Hier war einst der Pussy Club beheimatet, ab Frühsommer sollen ins einstige Bordell Flüchtlinge einziehen. Foto: Dirk Herrmann

Die Stadtverwaltung lässt das frühere Laufhaus an der Schaflandstraße derzeit umbauen. Das Flatrate-Bordell bescherte Fellbach vor 16 Jahren bundesweit Schlagzeilen.

Es bescherte Fellbach fast noch mehr bundesweite Aufmerksamkeit als mittlerweile der skandalträchtige Schwabenlandtower. Das Flatrate-Bordell an der Schaflandstraße, Ecke Otto-Hahn-Straße, wurde offenkundig zur Attraktion zahlreicher Männer, die sich in dem Gebäude für wenig Geld viel Sex kaufen konnten.

 

Das war vor 16 Jahren. Aktuell gibt’s nun völlig andere Pläne. Denn die Stadt lässt das mehrstöckige Haus direkt an den Bahngleisen, circa fünf Minuten Fußweg vom Bahnhof entfernt, zu einer Flüchtlingsunterkunft umbauen.

Razzia im Fellbacher Pussy Club Ende Juli 2009 Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Ehemaliges Bordell wird zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut

Entsprechende Pläne hatte die Stadt Fellbach offenkundig schon länger. Diese wurden allerdings im Zuge der Diskussion mit dem Land um eine Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) auf Eis gelegt. Vom zuständigen Ministerium der Justiz und für Migration hat man im Rathaus allerdings seit etlichen Monaten nichts mehr gehört, ob diese LEA denn tatsächlich nach Fellbach kommt.

An der Schaflandstraße wird jedenfalls derzeit kräftig gewerkelt. Die städtische Pressestelle übermittelt dazu Erläuterungen von Daniel Plaz, der als Geschäftsführer der Wohnungs- und Dienstleistungsgesellschaft Fellbach (WDF) für die Unterbringung der Flüchtlinge in der Kappelbergstadt zuständig ist. „Die Wohnbau- und Dienstleistungsgesellschaft Fellbach (WDF) hat im Auftrag der Stadt in der Schaflandstraße 11/1 Räume angemietet, die aktuell saniert werden und als Anschlussunterkunft für Geflüchtete genutzt werden sollen.“

Felbach: Zahl der Geflüchteten ist rückläufig

Die WDF betreibe mehrere solcher Geflüchtetenunterkünfte im Stadtgebiet – so in der Tournonstraße nahe des Freizeitgebiets Lehmgrube in Schmiden und in der Schmidener Welfenstraße. Plaz: „Die Unterkünfte, die in der Regel mit 40 bis 120 Personen besetzt sind, werden von Sozialarbeitern betreut und arbeiten sehr erfolgreich. Wir haben über neue Unterkünfte immer die Öffentlichkeit informiert und werden dies auch weiterhin so handhaben.“

Der Landkreis weist den Kommunen an Rems und Murr und somit auch Fellbach nach einem festgelegten Verteilerschlüssel regelmäßig Geflüchtete zu. „Auch wenn die Geflüchtetenzahlen momentan rückläufig sind, wird die Unterkunft in der Schaflandstraße für die Aufnahme von Neuzuweisungen des Landkreises und für die Kompensation entfallender Standorte benötigt“, erläutert Plaz und meint damit explizit die Unterkünfte auf der Liegewiese des einstigen Fellbacher Freibads.

Bezug der Flüchtlingsunterkunft erfolgt im Frühsommer 2025

Die Räume im einstigen Pussy Club werden nach Daniel Plaz’ Angaben voraussichtlich im Frühsommer „erstmalig zum Teil bezogen“. Die Wohn- und Dienstleistungsgesellschaft Fellbach will dazu die Öffentlichkeit voraussichtlich im Mai ausführlicher informieren.

Das damalige Fellbacher Flatrate-Bordell erlangte Anfang des Jahres 2009 überregionale Berühmtheit. Das an billigen Handy-Verträgen orientierte Modell, dass die Freier einen niedrigen Preis für den Eintritt zahlen mussten und dann Sex mit so vielen Frauen haben konnten wie sie wollten, sorgte für Empörung. Es gründete sich ein Bündnis gegen Flatrate-Bordelle. „Die entfesselte Frauenerniedrigung muss aufhören“, erklärte eine Sprecherin des Vereins gegen Sextourismus und Menschenhandel.

Der damalige baden-württembergische Justizminister und FDP-Landtagsabgeordnete Ulrich Goll sagte seinerzeit: „Ich habe nichts gegen normale Bordelle, aber solche Flatrate-Puffs verstoßen gegen die Menschenwürde.“ Auch der seinerzeitige Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm verurteilte das Flatrate-Bordell scharf.

Pussy Club hat bewegte Vergangenheit

Den Höhepunkt erreichte die Angelegenheit Ende Juli 2009. Für eine Razzia am Sonntagnachmittag im Pussy Club rückte die Polizei mit 360 Beamten an, dazu kamen zehn Staatsanwälte, 30 Mitarbeiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamts Stuttgart sowie auch ein Dutzend Dolmetscher für die zumeist aus Rumänien stammenden Prostituierten.

 

Das Vergnügen der Besucher fand damit ein jähes Ende, der Interruptus im Freudenhaus war unvermeidlich. Statt der erwarteten 50 bis 70 Prostituierten trafen die Beamten gar 89 Frauen und 176 Kunden an. Später berichteten Nachbarn in der Innenstadt, dass zahlreiche der Damen nach ihrer Vernehmung im Fellbacher Polizeirevier nächtens „Zeter und Mordio schreiend“ durch die Gassen abrückten.

Als Folge der Razzia schloss die Stadt Fellbach den Pussy Club wegen der miserablen hygienischen Zustände. Weitere Punkte waren Vorwürfe wegen Scheinselbstständigkeit und Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen. Der Verdacht auf Zwangsprostitution habe sich nicht bestätigt, hieß es damals.

Nach dem Pussy Club kam „FKK Safari“

In den Folgejahren wurde das Haus von anderen Mietern weiter betrieben, allerdings hatte der nun „FKK Safari“ genannte Treffpunkt für Männer aus dem deutschen Südwesten nun keinen Flatrate-Tarif mehr im Angebot.

In den vergangenen Jahren stand das Gebäude offenkundig leer. Und nun nutzt es die Stadt Fellbach – für einen sinnvollen Zweck, anders als vor mehr als eineinhalb Jahrzehnten.