Hier bilden die Eichenprozessionsspinner eine Prozessionskette. Foto: dpa

Vor allem an Schulen, Spielplätzen und Kindergärten werden Eichenprozessionsspinner eingesammelt in Filderstadt und in Leinfelden-Echterdingen.

Eichenprozessionsspinner zählen nicht zu den possierlichen Tierchen. Weder jetzt, wenn sie als Larven in ihrer Aneinanderreihung meterlang entlang von Stämmen und Ästen ihrem Namen alle Ehre machen, noch später, wenn sie geschlüpft sind als Nachtfalter. Und sie sind ja auch gefährlich, insbesondere für Kinder, aber auch für Erwachsene mit empfindlicher Haut, gerade jetzt in der Larvenzeit. Ausgestattet mit ganz feinen Brennhaaren, die das menschliche Auge gar nicht sehen kann, können sie Reizungen an der Haut, gar Entzündungen auslösen. Die sichtbaren langen Haare, die ihrer prozessionsartigen Aneinanderreihung ein gespinsthaftes Bild geben, sind harmlos.

 

Für das Entfernen sind Spezialkenntnisse erforderlich

Deshalb werden die Eichenprozessionsspinner derzeit auch bekämpft an Orten, an denen sie mit Menschen in Berührung kommen können. Das sind insbesondere Spielplätze, Kindergärten oder Parkanlagen. Aber auch nur dort, denn ansonsten sind diese Tiere wichtig für den Naturkreislauf.

„Sobald wir davon erfahren, dass es Eichenprozessionsspinner gibt an solchen Orten, schicken wir einen der uns bekannten Unternehmer hin, um diese zu entfernen“, so Thomas Luithle vom Tiefbauamt Filderstadt. Das scheint gut zu funktionieren. Denn im Gegensatz zu Stuttgart, wo sich Leute insbesondere in Birkach darüber beschweren, dass es dort solche Nester mit diesen Tieren an Kinderspielplätzen gibt, gibt es in Filderstadt keine derartigen Beschwerden.

Die Aufgabe erfordert Spezialkenntnis: „Die Tiere werden bei uns abgegriffen von den Ästen. Da sind schon gewisse Techniken erforderlich, ebenso Schutzanzüge“, so Luithle. Es gibt auch rabiatere Methoden: Irgendeine chemische Keule gibt es, andernorts werden die Larven sogar abgeflammt. Aber in Filderstadt wird dies auch nur dort getan, wo eine öffentliche Gefährdung möglich ist. Ansonsten gibt es das Motto „Leben und leben lassen“. Luithle: „Wir grenzen ja an den Schönbuch. Da gibt es viele Bäume, an denen die Eichenprozessionsspinner leben können. Da fallen sie nicht auf, da stören sie niemand, da greifen wir auch nicht ein.“

Insektizide sind nicht wirklich eine Lösung

Auch in Leinfelden-Echterdingen ist das Aufsammeln die bevorzugte Methode. Da gibt es aber auch vorsorgliche Methoden: „Oft werden Flächen oder Wege kurzzeitig für einige Wochen gesperrt oder mit mit entsprechenden Hinweisschildern ausgestattet, um die Bevölkerung entsprechend zu informieren“, so Thomas Krämer von der Stadt. Das funktioniere vor allem im Frühsommer, wenn die Raupen aktiv sind. Mit Insektiziden wurden ebenfalls schon Erfahrungen gemacht. Krämer: „Das ist nur in den ersten beiden Larvenstadien effektiv, also zwischen Mitte und Ende April sowie Mitte bis Ende Mai. Ab dem dritten Larvenstadium besitzen die Raupen bereits ihre Brennhaare, die auch nach dem Einsatz von chemischen Mitteln noch wirksam sind“.

Und das ist eben der Unterschied, wenn diese Tiere per Hand abgegriffen oder wenn sie technisch abgesaugt werden: Dann sind auch die Brennhaare weg, die für Hautreizungen, Entzündungen oder Schlimmeres verantwortlich sind. In Leinfelden-Echterdingen wurden inzwischen auch Erfahrungen gemacht mit dem Wirkstoff „Bacillus thuringiensis“. Krämer: „Er gilt als relativ unbedenklich. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass auch andere Schmetterlingsarten daran eingehen.“ Verwendet hat man diesen in Leinfelden-Echterdingen über mehrere Jahre hinweg an jährlich bis zu 80 Eichen an 23 Grünanlagen präventiv, eben vor allem an Kindergärten, Friedhöfen und Schulen“.

„Leben und leben lassen“

Eine Erfolgskontrolle ist, ob es weiter sogenannte Nester gibt an Astgabeln oder an Stämmen, an denen sich die Larven zur Häutung zurückziehen. Die können es dort einige Jahre aushalten, bis sie abfallen. Krämer: „In diesem Jahr haben wir uns dafür entschieden, nur fünf Eichen präventiv zu behandeln, an denen zuvor alte Nester gesichtet wurden. Das spart Kosten. Und wir wollen nicht unnötig zahlreiche Insekten vernichten.“ Auch in Leinfelden-Echterdingen gilt letztlich für den Eichenprozessionsspinner das Motto „Leben und leben lassen“. Krämer: „Es handelt sich hier um eine heimische Schmetterlingsart, deren Massenvermehrung ein natürliches Phänomen ist, die in der Vergangenheit auch ohne Eingriff des Menschen stets zurückgegangen ist.“

So lebt der Eichenprozessionsspinner als Falter

Falter
 Einmal geschlüpft, erreichen die Falter eine Flügelspannweite von 25 bis 32 Millimetern (Männchen) beziehungsweise 30 bis 36 Millimetern (Weibchen). Die Männchen haben glänzend asch- bis braungrau gefärbte Vorderflügel, auf denen zwei Querbinden verlaufen. Diese sind dunkel und außen weißlich gerandet.

Lebensraum
 Der Eichen-Prozessionsspinner ist von der Iberischen Halbinsel über Süd- und Mitteleuropa östlich bis in den Süden Russlands und nach Vorderasien verbreitet. In Deutschland sind inzwischen alle Bundesländer vom Eichenprozessionsspinner betroffen, am stärksten Baden-Württemberg und Bayern. Besiedelt werden eichenreiche Wälder, bevorzugt an trockenen und lichten Orten, aber auch Einzelbäume im städtischen Raum.