Ein Paar, das Blicke auf sich zieht: Natalia Wörner und Heiko Maas. Foto: dpa

Die Schauspielerin hat Bilder von der angeblich gemeinsamen Wohnung mit dem Justizminister für ein Online-Möbelhaus vermarktet. Homestorys gehören zu den Fallstricken der Politik – aus unterschiedlichen Gründen.

Berlin - Wer zu Natalia Wörner und Heiko Maas an den Esstisch eingeladen wird, versinkt im mausgrauen Samt fein geschwungener Polsterstühle. Von hier schweift der Blick über zartblaue Wände zum Sofa, hinter dem eine Bücherwand intellektuelle Behaglichkeit verströmt. Ob es wirklich so ist? So jedenfalls sieht es auf den Fotos aus, die unlängst das Online-Einrichtungsportal Westwing seinen Kunden zeigte – mitsamt einer lächelnden Natalia Wörner

Der Vorteil dieser Bilder: wer einen ähnlichen Geschmack hat wie die Schauspielerin, der kann sich nun so einrichten – einige der Möbel sind online zu erwerben, der Polsterstuhl „Manhattan“ zum Beispiel für 429 Euro das Stück. Der Nachteil: diese nur scheinbar elegante Form der Werbung entwickelt politische Fallhöhe.

Bilder mit Polsterstühlen und eisblauen Wänden

Die „Bunte“ – Fachblatt für Homestories, über die Politiker stolpern – hatte vergangene Woche die Fotostrecke veröffentlicht. Auf einer Doppelseite mit einem Bild des „Glamourpaares“ wirkte alles so, als hätten die beiden nach Hause eingeladen. Zitat: „Wir sehen einen langen Esstisch, an dem das Paar seine Gäste aus Politik und Film bewirtet“. Die Bilder sind den Beteiligten seitdem offenbar so ungemütlich, dass sie gelöscht wurden – was wiederum die „Bild am Sonntag“ so seltsam fand, dass sie über die „Löschaktion“ berichtete, den Wert der Möbel auf etwas über 9000 Euro berechnete und fragte: Wer hat das bezahlt? Es habe sich um eine „ganz normale“, branchenübliche Kooperation gehandelt, zitierte die Zeitung dann die Sprecherin Wörners. Die Schauspielerin habe dafür Sachleistungen erhalten, die ordnungsgemäß versteuert würden. Alles ganz normal? Ein Satz lässt erkennen, dass man im Hause Wörner-Maas ein Problem erkannt hat: „Heiko Maas war in keinster Weise involviert in diese Kooperation.“

Wie genau das mit dem Nichtinvolviertsein geht, wenn in einem Möbelportal mit einer angeblich gemeinsamen Wohnung geworben wird, bleibt das Geheimnis des Justizministers, denn inzwischen sind alle Beteiligten äußerst schweigsam. Weder die Sprecherin Wörners noch das Onlineportal beantworteten Fragen. Im Justizministerium gibt man sich ebenfalls zugeknöpft. Ein Sprecher ließ lediglich wissen, dass man sich wie immer „zu privaten Angelegenheiten des Ministers nicht äußern“ werde.

Fängt privat immer da an, wo die Inszenierung nicht nutzt?

Nur: was ist privat? Darf man – gerade als Politiker – immer dann auf Privatsphäre pochen, wenn die private Inszenierung nicht nützt, sondern eher Fragen aufwirft? Leute wie Natalia Wörner kennen das Geschäft gut genug um zu wissen: wer seine Türen einmal aufmacht, der bekommt sie schwer wieder zu. Erst vor kurzem klagte die Schauspielerin über die ungebetene Form der Publizität als Lebenspartnerin des Politikers. „Das habe ich unterschätzt“, so Wörner zur FAZ. „Ich habe gedacht, das wird kurz laut und man sagt, o. k., jetzt kurz mal alle innehalten. Und dann geht’s auch wieder weiter.“ Aber warum scheint es für Politiker immer dann besonders schwierig zu werden, das richtige Maß an Öffentlichkeit zu finden, wenn ihr Leben ein bisschen glamourös wirkt? Es ist vielleicht einerseits ein leicht neidischer Blick auf den Luxus, der die Aufmerksamkeit für Verfehlungen schärft.

Mehr allerdings geht es um die Frage von Abhängigkeiten und Verflechtungen: Die Berichte vom Flug-Upgrade für den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff schärften den Blick auf ihn so sehr, dass nach anderen Gesten gewährter Gunst am Ende der geschenkte Bobbycar eines Autohauses zu viel war.

Glaubwürdigkeit, die politisch wichtigste Kategorie

Aber vor allem ist immer da, wo Politiker Türen aufmachen, auch die politischste aller Kategorien berührt: Glaubwürdigkeit. Und die kann über Gedeih und Verderb entscheiden. Der einstige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zum Beispiel, ein Meister der Selbstinszenierung, stolperte nicht über Luxus und Glamour, er nahm die Gattin in sandfarbenen Panamaboots mit im Hubschrauber nach Afghanistan und die Herzen flogen dem reichen Mann zu. Aber als er die Unwahrheit sagte, war es aus.

Als der Kieler SPD-Spitzenkandidat Thorsten Albig jüngst in der „Bunten“ über seine neue Liebe schwärmte, war das nicht entscheidend. Aber als er über seine Ehefrau, die jahrelang Hausfrau war, sagte, man habe sich nicht mehr auf Augenhöhe begegnen können, da wurde das Private eben politisch, und zwar so sehr, dass die weiblichen Wähler ihm die Gunst entzogen. Rudolf Scharping war das erste Opfer einer liebesgetränkten Personality-Story: als der SPD-Verteidigungsminister 2001 für die „Bunte“ mit seiner Freundin auf Mallorca im Pool planschte, zerstörte nicht das gezeigte Glück seine Karriere. Es war die Zurschaustellung von Selbstvergessenheit in einem Moment, in dem die Entsendung von Soldaten nach Mazedonien bevorstand.

Bei Justizminister Maas, der übrigens auch für Verbraucherschutz und Werbung zuständig ist, geht es bisher nur um eine Ungeschicklichkeit, die man jemand, der sein Privatleben gerne schützen möchte, so nicht zutrauen würde. „Jede Wohnung hat so ihre kleinen Geheimnisse“, wird Natalia Wörner in dem Text zu den Möbelfotos zitiert. Diese würde sie sich vielleicht inzwischen zurückwünschen.