Florian Hämmerle aus Fellbach hat die Meisterschule als Landesbester absolviert. Jetzt hat der junge Bierexperte im elterlichen Getränkelager ein Sudhaus eingerichtet.
Wenn Florian Hämmerle an der Theke der Schmidener Eintracht eine Halbe zapft, schenkt er kein x-beliebiges Bier aus. Nein, der goldgelb ins Glas rinnende Gerstensaft ist kein von irgendeiner Großbrauerei in den Fellbacher Stadtteil gekarrtes Massenprodukt, sondern vom Meister persönlich eingebraut.
„Hämmerle-Bräu“ nennt sich der Stoff, der in der Eintracht aus dem Zapfhahn fließt und der gleich nebenan entstanden ist. Am Brunnenplatz, mitten im Ortskern des Fellbacher Stadtteils, existiert seit wenigen Wochen eine kleine Lokalbrauerei. Und Florian Hämmerle, 26 Jahre jung, ist nicht nur Wirt, sondern vor allem Braumeister – der Mann, bei dem Hopfen und Malz nicht verloren sind.
„Ein Sudhaus für echtes Schmidener Bier“
Schräg gegenüber des historischen Rathauses entsteht im ehemaligen Getränkelager der Schmidener Familie buchstäblich ein „Bier von hier“ – süffig, würzig und gerade mal ein paar Treppenstufen von der holzvertäfelten Schankstube entfernt. Hier hat Florian Hämmerle sein Sudhaus eingerichtet, mit Gärbottichen und Edelstahltanks, einem Kühlaggregat und dem Lager für die Sackware.
Wo früher die Mostpresse für den Apfelsaft stand, finden sich jetzt Gerste und Weizen, der fürs Bierbrauen benötigte Hopfen lagert zu intensiv riechenden Pellets gepresst in einem Kühlschrank neben dem Getreide. „Für einen Liter Bier braucht es nur etwa ein Gramm Hopfen“, sagt Florian Hämmerle über die Spezialzutat aus Tettnang und der Hallertau.
Die mit der Brennnessel ebenso wie mit dem Hanf verwandte Pflanze, die sich in den Anbaugebieten an gigantischen Drahtanlagen bis zu sieben Meter in die Höhe rankt, verleiht dem Bier seine Würze und einen Hauch von Bitterkeit, verbessert die Schaumbildung und macht das Getränk auch länger haltbar.
Das alles sprudelt aus Florian Hämmerle förmlich heraus, wenn er von seiner Leidenschaft spricht. Eigentlich ist der junge Braumeister keiner, der besonders viele Worte verliert. Wenn’s um den Gerstensaft geht, kann er aber stundenlang erzählen. Dass ein obergäriger Sud etwa für ein Weizenbier eine Gärtemperatur von etwa 20 Grad braucht, die Temperatur für ein Pils oder ein Märzen aber nicht mal halb so hoch liegen darf beispielsweise. Oder dass es zwar offene Gärbottiche gibt, die Bierbrauer zu viel Luft aber ebenso fürchten wie die Weinmacher – weil zu viel Sauerstoff über Oxidationsprozesse den Sud versauen kann.
Flaschenbier gibt es bei „Hämmerle-Bräu“ auf absehbare Zeit nicht
Gleich neben den Edelstahltanks stehen auch die ersten Fässer mit „Hämmerle-Bräu“. Gebinde mit 50 und 30 Liter Füllvermögen sind für große Festzelt-Veranstaltungen und die Gastronomie gedacht, das 20-Liter-Fässchen für die Geburtstagsparty, sein halb so großes Geschwisterle für den Fußballabend mit den Kumpels. In Bierkisten gepackte Flaschenware, das sagt der 26-Jährige offen, sind bei „Hämmerle-Bräu“ auf absehbare Zeit keine Option.
Zu groß wäre der Aufwand für eine Abfüllanlage, das Problem mit der Flaschenspülung ist für eine Lokalbrauerei logistisch nur schwer zu meistern. Und Sauberkeit ist beim Biermachen ohnehin fast das wichtigste Handwerkszeug. „Bei uns heißt es immer: Der Brauer ist vor allem eine gut bezahlte Putzfrau“, sagt Florian Hämmerle. Freundin Lena und Mutter Martina, als Hygiene-Team im Sudhaus durchaus gefragt, nicken wissend.
