Haps ist arabisch und bedeutet Gefängnis. Für eine Premierennacht wird das Cinemaxx zum „Knast“. In allen fünf Sälen läuft das in Stuttgart produzierte Drama „Haps“, das Influencer im Netz groß machen. Es gibt kein Happy-End, aber eine Botschaft gegen Hass.
Die Kulisse ist ein Ex-Stasi-Knast aus DDR-Zeiten. In dem 1899 erbauten Köpenicker Amtsgerichtsgefängnis haben die Nazis Juden, Kommunisten und Andersdenkende eingesperrt. Heute ist die einstige Haftanstalt in Berlin ein Museum, das an düstere Zeiten von Unrechtsregimen erinnert. Dieser Lost Place liefert dem Autor, Rapper und Regisseur Ekrem Engizek, 36, der ohne intaktes Elternhaus Gewalt- und Drogenerfahrungen aus seiner Jugend kennt, eine beklemmende Atmosphäre für den Thriller „Haps – Crime doesn’t pay“.
Weil der Andrang zur Premiere des in Stuttgart von Timo Johannes Mayer und Benjamin Eicher produzierten Knast-Dramas mit Hip-Hop-Musik so groß ist, spielt das Cinemaxx bei der Liederhalle in allen fünf Sälen nur diesen einen Film. „Es gibt Hollywood, es gibt Bollywood“, sagt Moderator Mustafa Gökta s, „und nun auch Stuggiwood.“ Stuttgart sei zwar nicht unbedingt als Filmhauptstadt berühmt – doch die Stadt bringe „umso talentiertere Filmemacher“ hervor.
„Hab’ wenig erwartet – und bin erstaunt rausgegangen“
Dicke Holztüren, massive Schlösser, enge Zellen, rostige Gitter, finstere Gänge, von der Wand blättert der Putz. In 128 Minuten sieht man nur diesen Knast samt Innenhof, man sieht Hass, Gewalt, Vergewaltigungen, Demütigungen, Drogengeschäfte, Mobbing, Blut, ein perfides Spiel mit dem Bösen.
Etliche Premierengäste, darunter Freunde der Produzenten, sind vor allem für Fotos auf dem roten Teppich gekommen. Das Thema, sagen sie vor Filmbeginn, sei „nicht ihr Ding“. Gewalt im Knast, eine ihnen ferne Welt, wollten sie sich „eigentlich nicht antun“. Sie würden deshalb nur kurz bleiben.
Die schauspielerische Leistung von Constantin Jascheroff überzeugt
Doch dann sitzen sie bis zum Schluss vor der Leinwand, gefesselt von harten Schnitten, einem intensiven Sound, knalligen Farben, herausragenden Schauspielern wie Constantin Jascheroff und einer Gefühlswucht, die durch Mark und Bein fährt. „Ich hab wenig erwartet und bin erstaunt rausgegangen“, sagt ein Besucher. Ein anderer sagt: „Der Film hat mich total aufgewühlt – heute Nacht werden wir alle schlecht schlafen.“
Ganz ohne Filmförderung haben die Stuttgarter ihr Independent-Drama „Haps“ produziert – es gab lauter Absagen –, und erleben nun die beste Förderung, die es in digitalen Zeiten gibt: Influencer wie Montana Black (er hat über fünf Millionen Follower) trommeln für die bundesweit in über 200 Kinos angelaufene Produktion. Der Soundtrack mit Musik des Stuttgarter Rappers Darren Brown und von Haftbefehl wird auf Spotify gefeiert. Die Deutsche Film- und Medienbewertung hat dem Thriller das Prädikat „Wertvoll“ verliehen. „Zwischen all der Härte schwingt eine Portion Comic-Relief mit, die auf dem schmalen Grat zwischen Witz und Gefahr balanciert“, urteilt die Jury.
Die Botschaft des Films dient der Prävention: Kriminalität und schnelle Entscheidungen aus falschen Motiven heraus werden auf lange Sicht nie belohnt. Bei jungen Leuten entstehen mitunter heroische Bilder von Kriminellen, die nicht zuletzt Gangsta-Rapper mit gewaltverherrlichenden und minderheitenfeindlichen Texten vermitteln. Die Gefahr ist dabei groß, dass man viel zu spät erkennt, wie Hass das Leben ruiniert.
Bei der After-Show-Party im Club Amber (einst das Paris) im Bosch-Areal hört man immer wieder: Der Film „Haps“, der nichts für schwache Nerven ist, sollte in Schulen aufgeführt werden, um mit so viel Emotionalität junge Menschen davor zu bewahren, falsche Entscheidungen zu treffen. Gewalt und Hass dürfen keine Chance erhalten!