Der Glasfaserausbau verläuft nicht immer ganz reibungslos im Kreis Böblingen. Foto: dpa/Uwe Anspach

Thomas S. aus Weil im Schönbuch hat auf Glasfaser gesetzt. Im ersten Monat nach der Installation lief gar nichts – statt schnellem Internet gab es erst mal Funkstille.

Mitte März wird ein Glasfaser-Anschluss im Haus von Thomas S. in Weil im Schönbuch installiert. Gleich darauf geht er in den Urlaub. Als er zurückkehrt, blinkt der Internet-Router rot – kein gutes Zeichen. Das ist der Anfang einer regelrechten Odyssee: Einen Monat lang hat der Weilemer kein Internet.

 

Der fehlende Internetzugang stellt Thomas S. vor ein existenzielles Problem: „Ich bin selbstständig und arbeite von zu Hause aus“, erzählt der 66-Jährige. Sein alter Vertrag bei der Telekom war obendrein mit dem Anschluss der Deutschen Glasfaser gekündigt worden – deshalb sitzt er von einem Tag auf den anderen auf dem Trockenen. Einen Monat lang ruft er jeden Tag bei der Hotline der Deutschen Glasfaser an, bis ihm gesagt wird, dass er nicht mehr anrufen soll, das Problem sei weitergeleitet worden.

Die Mitarbeitenden seien alle sehr höflich gewesen, erzählt der Weilemer, doch wirklich helfen konnte ihm niemand. Auch in den folgenden Tagen bleibt das Internet weg. Schließlich weiß er sich nicht anders zu helfen, als seinen Handyvertrag aufzustocken, damit er notdürftig arbeiten kann. Zusatzkosten, die er nun über die zweijährige Laufzeit des Vertrages selbst tragen muss.

Im Servicepunkt in Dettenhausen findet er endlich Hilfe

Nachdem er über die Hotline nicht weiterkommt, schlägt Thomas S. persönlich im Servicepunkt der Deutschen Glasfaser in Dettenhausen auf. Dort trifft er auf zwei Mitarbeiter. „Da hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass mir jemand zuhört“, erzählt der Weilemer. Am nächsten Tag steht unangekündigt die Lösung vor seiner Haustür: Ein Franzose, der offenbar mehrere hundert Kilometer zurückgelegt hat, repariert seinen Anschluss – laut Thomas S. in nur wenigen Minuten.

Darauf angesprochen sagt die Pressestelle der Deutschen Glasfaser, dass mehrere Anschlüsse in Weil im Schönbuch von einem längeren Internetausfall betroffen gewesen seien und es sich dabei um ein Softwareproblem gehandelt habe. „Das war ein außergewöhnlicher Fehler, der so noch nie vorkam“, erklärt Diana Stiebe von der Deutschen Glasfaser.

Die Kosten, die Thomas S. aus dem einmonatigen Internetausfall entstanden sind, muss er trotzdem größtenteils selbst tragen. 280 Euro bekomme er zurückerstattet – nur ein Bruchteil der rund 1500 Euro, die sein Handyvertrag für zwei Jahre kostet. Bei der Höhe der Erstattungen halte sich das Unternehmen an das Telekommunikationsgesetz, erklärt Diana Stiebe.

Die beiden größten Player, die im Kreis Böblingen den Ausbau der Glasfaser vorantreiben, sind die Telekom mit 75 Prozent und die Deutsche Glasfaser mit 25 Prozent. Probleme mit der Deutschen Glasfaser kamen immer wieder auf – bis sich sogar Landrat Roland Bernhard einschaltete. Daraufhin wechselte die Glasfaser einen Subunternehmer, seither ebbte die Welle an Beschwerden ab.

Internetausfälle auch in Rohrau

Doch alle Probleme sind offenbar noch nicht vom Tisch. Auch in Rohrau fiel das Netz der Deutschen Glasfaser am Mittwoch von circa neun bis 23 Uhr aus – was im Ort für Aufruhr sorgte. Eine andere Anwohnerin, die in der Siedlung Roter Berg in Weil im Schönbuch wohnt und die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, hat selbst gar keinen Glasfaser-Anschluss bestellt, war aber trotzdem von den Bauarbeiten betroffen. Diese kamen zu einem Zeitpunkt, an dem die Siedlung sowieso bereits von Umleitungen geplagt war. Wegen der Renaturierung der Schaich musste die Hauptverbindung zwischen der Siedlung Roter Berg und dem Ortskern mehrere Monate lang gesperrt werden. Und dann kamen auch noch die Bagger für die Glasfaseranschlüsse. Unkoordiniert, schlecht ausgeschildert und unangekündigt – so hat die Anwohnerin dies wahrgenommen.

Manchmal seien die Bauabläufe für Außenstehende schwer nachzuvollziehen, erklärt Diana Stiebe von der Deutschen Glasfaser. Ein Bautrupp müsse an einem Tag teilweise Arbeiten an verschiedenen Stellen durchführen, was für Außenstehende befremdlich wirken könne.

Zwei Jahre läuft der Vertrag von Thomas S. mit der Deutschen Glasfaser. Direkt kündigen will er den Vertrag nicht. „Jedes Unternehmen kann mal Fehler machen“, sagt der 66-Jährige. Ihn störe vielmehr, wie mit dem Fehler umgegangen wurde. „Kunden sollten nicht in dieser Weise verärgert werden“, sagt er. Doch nun wolle er erst einmal abwarten, wie es die nächsten zwei Jahre laufe, sagt Thomas S. und schaut auf seinen Router. Der blinkt: rot.

Glasfaser im Kreis Böblingen

Ausbau
Der Glasfaser-Ausbau im Raum Stuttgart geht mit großen Schritten voran. Bei einem Pressegespräch Anfang des Jahres hatte Landrat Roland Bernhard verkündet, dass seit Ende des letzten Jahres 48,2 Prozent der Haushalte an Glasfaser angeschlossen sein sollen.

Anschlüsse
Island ist laut einer Auswertung von Statista das Land mit dem höchsten Glasfaseranteil aller OECD-Länder. Rund 90,9 Prozent aller Breitbandanschlüsse sind dort Glasfase-Anschlüsse. Deutschland bildet demnach eines der Schlusslichter: Mit einem Glasfaseranteil von rund 12,2 Prozent befindet sich das Land auf Platz 40 der Rangliste. Nur in drei OECD-Staaten ist der Anteil der Glasfaseranschlüsse noch geringer als in Deutschland.