Ein zweiter Grund, weshalb eine Abfüllanlage für den flaschenweise gelöschten Bierdurst von Privatkunden aktuell kein Thema ist, sind die sechsstelligen Investitionen in die Lokalbrauerei selbst. Für die Edelstahltanks und Gärbottiche hat die Familie tief in die Tasche gegriffen, gut 200 000 Euro ist die in Schmiden aufgebaute Brauereitechnik wert. Das war ein Schnäppchenpreis, weil es sich laut Florian Hämmerle um eine Vorführanlage handelt, der österreichische Hersteller Flecks ruft für ein Sudhaus dieser Größenordnung normalerweise deutlich höhere Summen auf.
Doch scheitern sollte der Traum des Juniors von der eigenen Brauerei nicht. Seit 160 Jahren hat die Familie ihre Wurzeln in Schmiden, im Jahr 1864 schlug der erste Hämmerle in dem landwirtschaftlich geprägten Dorf als Küfer seine Zelte auf. Seither hat die Getränketechnik die Familiengeschichte bestimmt, mal beim Fässer machen, mal als Lohnmosterei, mal als Lieferdienst für Sprudel, Bier und Limo.
Florian Hämmerle: Ein Meister auf den Spuren der Tradition
Dass Florian Hämmerle irgendwie in die Fußstapfen seiner Vorfahren tritt, war fast logisch. Bei der Brauerei Dinkelacker in Stuttgart hat der 26-Jährige seine Lehre als Brauer und Mälzer absolviert, das mit dem Blick auf den Sudkessel auf rustikale Erlebnis-Gastro ausgerichtete Sophie’s Brauhaus am Feuersee war nach der Ausbildung die erste berufliche Station. Es folgte nach einem Jahr die Meisterschule in Ulm. „Die hat er als Landesbester abgeschnitten, Traumnote 1,0“, sagt Klaus Hämmerle, der stolze Papa.
Die eigene Brauerei war da der folgerichtige Schritt – zumal das Projekt vielversprechend anläuft. Mit dem von Martin und Michael Oettinger betriebenen Schnitzbiegel in der Nachbarschaft gibt es schon erste Kundschaft aus der Gastronomie, auch im Römerhof, dem Lederer-Besen in Rommelshausen, wird Hämmerle-Bräu ausgeschenkt. Und im Bräustüble in der Eintracht geben sich in diesen Wochen die Vereinsvorsitzenden für einen Probierschluck die Klinke in die Hand – von den Pfadfindern Oeffingen bis zum Feuerwehrfest läuft bald Schmidener Bier aus dem Zapfhahn.
Außerdem hat die Familie ja ihr Bräustüble in der Eintracht, mit Mutter Martina in der Küche – Donnerstag, Freitag und Samstag geöffnet. Schon deswegen wird das Bier aus der Lokalbrauerei – der Liter im Fass für 2,70 Euro – möglicherweise schneller ausverkauft sein als den Hämmerles lieb sein kann. Massenware ist das Bier aus Schmiden schließlich nicht – die paar Hektoliter, die Florian Hämmerle übers Jahr einbrauen kann, laufen bei seinem alten Arbeitgeber Dinkelacker sozusagen in einem halben Vormittag durch.
Tradition statt Experiment: Hämmerle setzt auf Genussbier
Wohl auch deshalb setzt der junge Bierexperte übrigens auf eine überschaubar kleine Produktpalette. In den Fässern reifen ein Hefeweizen und ein süffiges Helles, auch ein mit einer Bitternuance ins Glas kommendes Spezial ist im Angebot. Das war’s aber auch schon, verzetteln will sich der Jungbetrieb mit seinem aus einem Zapfhammer und Hopfendolden im Retro-Look bestehenden Signet nicht.
Und mehr braucht’s aus Sicht von Florian Hämmerle auch nicht, die Experimentierkästen der Craftbier-Szene sind nicht seine Welt. „Ihr müsst so ein Bier brauen, dass der Gast gern noch ein zweites Glas trinkt“, hat ihm einer seiner Lehrmeister mit auf den Weg gegeben. Und daran hält der beste Brauer des Landes sich.