Trotz Regens und defekten Mikros haben rund 9 600 Fans im Schlosshof gefeiert. Im Gespräch mit Fans wird deutlich, wie viele Facetten der Rapper hat – von Straßenrap bis Chartpop.
Der Vorhang fällt, Sido steht mit seiner verchromten Totenkopfmaske auf der Bühne und eröffnet mit dem Song „Steig ein“ das Konzert bei den KSK Music Open im Ludwigsburger Schlosshof. In der Minute, als der Rapper auf die Bühne tritt, beginnt es zu regnen. Nein, es fängt an zu schütten. Und hört so schnell nicht wieder auf.
„Kennt Ihr den noch?“, fragt er das Publikum und spielt mit „Mein Block“ den Song aus seinem Debütalbum „Maske“, der ihn in Deutschland so richtig bekannt gemacht hat. Angefangen bei „Aggro Berlin“ entwickelte er sich über die Jahre zum Solokünstler und zeigte sich im Jahr 2005 erstmals ohne Maske.
25 Jahre Sido
Seine 25-Jahre-Jubiläumstour ist eine Reise durch die Karriere des Berliners. Immer wieder werden Filmsequenzen eingespielt – und als das „Aggro Berlin“-Banner fällt, geht es auch auf der Bühne ohne Maske weiter.
„Es regnet in Strömen und ihr seid trotzdem alle hier“, bedankt sich Sido immer wieder bei den rund 9 600 Fans, die mit Regenjacken und Ponchos dem Wetter trotzen. Einige haben aufgegeben, sich vor dem sintflutartigen Regen zu schützen, ihre T-Shirts ausgezogen und tanzen in den Pfützen. Und auch das Mikrofon des Künstlers gibt auf und muss gegen eine wasserfeste Version getauscht werden.
Vom Schulhof bis zum Schlosshof – Sidos Musik als Lebenssoundtrack
Für viele Fans ist das Konzert eine Zeitreise durch ihr eigenes Leben. Adrian Harbig, geboren in Berlin, sei mit Aggro Berlin aufgewachsen. „Mein erste CD hab ich mir damals auf dem Schulhof gekauft“, erinnert sich der 34-Jährige. Für ihn ist die Entwicklung vom Ghetto-Rapper zum Popstar kein Problem. „Daran sieht man, dass sich ein Künstler weiterentwickeln kann. Ich finde die neuen Lieder auch brutal.“ Er sei nach wie vor Fan des Künstlers und habe sich im Schlosshof eine neue CD gekauft – so schließt sich der Kreis für ihn.
Inzwischen ist auch Sido auf der Bühne völlig durchnässt und macht sich einen kleinen Spaß aus den Anspielungen des Publikums, das immer wieder die Melodie seines provokantesten Songs anstimmt – der auf besonders vulgäre Weise Analsex thematisiert. „Was wollt ihr da hören? Ihr wolltet doch eine Familienshow“, antwortet er seinen Fans. „Wie alt bist du?“, fragt er ein 9-jähriges Kind, das in der ersten Reihe steht. Mit den Worten „Jetzt spiele ich erst einmal was für euch“, kündigt er den Song „Augen auf“ an. Genau dieser Moment ist Sinnbild seiner Wandlung vom Provokateur der Straße zum Popstar für Jung und Alt.
Sido begeistert mehrere Generationen
Tatsächlich sind einige Eltern mit ihren Kindern im Publikum. Auch Ellen aus Freiburg ist mit ihrer Tochter Felicia aufs Konzert gekommen. Anders als man zunächst vermutet, hat die 17-Jährige ihre Mutter zum Sido-Fan gemacht – nicht andersrum. „Vor drei Jahren waren wir zum ersten Mal auf einem Konzert von Sido“, berichtet Ellen. Sie sei sofort begeistert gewesen. Das Konzert in Ludwigsburg ist das dritte, das sie gemeinsam besuchen. Zwei weitere folgen in diesem Jahr noch.
Auch der 18-jährige Nico ist mit seinem Vater hier. „Ich hab früh angefangen, Sido zu hören“, sagt Nico. Es sei einer der wenigen Rapper, die er hört. „Die Message seiner Lieder hat sich im Laufe der Jahre extrem geändert.“ Ob er lieber den Straßen-Rap oder die popigeren Lieder mag? „Die Mischung macht’s.“ Das findet auch Nicolai. Der 39-Jährige ist mit seinen Freunden angereist und kann sowohl den alten, als auch den neuen Sido-Songs etwas abgewinnen. „Ich hab mit ‚Mein Block’ angefangen. Noch richtig mit einem Ghettoblaster auf der Schulter“, sagt er lachend.
Inzwischen steht den Fans das Wasser bis zu den Knöcheln, ein Teil hat das Konzert aufgrund des starken Dauerregens schon frühzeitig verlassen. Der Großteil allerdings feierte bis zum Schluss.