Völlig unscheinbar befindet sich der Energieversorger für die Schelmenäcker-Siedlung (Kreis Esslingen) in dem Gebäude mit Kindergarten und Jugendhaus. Was kann das Kraftwerk?
Man muss schon Experte sein, um zu erkennen, dass sich in diesem Gebäude außer dem Jugendhaus und dem Kindergarten auch ein Kraftwerk befindet. Gerade mal ein kleiner, ziemlich rundlicher Kamin kündet davon. Es ist ja auch nicht sonderlich groß. Die Fachleute von den zuständigen Stadtwerken Leinfelden-Echterdingen sprechen lieber von einer Energiezentrale, aber ganz offiziell heißen die wichtigsten Wärmeerzeuger in diesem Ding Blockheizkraftwerke.
Und die sind klein, aber oho. Und das in mehrfacher Hinsicht. Das betrifft zum einen die Effizienz, in welchem Maße da eingesetzte Energie – meist noch fossiler Natur – umgewandelt wird in Wärme und Strom. Und zum anderen erstaunt, wie hoch der Versorgungsgrad in der Umgebung dieser Werke ist. In diesem Fall sind es alle sieben Gebäudeeinheiten im Neubaugebiet Schelmenäcker entlang der Fritz-Lang-Straße mit fast 150 Wohnungen, in denen einmal bis zu 800 Menschen wohnen werden. Dazu gehören außerdem der Kindergarten, das Jugendhaus und auf der Straßenseite ein Verwaltungsneubau der Firma Bocar.
Noch Kapazitäten für weitere Kunden des Kraftwerks
Das Herzstück dieser Anlage ist ein so genannter Pufferspeicher. Das ist ein länglicher Tank mit einem Leergewicht von fast sieben Tonnen mit einem Volumen von 25000 Liter, der für einen Druck von bis zu sechs Bar und einer Betriebstemperatur von 100 Grad ausgelegt ist. Der wurde im Januar 2021 geliefert und eingebaut – vor Vollendung des Kindergartens. Deshalb fällt heute auch niemand auf, dass sich solch ein wichtiger Nahversorger von Wärme und Strom in diesem Gebäude befindet.
Es wären sogar noch Kapazitäten frei für weitere Kunden, so Matthias Dreja von den Stadtwerken: „Doch jetzt geht es erst mal darum, mit dem bestehenden Ensemble Betriebserfahrungen zu sammeln“. Die bereits vorhandenen Gewerbetreibenden in der unmittelbaren Umgebung kommen da allerdings nicht in Betracht, die verfolgen ihre eigenen Energiekonzeptionen. Bei der Energiezentrale im Gebäude von Kindergarten und Jugendhaus ging es schon in der Planungsphase vor allem um die Neubauten.
Neue klimaneutrale Wärmegebiete entstehen
Das gilt auch für den Blick über die Gleisanlagen hinweg, auch da gibt es etliche Wohnhäuser. Und da gibt es auch das Wärmequartier Neuer Markt, so Andrea Tholema, Sprecherin der Stadtwerke. Das wiederum fügt sich zu den Wärmequartieren Gartenstadt und Gärtlesäcker, letztere sind derzeit die beiden größten ihrer Art bei den Stadtwerken.
Neue klimaneutrale Wärmequartiere errichten die Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen in der Historischen Mitte Echterdingens und im Zuge des Gartenhallenbad-Neubaus im Stadtteil Leinfelden. Doch es geht auch darum, die bestehenden zu optimieren in Sachen Klimaneutralität. „Schelmenäcker ist die letzte Energiezentrale, die noch konventionell umgesetzt wurde“, so Tholema. Das heißt: Hier wird noch Erdgas verarbeitet. Tholema: „Alle neuen Anlagen und Wärmequartiere werden von uns klimaneutral geplant“. Bereits jetzt decken Gartenstadt und Gärtlesäcker ihren Wärmebedarf etwa zur Hälfte aus einer benachbarten Biogasanlage. Derartige gute Lösungen stehen freilich nicht überall zur Verfügung. Deshalb soll in neuen Wärmequartieren künftig auch Biomethan eingesetzt werden.
Der Vorteil von Blockheizkraftwerken ist, dass sie dort eingerichtet werden können, wo ihre Energie gebraucht wird. Kurze Wege mindern den Energieverlust beim Transport und die entstehende Wärme wird nahezu vollständig gespeichert. Betrieben werden kann ein Blockheizkraftwerk mit den verschiedensten Möglichkeiten: Konventionell mit fossilen Stoffen wie Erdgas oder klimaneutraler mit Biomethan oder Wasserstoff. Die Stadtwerke überlegen auch Fotovoltaik-Strom im Schelmenäcker zur Wärmeerzeugung einzusetzen. Und in dem großen Speicher geht die Wärme respektive die Energie nicht verlustig, wenn sie gerade nicht in vollem Umfang gebraucht wird.