Max und Julius Göttl sind stolz auf ihr Restaurant am Stadtrand. Foto: Ferdinando Iannone

Auf zwei Kilometern vier Einkehrmöglichkeiten: Zwischen den Stuttgarter Stadtteilen Botnang und Feuerbach können die Gäste im Grünen speisen – auch jenseits der Biergartensaison.

Für die Göttls ist es „einfach ein sehr schöner Ort“: Der Waldgasthof Mähderklinge liegt ein wenig abseits von der Straße, zwischen hohen Bäumen, mitten im Naturschutzgebiet. Stuttgart scheint weit weg zu sein. Als Kinder haben die Brüder das Lokal des Feuerbacher Musikvereins schon besucht und im Wald gespielt. „Das müssen wir machen“, sagten sich Max und Julius Göttl, als der Vorgänger aufgab.

 

Gaisburger Marsch, Maultaschen und Zwiebelrostbraten servieren sie seit Anfang Mai in ihrem Biergarten. Für die kalte Jahreszeit wappnen sie sich mit Entenbraten und Glühwein, dann wird der Saal winterlich dekoriert. „Man muss die Gäste schon herbitten“, sagt Max Göttl über die abgelegene Lage, die gleichzeitig ein Vorteil sein kann. Auf den zwei Kilometern zwischen Feuerbach und Botnang befinden sich drei weitere Einkehrmöglichkeiten – seit Jahren in gleicher Hand.

Im Reiterstüble hört man die Vögel singen

„Bei uns hören Sie noch die Bäume rauschen und die Vögel singen“, zirpen Kerstin Barth und Alexander Lang auf ihrer Homepage. Im Reiterstüble sagt der Koch schlicht: „Man hat es schön hier.“ Später erwähnt er noch die Pferde, die auf der Koppel stehen, den Bach, der plätschert, und dass alles grün ist.

Seit 17 Jahren betreibt er mit seiner Frau die Gaststätte im Waldhaus mit angeschlossener Reithalle. Wobei die Verniedlichung zum Stüble täuscht, denn allein zur Mittagszeit bekocht der 50-Jährige bis zu 150 Gäste, zur Biergartensaison noch mehr. Maultaschen, paniertes Schnitzel mit grünem Salat und Kartoffelsalat oder gegrillte Kürbisschnitze mit Sauce Hollandaise und Salzkartoffeln serviert er unter anderem für 10,80 Euro. Den Preis mögen die Gäste und dass das Essen schnell auf den Tisch kommt. Aber Qualität ist ihm ebenfalls wichtig, das Fleisch stammt vom Großhändler Mega, die Kartoffeln sind aus Stammheim.

Der „Reiterstüble Teller“ mit geschnetzeltem Rinderbraten in Bierzwiebeljus mit Kräuterbutter und Spätzle ist für 18,90 zu haben, die „im Umkreis besten Kässpätzle“ für 13,90 Euro. Im Winter stehen Ente, Gans und Wild auf der Speisekarte. An den Weihnachtsfeiertagen wird in zwei Mal zwei Schichten geschlemmt, so groß ist die Nachfrage. „Wir haben viele, viele Stammgäste“, sagt Kerstin Barth, „bei uns geht es sehr persönlich zu.“

Das Reiterstüble ist ein Familienbetrieb: Alexander Lang steht in der Küche, Kerstin Barth macht den Service, ihre Tochter Diana (hinten) und der Schwiegersohn John Grimm arbeiten ebenfalls mit. Foto: Ferdinando Iannone

In der gegenüber liegenden Waldstube im Neuen Schützenhaus hatte Suresh Kamalaraja einen schweren Start. Nach mehreren Pächterwechseln sei der Ruf ruiniert gewesen, erklärt er. Die Schützen boten ihm das Lokal mitten in der Corona-Pandemie an. „Ich probiere es“, dachte er sich vor vier Jahren, „und es hat geklappt“, sagt der 50-Jährige, den alle Jack nennen, jetzt. Mitten im Wald zu sein, findet er angenehm, wenn die Gäste mal laut werden, stört es niemand, und „den riesengroßen Parkplatz“ sieht er außerdem als Pluspunkt am Stadtrand an.

