Trapezkünstlerin Judith Caballero fliegt im Weltweihnachtscircus in zwölf Meter Höhe. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wenn sie im Weltweihnachtscircus mit dem Trapez durch die Manege fliegen und Vierfach-Salti schlagen, sind die Caballeros in ihrem Element. Den Weltrekord haben sie. Jetzt hoffen sie auf Monte Carlo.

Wie sich die Artisten der Familie Caballero wohl fühlen, wenn sie im Weltweihnachtscircus in zwölf Meter Höhe durch die Manege fliegen? „Beim Flug haben wir jede Menge Adrenalin“, sagt der 27-jährige Ruben junior. Er muss es wissen, denn er ist einer von drei Artisten der Familie, die einen Vierfach-Salto springen. Auch Nikita (14), Marco (26), Gunther (18) und Luis Alberto junior (15) sowie Judith (22) berichten davon, wie aufregend sie ihre Arbeit finden. „Wir sind nervös. Das Licht, die einsetzende Musik. Das ist alles spannend und großartig. Und: Wir haben das beste Publikum der Welt hier in Stuttgart.“ Die jungen Artisten wissen: Die Zuschauer des Weltweihnachtscircus schätzen ihre Arbeit und wissen, was dahintersteckt.

 

In Monte Carlo Zirkusgeschichte schreiben

Der 52-jährige Luis Caballero, der Chef und Vater der jungen Artistengruppe, ist äußerst zufrieden, wie sich sein Nachwuchs entwickelt hat. Zwar war der 15 Jahre alte Luis Alberto junior traurig, dass er ausgerechnet bei der Premiere den Vierfach-Salto nicht geschafft hat. Er erntete dennoch tosenden Applaus – und bei den anderen Aufführungen hat der Vierfach-Salto geklappt. So ist die Hoffnung groß, dass die Caballeros in Monte Carlo beim Internationalen Circusfestival mit den drei Vierfach-Salti Zirkusgeschichte schreiben werden. Woran es gehakt hat? Die Nervosität, sagen Anru und Luis. Dabei haben die jungen Artisten viel Erfahrung. Sie sind in den Zirkus hineingeboren, den es jetzt in der fünften Generation gibt. Und sie sind vielfältig ausgebildet am Trampolin, als Clowns, Jongleure und in Handstandakrobatik, sie fahren Motorrad in der Eisenkugel und zeigen das fliegende Trapez. „Alle begannen im Alter von etwa fünf, sechs Jahren“, erzählt Anru. Ihr Vater habe sie unterrichtet und trainiert.

2023 Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde

Sie sind auch stolz darauf, dass der Bruder von Luis Caballero senior 1985 der vierte Mann in Europa war, der in Amsterdam den Vierfach-Salto beim fliegenden Trapez gezeigt hat. Sieben Jahre später waren es dann drei junge Männer, die im Carré das Ganze das erste Mal in Amsterdam gezeigt haben, und jetzt in Stuttgart sind es mit Ruben, Gunther und Anru gleich drei Familienmitglieder. Das gab es noch nie in der 200 Jahre alten Zirkusgeschichte, weshalb sie im vergangenen Jahr dafür einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde bekommen haben. Vermutlich werde es nach ihnen nie wieder so eine besondere Artistenkonstellation geben, erklären sie. Jetzt hofft die Artistenfamilie auf Monte Carlo. Dort haben Familienmitglieder schon 1985 und 1995 teilgenommen – aber bisher ohne Auszeichnung. Umso größer ist jetzt der Wille und Ehrgeiz, dort einen Preis zu bekommen.

Vater und Onkel waren berühmte Trapez-Flieger

Der Vater und der Onkel waren berühmt als beste Trapez-Flieger. In diese Fußstapfen treten nun die Jungen. Was ihre Vorfahren geleistet haben, sei ihnen Ansporn und Inspiration zugleich, sagen sie. „Wir wollen besser werden als die anderen“, haben sie sich vorgenommen. Judith Caballero, die einzige Frau in der Gruppe, verdankt die Begeisterung für das Trapez ihren Brüdern. Sie gäben ihr in der Gemeinschaft Mut, sagt sie. Sie springt den Dreifach-Salto am fliegenden Trapez und genießt den besonderen Kick dabei. Vor drei Jahren hat sie sich bei einem Autounfall den Rücken verletzt. Sie musste aussetzen, hat sich aber voller Elan zurück in die Manege gekämpft. Auch Ruben hat sich vor ein paar Jahren die Schulter gebrochen. Nach zwei Jahren harten Trainings mit vielen Schmerzen hat auch er es wieder geschafft: „Ich war sehr traurig, immer die anderen nur fliegen zu sehen“, sagt er. Er sei froh, dass er seiner Leidenschaft wieder nachgehen kann.

Chef Luis Caballero: „Sie machen es besser als wir“

Chef Luis Caballero ist voll des Lobes für seine Kinder: „Sie machen es besser als wir. Sie haben die Erfahrung der ganzen vergangenen 50 Jahre in dieser Nummer mit drin. Wir haben damit begonnen, und sie können es zum Erfolg führen.“

Zehn Tage Vorbereitung in Monte Carlo

Nach dem Weltweihnachtscircus geht es für die Caballeros mit ihrer zwei Tonnen schweren Fracht nach Monte Carlo. Dort haben sie zehn Tage Zeit zu üben, bis das Circusfestival am 17. Januar 2025 beginnt. Sie waren eingeladen worden, nachdem sie im spanischen Girona 2023 den Goldenen Elefanten gewonnen hatten. Produzent Henk van der Meijden hat sie ins Carré nach Amsterdam eingeladen und dann nach Stuttgart. Die Artisten freuen sich über diese „gute Kombination“. So fühlen sie sich gestärkt für den großen Wettbewerb. Luis Caballero sagt mit Blick auf Monte Carlo: „Ein Traum wurde wahr. Es ist das Beste, was in meinem Leben passiert ist.“ Der Mexikaner ist mit einer russischen Artistin verheiratet, die er in Amerika im Zirkus der Ringling Brothers kennengelernt hat. In Las Vegas sind alle ihre Kinder geboren. Der Wunsch des Chefs ist klar: „Ins Carré und nach Stuttgart zurückkommen – mit dem goldenen Clown.“ Dem Oscar der Zirkuswelt.

Der Weltweihnachtscircus gastiert noch bis zum 6. Januar 2025 auf dem Cannstatter Wasen. Karten gibt es für 28 bis 72 Euro plus Vorverkaufsgebühr (Kinder und Senioren um fünf Euro ermäßigt) unter Telefon 07 11 / 2 55 55 55.