen wie auch in Ludwigsburg in städtische Angebote fließt. Die Esslinger Landesbühne finanzieren wir mit. Außerdem haben wir neu eine Förderung der Central-Theaters und der inklusiven Tanzkompagnie Grégory Darcy beschlossen. In den kommenden Jahren investieren wir in die Stadtbücherei. Wir müssen noch mehr kleinere Kommunen für das regionale Netzwerk gewinnen. Dankenswerterweise ist die Stadt Stuttgart solidarisch und stärkt die Region.
Wie lassen sich die Menschen für die Kulturregion gewinnen?
Knecht: Wichtig ist, dass wir sichtbar sind. Wir können nicht allein durch Unterstützung bei der täglichen Arbeit oder durch Fördermittel-Beratung überzeugen. Wir erzielen einen Mehrwert, wenn wir die Kultur in den Kommunen zeigen. Da ist das nächste Festival, bei dem es um gemeinsames Spielen im öffentlichen Raum geht, ein wunderbares Beispiel. Gemeinsam spielen fasziniert die Menschen. So gewinnen wir sie für die Kultur.
Wie stufen Sie die gesellschaftliche Bedeutung der Kultur ein?
Klopfer: Im harten Wettbewerb der Regionen ist die Kultur ein Standortfaktor. Säulen wie Kultur, Sport und Region sind wichtig, um etwa im Kampf um Fachkräfte vorn zu liegen. Doch ich mache mir nichts vor: Die Schlossfestspiele in Ludwigsburg etwa haben eine größere Strahlkraft als die Kulturregion. Doch sie ergänzt das kommunale Angebot und ist wertvoll.
Knecht: Kultur ist ein wichtiger Kitt für die Gesellschaft. Deshalb haben wir die Kultur in Ludwigsburg im Stadtentwicklungskonzept festgeschrieben. Das Thema zählt bei uns dem neben sozialem Wohnungsbau, Wirtschaftsförderung, gesellschaftlichem Zusammenhalt, Klimaanpassung und Bildung zu den wichtigsten. Wir haben klare, vernetzte Ziele: Die Kultur hat einen Bildungsauftrag und trägt zum sozialen Zusammenhalt bei. Eine wichtige Aufgabe ist es, den Standort attraktiv zu halten. Wir müssen die Passgenauigkeit erhöhen. Die Schlossfestspiele etwa haben internationale Strahlkraft, ziehen ein breites Publikum an. Die Spielzeit mit klassischer Musik und Tanz läuft auch sehr gut, aber wir müssen Mittel priorisieren, wenn wir auch Theater, Comedy, Pop und Musicals haben wollen. Heißt für mich weniger Klassik neben starken Schlossfestspielen. Das Forum bleibt unsere Spielstätte Nummer 1. Das Angebot wird aber vielfältiger.
Wie lässt sich die Finanzierung verbessern?
Klopfer: Wir müssen Wege finden, wie wir mehr Geld einnehmen, ohne jemanden auszuschließen. Ein großer Teil des Publikums kann höhere Preise mittragen. Für die sozial Schwächeren machen wir Teilhabe dennoch möglich. Kultur ist ein Wirtschaftsfaktor. Die Konzerte auf der Esslinger Burg sind sehr erfolgreich, ohne dass da Steuergelder fließen. Steuermittel sollten wir für die Projekte einsetzen, die ein breites Publikum an Kultur heranführen. Den Merkelpark haben wir mit Kunst und mit dem Kulturkiosk „Fuenfbisneun“ geöffnet. In die Galerie Villa Merkel kommen weniger Menschen. Da wäre zu erwägen, sie bei freiem Eintritt ins Kunsthaus einzuladen. So gewinnen wir neues Publikum.
OBs engagieren sich für die Region
Matthias Klopfer
Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer war von 2012 bis 2022 Vorsitzender der Sportregion Stuttgart. Seit 2022 ist er Vorsitzender des Vereins Regio Marketing und Tourismus. Klopfer ist stellvertretender Vorsitzender der Kulturregion und Vorstandsmitglied der Sportregion. Er ist für die SPD im Regionalparlament vertreten.
Matthias Knecht
Vorsitzender der Kulturregion Stuttgart ist der parteilose Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht. Die Kulturregion Stuttgart setzt sich aktiv für die Entwicklung und Förderung von Kultur in der Region ein und ist dabei ein wichtiger Multiplikator für die Mitgliedskommunen. Deren kulturelle Aktivitäten macht der Verband sichtbar.