Grafische Darstellung des Corona-Virus Foto: Imago/MiS

Auf Telegram-Kanälen warnen Impfskeptiker derzeit vor den Risiken des „Shedding“ und liefern Tipps für den Schutz gegen Geimpfte. Doch Experten geben Entwarnung.

Das Coronavirus beflügelt die Fantasie der Impfskeptiker schon seit Beginn der Pandemie. Fast im Wochenrhythmus tauchen neue Verschwörungstheorien und halbgare Studien auf, in denen die Corona-Impfung verteufelt wird. Aktuell kursiert die Angst vor dem sogenannten „Impf-Shedding“. Ein Begriff, mit dem Virologen die Freisetzung von Viren aus der Wirtszelle nach erfolgreicher Replikation bezeichnen, und der sich vom englischen Verb „to shed“ – zu deutsch: abwerfen – ableitet.

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Demnach stoßen Geimpfte das Spike-Protein des Coronavirus aus und geben es an Ungeimpfte weiter. Die Übertragung erfolge durch Husten, Hautkontakt oder Geschlechtsverkehr, behaupten Impfskeptiker. Von Juckreiz, Ausschlägen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Zyklusveränderungen und Symptomen, die denen einer Covid-19-Erkrankung ähneln, berichten angebliche Opfer auf diversen Telegram-Kanälen.

Nur Lebendimpfstoffe können übertragen werden

Das Problem ist: Nichts davon ist wahr. „Dieses Gerücht, wie so viele andere Gerüchte zu den COVID-19-Impfstoffen, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage“, sagte eine Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), das die Sicherheit von Impfstoffen in Deutschland überwacht und mögliche Nebenwirkungen erfasst, dem Bayerischen Rundfunk. Eine Ausbreitung des Virus über Geimpfte erfordere ein vollständiges Virus, in den aktuell zugelassenen COVID-19-Impfstoffen sei aber kein vollständiges SARS-CoV-2 Virus enthalten. Lediglich der Bauplan für das Spike-Protein, also nicht mehr als ein Stückchen der Hülle des Coronavirus.

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Einzig bei Impfungen mit Lebendimpfstoffen ist demnach eine Virusübertragung möglich, wobei dies Experten zufolge nicht gefährlich ist – auch nicht für ältere Personen, Kinder oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem. So konnten australische Forscher in einer Studie keinerlei Hinweise auf eine Übertragung des Masern-Lebendigimpfstoffvirus von Mensch zu Mensch finden.

Schlechte Erfahrungen mit Polio-Impfung

Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts kam es bislang nur einmal vor, dass Ungeimpfte durch eine Impfung angesteckt wurden: bei Polio-Schluckimpfungen gegen Kinderlähmung, die mit Lebendviren erfolgte. Die Polio-Schluckimpfung wurde in den 1950er-Jahren eingeführt, wird in Deutschland mittlerweile aber nicht mehr empfohlen.

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