RS-Viren lösen bei Babys schwere Infektionen aus, die häufig im Krankenhaus behandelt werden müssen. Doch das habe sich mittlerweile geändert, sagen Stuttgarter Ärzte.
Säuglinge, die keine Luft mehr bekommen und mit einer Atemmaske versorgt werden müssen. Wenige Monate alte Babys, die so hoch fiebern, dass sie in die Intensivstation verlegt werden. Der Stuttgarter Kinderarzt Neysan Rafat kennt all diese Fälle zu Genüge – und deren Auslöser: „Respiratorische Syncytial-Viren, kurz RS-Viren, sind gerade für Neugeborene sehr gefährlich“, sagt der Ärztlicher Direktor der Neonatologie und neonatologischen Intensivmedizin am Klinikum Stuttgart. Denn sie lösen schwere Atemwegserkrankungen aus bis hin zur Lungenentzündung. „In seltenen Fällen können diese Zustände auch lebensbedrohlich sein“, sagt Rafat. Besonders gefährdet sind Frühgeborene sowie Kinder mit angeborenen Herz- oder Lungenfehlern oder Immundefekten.
Auch in dieser Saison – da ist sich der Arzt sicher – werden die RS-Viren wieder grassieren: Aber vor allem die Kleinsten werden darunter nicht mehr so stark leiden müssen wie im Winter der Jahre 2022 und 2023. „Das verdanken wir der Impfung“, sagt der Stuttgarter Kinderarzt Neysan Rafat.
Zahl der schwer kranken Babys hat sich mehr als halbiert
Seit Juni vergangenen Jahres 2024 empfiehlt die Ständige Impfkommission des Robert Koch Instituts (Stiko) die passive Impfung, um insbesondere Babys und Neugeborene gegen das Virus zu wappnen. Mit Erfolg: Die Zahl der RSV-Fälle bei Säuglingen hat sich dadurch mehr als halbiert. Im vergangenen Winter der Jahre 2024 und 2025 wurden dem RKI 1045 Erkrankungen pro 100 000 Babys gemeldet. Zum Vergleich: In der Saison zuvor waren es noch rund 2290 Fälle pro 100 000 Babys.
Der Effekt zeigt sich auch im Olgahospital des Klinikums Stuttgart. „Wir hatten weniger als 30 Prozent stationäre RSV-Fälle als im Vorjahr“, sagt Rafat. „Die sonst sehr angespannte Bettenauslastung auf den Intensivstationen sowie den Infektionsstationen ist stark zurückgegangen.“
Auch im ambulanten Bereich war die Belastung durch häufige Kinderarztbesuche aufgrund von respiratorischen Infektionen deutlich gesunken, bestätigt der Obmann der Stuttgarter Kinderärzte, Özgür Dogan: „Der Effekt war im vergangenen Jahr beeindruckend“, sagt Dogan. „Wir hatten so wenige RSV-Fälle, die wir in die Kinderklinik überweisen mussten, wie nie zuvor.“
Im Oktober beginnen die Impfungen
In der Neonatologie des Olgahospitals – dem Kinderkrankenhaus des Klinikums Stuttgart – hat daher wieder die Impfzeit begonnen: In der Regel wird die Impfung vor der Hauptwelle der RSV-Infektionen verabreicht, damit das Kind während der gesamten Saison geschützt ist, erläutert Rafat. Der Zeitpunkt der Verabreichung richtet sich nach dem Geburtsmonat: Kinder, die zwischen April und September geboren wurden, sollten das Vakzin im Herbst vor Beginn der RSV-Saison erhalten (ab 1. Oktober). Neugeborene, die während der RSV-Saison (Oktober bis März) geboren werden, sollten das Medikament so bald wie möglich nach der Geburt erhalten, idealerweise bei der Entlassung aus der Geburtseinrichtung oder bei der U2-Untersuchung.
Die kleinen Kinder erhalten dabei sogenannte Passivimpfungen. Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff namens Nirsevimab mit bereits fertig entwickelten Antikörpern. „Zwar sind nach spätestens einem halben Jahr die Antikörper aus der Impfung verschwunden – dafür sind die Kinder, die nach der Geburt keine Zeit hatten, einen eigenen Immunschutz aufzubauen, sofort geschützt“, sagt Rafat.
Mehrheit der Eltern lässt ihre Kinder impfen
Die Impfung ist gut verträglich: Die häufigsten Nebenwirkungen sind lokale Reaktionen wie Hautrötungen. Teils kommt es zu leichtem Fieber oder einem Hautausschlag. „Schwere Nebenwirkungen wie etwa allergische Reaktionen sind extrem selten“, sagt Rafat.
Bislang haben die Mehrheit der Eltern dieser Impfung zugestimmt: „Bei uns sind in den Monaten von Oktober 2024 bis Ende März 2025 etwa 1800 Kinder geboren“, sagt Rafat. Etwa 85 Prozent dieser Kinder wurden mit Nirsevimab geimpft. Diese Eltern hätten sich häufig schon vorher damit auseinandergesetzt, da sie im Familien- oder Freundeskreis RSV-Fälle mit Hospitalisierungen erlebt haben. „Bei den restlichen Neugeborenen haben die Eltern dies zu dem Zeitpunkt abgelehnt.“