Die Zahl der Kita-Plätze in Stuttgart hat sich deutlich erhöht – und dies auch ohne dass die Stadt neues Personal eingestellt hat. Das ist die Strategie dahinter.
Die Zahl ist respektabel: Die Stadt Stuttgart konnte seit Beginn des Kita-Prozesses durch Angebotsveränderungen 500 zusätzliche Betreuungsplätze schaffen. Das heißt, diese Betreuungsplätze wurden allein durch die Umwandlung von Ganztagesplätzen (GT-Plätze) in Plätze mit verlängerten Öffnungszeiten (VÖ-Plätze) möglich. Im Fall der städtischen Kitas umfassen VÖ-Plätze in der Regel sechs Stunden täglich.
Das bedeutet auch, dass für diese zusätzlichen 500 Kita-Plätze kein neues Personal eingestellt werden musste, was in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Punkt ist. Stattdessen wurden allein die Stellenanteile von Teilzeitkräften besser ausgenutzt. Denn in vielen Fällen – das hat die Praxis gezeigt – reichen diese Stellenanteile für zusätzliche Ganztagesplätze nicht aus, wohl aber für zusätzliche VÖ-Plätze.
Die Stadt betont, dass dadurch keine Familie ihren Ganztagesplatz verloren hat. Alle Eltern mit einem achtstündigen Betreuungsplatz konnten diesen behalten, wenn sie es wollten. Auch musste so gut wie keine Fachkraft die Kita wechseln, um die zusätzlichen Plätze zu schaffen. Das Jugendamt ist mit Personalversetzungen ohnehin sehr vorsichtig, aus Sorge, sonst womöglich Fachkräfte zu verlieren.
Die Stadt setzt auf Mischgruppen
Bei der Umwandlung von GT- in VÖ-Plätze setzt die Stadt Stuttgart auf Mischgruppen. Das bedeutet, dass in einer Gruppe sowohl Kinder mit achtstündiger als auch Kinder mit kürzerer Betreuungszeit sind. Für den Kita-Träger hat das den Vorteil, dass er keine neue Betriebserlaubnis braucht und flexibel reagieren kann, wenn Eltern doch wieder eine längere Betreuung für ihr Kind wünschen. Für Eltern beziehungsweise ihren Nachwuchs bedeutet es, dass sie in einem solchen Fall nicht die Gruppe wechseln müssen.
Das Jugendamt wirbt auch bei den freien Kita-Trägern dafür, GT- in VÖ-Plätze umzuwandeln. Bei diesen ist das Interesse aber insgesamt noch verhalten. Vorangegangen ist zum Beispiel die Ökumenische Kita Killesberg, deren Träger der evangelische Kirchenkreis Stuttgart ist. Ausgangspunkt war, dass in der insgesamt achtgruppigen Kita eine Gruppe aus Personalmangel nicht betrieben werden konnte. Mittlerweile wurde eine Krippengruppe von Ganztag auf VÖ umgestellt. Das gesamte Team und die Eltern waren an diesem Prozess beteiligt. Die Einrichtungsleiterin Maria Siarkou ist mit dem Ergebnis zufrieden, auch wenn die achte Kita-Gruppe bislang noch nicht wieder eröffnet werden konnte.
Stadt Stuttgart hat den Kita-Prozess Mitte 2023 gestartet
Die Umwandlung von Ganztages- in VÖ-Plätze ist Teil des sogenannten Kita-Prozesses der Stadt Stuttgart. Das Jugendamt hatte diesen Mitte 2023 angestoßen. Das Ziel: Trotz des Fachkräftemangels mehr Familien eine bedarfsgerechte und verlässliche Kinderbetreuung anbieten. Beim ersten Kita-Forum im Februar 2024 diskutierten rund 100 Akteurinnen und Akteure der frühkindlichen Bildung – unter anderem Träger, Fachkräfte, Gewerkschaften und Eltern – über das Thema. Im Oktober 2024 fasste der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats den entsprechenden Grundsatzbeschluss. Demnach soll das Ganztagsangebot von damals 90 Prozent bei den Krippen- beziehungsweise 70 Prozent bei den Kindergartenplätzen auf jeweils 60 Prozent reduziert werden. Beim zweiten Kita-Forum im November 2024 wurden Details rund um diesen Prozess vorgestellt.
Bei der dritten Auflage des Kita-Forums am Montagabend im Kursaal Bad Cannstatt präsentierte das Jugendamt Ergebnisse. „Wir haben geliefert“, sagte Katrin Schulze, die Leiterin des Jugendamts, nicht ohne Stolz. Die zuständige Bürgermeisterin Isabel Fezer ergänzte: „Es ist noch immer eine Herausforderung, wir haben insgesamt noch immer zu wenige Kita-Plätze.“ Aber im Unterschied zum ersten Forum hätten sich die verschiedenen Impulse bei der dritten Auflage nicht mehr nur um Fragen der Mangelverwaltung gedreht.
So ging es beim jüngsten Kita-Forum nicht nur um Praxiseinblicke, wie die Umwandlung von GT- in VÖ-Plätze gelingen kann, sondern zum Beispiel auch um die professionelle Begleitung von herausforderndem Verhalten bei Kindern und den Einsatz von Nicht-Fachkräften in Kitas bis hin zur Mitwirkung von Eltern in den Einrichtungen.
Die Stadt als Kita-Träger
Plätze
Die Stadt Stuttgart betreibt aktuell rund 185 Kitas. Laut dem im Frühjahr 2025 veröffentlichten Kitabericht, der die Zeit bis 1. März 2024 umfasst, konnte die Stadt knapp 8800 Plätze für Kinder bis drei Jahren und 19 000 Plätze für Drei- bis Sechsjährige anbieten. Weitere Kita-Plätze sind in Planung. Allerdings können nicht alle Plätze, die auf dem Papier bestehen, auch belegt werden – teils wegen Personalmangel, teils wegen Bauarbeiten. So kommt es, dass noch immer viele Familien in Stuttgart keinen Betreuungsplatz haben. Allein bei den Fünf- und Sechsjährigen geht das Jugendamt aktuell von 235 Kindern ohne Kita-Platz aus.
Versorgungsgrad
Bei den Krippenkindern liegt der sogenannte Versorgungsgrad, also die Prozentzahl, für wie viele Kinder dieser Altersgruppe ein Platz zur Verfügung steht, bei 54 Prozent. Die Stadt strebt 59 Prozent an. Bei den Kindergartenkindern liegt der Versorgungsgrad rechnerisch bei nahezu 100 Prozent. Allerdings gibt es teils große Unterschiede zwischen den verschiedenen Stadtbezirken.