Im Gegensatz zum Familienbetrieb Reiterstüble, wo auch die Tochter Diana Barth und der Schwiegersohn John Grimm mitschaffen, managt er die Waldstube im rund 120 Jahre alten Schützenhaus alleine. Maultaschen, Spätzle, die Soßen und den Kartoffelsalat mache er selbst, sein Schwabenteller mit Schweinemedaillons, Champignon-Rahmsoße, Maultaschen, Spätzle und Salat (17,50 Euro) zählt zu den Bestsellern. Seit 35 Jahren lebt Suresh Kamalaraja in Deutschland, mit Gerichten wie Hähnchen in Knoblauch-Curry-Soße erinnert er an seine alte Heimat Sri Lanka, „nur ohne scharf“.

Ein Lieblingsessen der Gäste im Gasthaus Grünewald: Fleischküchle mit Maultaschen und Kartoffelsalat – alles selbst gemacht, betont der Wirt Dawit Tewolde. Foto: Ferdinando Iannone

Zum Gasthaus Grünewald geht es vom Feuerbacher Tal ein Stück die gleichnamige Straße den Berg hinauf. Es liegt ebenfalls mitten im Wald neben der Kleingartenanlage am ehemaligen Waldbad. „Ich fand es so schön hier“, sagt auch Dawit Tewolde. Die Ausbildung zum Koch absolvierte er in dem Lokal, und als sein Chef vor acht Jahren aufhörte, stand er für die Übernahme parat. Die Liste an Selbstgemachtem ist bei ihm so lang wie bei den Kollegen, Mittagstisch (Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen für 11,50 Euro) bietet er ebenfalls an. Seine Auswahl ist mit Kalbsnieren in Madeira-Balsamico-Jus (17,50 Euro) sauren Nierle samt Bratkartoffeln (13,50 Euro) oder geschmorten Ochsenbäckle mit Spätzle (20,60 Euro) aber noch einen Tick schwäbischer.

In dieser Lage ist gut-bürgerliche Küche ein Muss

Das Duo von selbst gemachten Maultaschen, Fleischküchle und Kartoffelsalat (15,30 Euro) gilt als allgemeines Lieblingsgericht. Ein Lokal in dieser Lage müsse gut-bürgerlich kochen, ist der 35-Jährige, der vor fast zwei Jahrzehnten aus Eritrea nach Deutschland gekommen ist, überzeugt. Bei ihm startet jetzt die Kürbissaison, Mitte November folgt der Gänsebraten. Zufällig kommen bei ihm genau so selten Gästen vorbei wie beim Waldgasthaus Mähderklinge.

Die Göttls setzen auf einen moderneren Ansatz: Neben Kässpätzle im Pfännle mit Zwiebelschmälz und Salat (14 Euro) oder Maultaschen bieten sie hausgeräucherte Forelle mit Linsensalat (15 Euro); sous vide gegarte Spareribs mit Pommes (17 Euro) oder eine vegane Bratwurst an. Der Mittagstisch ist als Menü, aktuell mit Kürbis-Quiche, Kartoffel-Würstel-Gulasch und Kuchen für 28 Euro oder einzeln zu haben. Sie schenken ihr eigenes Brüderbräu-Bier und den eigenen Trollinger von der Hohenwarte aus. Wenn die Biergartensaison Mitte Oktober zu Ende geht, konzentrieren sie die Öffnungszeiten auf das Wochenende. Im Saal mit der hohen Decke werden dann viele Kerzen angezündet. Max Göttl träumt auch ein bisschen von Schneefall. „Wenn man es kennen gelernt hat, ist es hier traumhaft“, sagt er.