Das Rathaus von Beilstein im Kreis Heilbronn ist nicht mehr sicher: Sämtliche Mitarbeiter müssen in ein Ersatzquartier umziehen.
Es sind aufregende Tage für Barbara Schoenfeld. Die Bürgermeisterin von Beilstein im oberen Bottwartal zwischen Ludwigsburg und Heilbronn musste von einem Tag auf den anderen reagieren. „Ein Backstein am Giebel des Rathauses hatte sich schon halb herausgearbeitet“, erzählt sie. Die Chefin der etwa 25-köpfigen Verwaltung bestellte Experten. Seit wenigen Tagen steht ein Gerüst mit einem Netz vor dem schicken denkmalgeschützten Fachwerkgebäude aus dem Jahr 1599. „Sonst hätte für die Passanten Lebensgefahr bestanden.“
Den ersten Schaden entdeckt hatte der Hausmeister. Er hatte bei den derzeit im Obergeschoss stattfindenden Archivierungsarbeiten die Räumlichkeiten überprüft. In dem Geschoss waren jahrzehntelang alte Unterlagen gelandet, die jedoch zum Teil von Feuchtigkeit angegriffen waren und umgelagert werden mussten. Die Unterlagen lässt die Beilsteiner Verwaltung digital erfassen – ein Prozess, der laut Barbara Schoenfeld schon seit etwa zwei Jahren läuft. „Zum Glück hat der Hausmeister gleich reagiert“, sagt die Bürgermeisterin der 6400-Einwohner-Stadt. So habe sie Haupteingang und Treppe gleich sperren und ein Spezialunternehmen mit der Untersuchung der Fassade beauftragen können. Das Gerüst koste 550 Euro pro Woche. Weil es so teuer sei, habe sie sich mit dem Gemeinderat abgestimmt, berichtet die Bürgermeisterin.
Und wie schätzen die Ingenieure den Gesamtzustand des Rathauses ein? „Die Ergebnisse sind eine Katastrophe“, erzählt die Rathauschefin. Das Fachwerk sei schadhaft, die Verwaltung müsse raus: zwar nicht sofort, aber doch binnen der nächsten Monate. Das Team sei in seinen Abläufen verflochten und sollte möglichst in einem Haus zusammenarbeiten. Deshalb komme nur ein Gebäude für alle 25 Mitarbeiter in Frage. Im Gemeinderat sei schnell ein Konsens erzielt worden. Dabei schied eine Containerlösung auf dem Sportplatz aus. Ein solches Interimsbauwerk hätte den Schul- und Vereinssport zu stark beeinträchtigt.
Als Ersatzquartier wird für die nächsten Jahre wohl das Gebäude Raumeier dienen. Die Stadt hatte das Gelände nach dem Aus der Spätregen-Mission erworben. „Das Haus ist barrierefrei, und ein Digitalanschluss ist vorhanden“, sagt Barbara Schoenfeld. Zwar wohnten in dem Trakt noch etwa zehn Menschen, doch könne die Kommune Ersatzwohnraum anbieten und werde den Bewohnern behilflich sein. Es handele sich neben einigen Geflüchteten um ein Ehepaar, eine Erzieherin und drei ältere Frauen.
Die Gemeinde Beilstein werde nun wohl etwa acht Wochen brauchen, um das Haus mit einigen kleineren Baumaßnahmen für den Betrieb der Verwaltung umzugestalten. Ein Shuttle könnte ältere Bürger bei Bedarf von der Stadt ins Ersatzrathaus hinaufbringen, so Schoenfeld.
Die Kosten für die Sanierung des Rathauses seien noch nicht schätzbar, berichtet die Bürgermeisterin. Es werde wohl noch einige Wochen dauern, bis konkrete Pläne zu den Sanierungsmaßnahmen vorlägen. Ein Architekt müsse das dann noch mit Zahlen für die zu erwartenden Kosten unterlegen.